Das helle Haus und das heiße Haus

Das helle Haus und das heiße Haus
(1281.)

Im Jahre 1281, am St. Thomas-Tage, ereignete sich zu Hamburg eine ganz erschreckliche Feuersbrunst, welche fast die ganze Stadt, so groß sie damals war, einäscherte, wobei viele Menschen, sowohl Männer als Weiber und Kinder, elendiglich umkamen. Sie sagen, dass alle Kirchen mit dem St. Johannis-Kloster dabei abgebrannt seien. Ja, Einige sagen sogar, dass die ganze Stadt bis auf ein einziges Haus in Schutt und Trümmer gesunken wäre; dieses habe auch schon in hellen lichten Flammen gestanden, nachdem aber die Nachbargebäude heruntergefallen, sei es durch ein Wunder Gottes dennoch vom Feuer nicht verzehret, sondern bestehen geblieben, und habe von der Zeit an das helle Haus geheißen, unter welchem Namen es noch manche Jahrhunderte lang bekannt gewesen. Und in der Tat gab's noch bis 1590 ein altes Haus am Fischmarkt, welches das Hell- oder Hehl-Haus hieß, in welchem man gefundenes herrenloses Gut zu bergen pflegte, was man damals „Hehlen“ nannte.


Als in genanntem Jahre der neue Krahn gebaut wurde, kam diese Hehl-Einrichtung in die daneben stehende Waage, in einen Raum, der „Archely-Kammer“ hieß. Andere aber sagen, dies einzig stehen gebliebene helle Haus habe in der Bohnenstraße gestanden und später einem Bürger Namens Kahle zugehört.

Wieder Andere wissen Nichts von dem hellen Hause, wohl aber von einem heißen Hause. Es sei dies ein stattliches Gebäude gewesen, welches in der großen Feuersbrunst einzig unversehrt geblieben. Aber so ungeheuer sei der Brand und die Glut gewesen, dass noch nach Jahren, als längst die Stadt rings umher wieder aufgebaut, die Mauern, Steine und Ziegel dieses alten Hauses sich ganz heiß hätten anfühlen lassen, weshalb man dasselbe nie anders als das heiße Haus genannt habe.

Die Hamburger aber, wie sie's selbst bei den verderblichsten Feuerbrünsten noch jetzt im Brauch haben, verloren keinen Augenblick den Kopf oder den Mut, und begannen alsbald den Neubau. Anfangs wollten die Vögte der Holsteinischen Grafen, vermutlich aus freundnachbarlicher Gesinnung, den Hamburgern kein Holz zum Bauen verkaufen oder wegführen lassen, aber als ihre Herren, die Grafen Adolf, Johann und Albrecht, sich den Hamburgern freundwillig bezeigten und ihnen ihre Anerkennung der kostbaren Privilegien Kaisers Friedrichs I. glorreichen Angedenkens, verbrieften, auch ihnen Beistand gegen etwanige Übergriffe des Bremischen Erzbischofs verhießen, — da mußten gedachte Vögte das Bauholz unsern Bürgern wohl verabfolgen lassen. Und vom Grafen Helwig von Schwerin und von andern großen Waldherren kam Bauholz in Menge, so dass Hamburg dennoch bald wiederum, wie die Poeten sagen, „phönixartig aus der Asche“ wieder erstand.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil I (bis 1350)