Simson Herkules Harzmann (Um 1650)

Damals, als der stärkste Mann des Jahrhunderts, Johann Carl von Eckenberg, genannt Simson Herkules Harzmann, seine fabelhaft klingenden Kraftstücke den Hamburgern zeigte, war er 40 Jahre alt, ein wohlgewachsener stattlicher Mann, vornehm gekleidet, auch von zierlichem Benehmen im gewöhnlichen Umgange. In dem Städtchen Harzgerode war er geboren, groß und gewaltig geworden, daher sein Beiname Harzmann. Von den Proben seiner Riesenstärke im Handeln wie im Dulden mögen folgende mitteilenswert sein.

Wenn er hintenüber liegend sich mit den Füßen gegen eine Mauer stemmte, so konnten zwei Pferde ihn nicht vom Platze bringen, alles Peitschens ungeachtet. In derselben liegenden halb schwebenden Stellung zerriss er ein Ankertau wie Bindfaden, wobei er sich auf ein untergelegtes Kissen niederfallen ließ, wenn das Seil auseinander ging.


Sein Körpergebäude war trefflich stark. Auf dem Rücken liegend, ließ er sich Brust und Leib mit mächtigen Felsensteinen beschweren, und dieselben dort von einem Steinmetzen entzwei klopfen, was ihn kaum empfindlicher als mäßiges Kitzeln berührte. Diese Probe verstärkte er noch bedeutend. Er legte nämlich den Kopf auf einen, die Füße auf einen andern Sessel, so dass der übrige Körper frei und hohl schwebte. Dann ließ er sich nach und nach sechs Kerls auf Brust und Bauch treten und dort umher trampeln, wie sie wollten, er blieb stocksteif so liegen wie er lag.

Dies Kunststück sah sich eigentlich unangenehm an. Dann erquickte er seine Zuschauer durch kleinere aber artigere Proben, indem er z. B. einen großen eisernen Schiffsnagel mit den Fingern zum Propfenzieher oder zur Schraube drehte und wand. Oder er riss einen Zinnteller in zwei Stücke, wenn er ihn nicht wie einen Pfannkuchen aufrollte, nachdem er vorher mit seinem bloßen Daumen ein Loch hineingestoßen hatte.

Auch Mund und Zähne waren bei dem Harzmann nicht nur mächtig groß, sondern auch felsenstark. Wenn er auf einen Stock gebissen hatte, so konnten zwei beliebige Quartiersleute oder Krahnzieher diesen nicht wieder herausbringen. Dann zeigte er's noch besser und lustiger, indem er eine 16 Fuß lange Holzbank, darauf sein kleiner Zwerg saß, mit den Zähnen emporhob und also umhertrug.

Seine Hand- und Armkraft aber stellte er besonders durch folgende Exercitien in's hellste Licht. In jeder Hand seiner ausgebreiteten Arme hielt er ein Glas Wein. An jeder Hand hing ein Strick, daran drei Männer aus dem Zuschauerkreise aus Leibeskräften hielten und zogen, um ihn zu verhindern, den Wein an den Mund zu bringen, was niemals gelang, denn allemal mussten sie nachgeben und er kam richtig zum Genuß seines Burgunders. Hierdurch gestärkt, trat er rittlings über einen Kanonenlauf, 2600 Pfund schwer, und hob diesen dann mit der linken Hand an einem Seil etwa 1—2 Fuß von der Erde auf, während seine rechte Hand ein Glas Wein zum Munde führte.

Sein brillantestes und deshalb erst zum Schluss gezeigtes Manöver war dies. Ein Reiter zu Pferde hielt auf einer Art Wageschale unter einem Balkengerüste, auf dessen Spitze Simson Herkules Harzmann stand. Dann hob er mit einer Hand an den Stricken der Wageschale, Ross und Reiter einige Fuß hoch von der Erde auf, und ließ, während er sie einige Sekunden so schwebend hielt, auf Hamburgs Wohlergehn sein Glas nicht müssig stehn, sondern trank es aus mit einem Lebehoch auf die gute Stadt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Denkwürdigkeiten