Abschieds-Feierlichkeiten (1676)

Im Sommer 1676, als der alte Oberst von Copey gestorben und General von Dalwig Kommandant geworden war, wurden auf dem Wall neben dem Millerntor einige Züge Reiter abgedankt, wobei nach der Üblichkeit verfahren wurde, in Gegenwart einiger Ratsherren, Kriegs-Commissarien und der hohen Offiziere. Als den Reitern nun der Rest ihres Soldes ausgezahlt war, fragte, wie gebräuchlich, der Rittmeister den ersten rotmontierten Zug: ob welche da wären, die auf sein Kommando etwas zu sagen hätten? Die Reiter antworteten mit lauter Stimme: nein, nicht das Geringste! Darauf bat er sie, dass sie ihm doch die Standarte, (die bei Abdankung eines Trupps den Soldaten zukam) verehren möchten, nach altem Brauch, er wolle sie auch mit einer Tonne Bier lösen. Die Reiter waren dess' zufrieden. Als nun aber der Cornett den grünmontierten Zug ebenso anredete, da waren diese Rotten etwas schwierig, und nicht gänzlich gut auf ihn zu sprechen, indem einige ihm auch die gebetene grüne Standarte nicht gönnen wollten. Ein wilder Kerl ritt auf den Fähndrich zu und wollte das Fähnlein in Stücke zerreißen, zur Verteilung unter die Dragoner, wie sonst üblich, wenn es den Offizieren nicht geschenkt wird. Dagegen aber setzten sich andere zur Wehr, jener bekam einen Anhang, diese nicht minder, — genug es entstand im Umsehen ein ganz heilloser Tumult. Als sich nun die Offiziere, Kriegs-Commissarien und Ratsherren darein mengten, um den Zwist zu schlichten, da brach erst recht die Unruhe in vollen Aufruhr aus. Die Grünen zogen zuerst blank, die Roten schossen ihre Pistolen ab, die Haufen sprengten gegen einander mit Schreien, Hauen, Stechen und Schießen, es war ein Mord-Lärmen. Da half nichts, die Offiziere bis zum General, auch die Kriegs-Commissarien, ja sogar die Ratsherren, alle mussten ihre Degen blank ziehen um sich zu salviren und um die Rädelsführer zu Paaren zu treiben. Aber so wacker diese Herren auch drauf schlugen, und es nicht achteten, dass ihrer mehrere z. B. ein Oberstlieutenant und ein Cornett schwer verwundet wurden, dennoch gelang die Bewältigung der eigentlich um ein Nichts also verwilderten Dragoner nicht früher, als bis 200 Mann Fußvolk herangezogen kamen und etliche scharfe Salven ernsthaft zu den Aufrührern gesprochen hatten. Eine Menge derselben wurde mehr oder minder verwundet. Die Anstifter wurden vom Regiments-Gewaltiger in strengen Arrest genommen.

Einen noch ärgeren Tumult erregte im Oktober desselben Jahres 1676 die Auflösung zweier Compagnien des Fußvolks, aus welchen man die jungen rüstigen Soldaten den andern Compagnien einverleibte, die alten invaliden Leute aber, welche zum Teil schon 40 Jahre den Wachtdienst auf Vorposten und Außenwerken verrichtet hatten, mit halbem Solde in den Anstand versetzte. So gut es nun auch mit diesen Invaliden gemeint war, so undankbar bezeigten sie sich doch, indem sie unter sich und den jüngeren Soldaten eine gefährliche Meuterei anstifteten, welche bei der Abdankung auf dem Wall losbrach. Die Fähnlein wurden zerrissen und ein grausames Tumultuiren begonnen. Allein die Offiziere hatten davon Kundschaft gehabt und kannten die sieben Rädelsführer, welche man nun rasch fest setzte, worauf der Aufruhr gestillt wurde. Von diesen sieben wurde einer, Jürgen Kleinan, am 23. November harkebusirt, welche Strenge wohl durch die obschwebenden äußerst bedenklichen Zeitläufte geboten war.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Denkwürdigkeiten