Wie Bernd Beseke auch nicht Amtmann werden kann

Nun begab es sich im Jahre 1530, dass der Ratsherr Diederich Lange, der dazumal als Amtmann auf dem Hause Ritzebüttel saß, zu seinen Vätern versammelt wurde. Da das Amt ihm noch auf einige Jahre kraft Capitulation zustand, so geschah es nach Inhalt derselben und altem Herkommen, dass seine Wittwe, unter Beirat ihres Sohnes Jochim als Amts-Verwesers, die Verwaltung fortsetzte.

Damit war nun Bernd sehr unzufrieden, nicht nur, weil er alles missachtete, was Rat und Ratsverwandte betraf, sondern weil er selber ein gutes Auge auf das Ritzebütteler Amtsregiment geworfen hatte, was nach seiner Ansicht gar kein Herr des Rats zu führen brauche, sondern ein kluger Bürger eben so gut verwalten könne.


Darum äußerte sich Bernd überall in diesem Sinne, und wo er bei Kindelbieren, auf Hochzeitsgelagen oder Gastgeboten mit Herren des Rats zusammentraf, da sprach er zu ihnen etwa also: „sollte nicht E. E. Rat einsehen, wie verkehrt es ist, dass so ein unmündig Weib auf fothanem Hause sitzt und regiert das Land, daran der ganzen Stadt so mächtig viel gelegen ist? Sollte E. E. Rat nicht darauf denken, Wandel zu schaffen? Es sollte E. E. Rat einen vernünftigen, weisen, ehrsamen Mann dahin senden, der der Welt erfahren wäre und mit den Leuten wüßte umzugehen, als wie ich oder meines Gleichen! Und welch ein Nutzen für die Stadt-Casse könnte damit verbunden werden! Denn des Ackergutes so zum Schlosse gehört, ist viel, und der Gefälle und Hebungen, Zehnten und Winnungen im ganzen Amte sind gar manche; sicherlich gäbe solch ein Manu gern ein gutes Stück Geld dafür und pachtete also das ganze Amt, der Stadt zum Besten, — anstatt dass es demnächst wiederum einem Ratmann verliehen wird, der die Schlossländereien nutzt, alle Hebungen und Winnungen genießt, keinen Schilling der Stadt abgibt und annoch als Ratmann ein großes Honorar dazu bezieht. Das solltet ihr Hoch- und Wohlweisen bedenken!

Und wahrlich, wenn ich das Amt sollte bekommen, so möchte ich wohl 100 Gulden jährlich dafür geben! Nun, sprecht selber, 100 Gulden von mir zu nehmen, oder einem Andern noch 100 Gulden dazu zu geben, das ist doch ein großer Unterschied!“

Mit solchen Reden hat er oftmals die einzelnen Herren überlaufen und gelangweiligt und geplagt, ist auch auf's Rathaus gegangen vor den ganzen Rat, um sein Angebot, das Amt zu pachten, förmlich anzubringen, — er hat es aber nicht erlangen können. Denn ist es an dem, und so richtig als gerecht, dass die Ratsherren von jeher verfassungsgemäß das Recht haben, wenn die Reihe sie trifft, als Amtleute nach Ritzebüttel zu gehen, und daselbst, für gehabte Mühseligkeit der städtischen Regimentssorgen, bei guten Einnahmen sich sattsam zu erholen und die billige Gemüts-Ergötzung zu genießen, nach Art derer Fürsten, auf einem Schlosse zu wohnen und über Land und Leute zu regieren. Und ferner ist's eben so sehr an dem und völlig richtig, dass des Ritzebüttelschen Amtes hohe Wichtigkeit für Hamburgs Handel und Schifffahrt es erfordert, dass grade ein des Regierungswesens kundiger Mann von höherer Einsicht und Klugheit in Staatssachen, als einem gewöhnlichen Bürger innewohnen kann, allda sitzt und regiert, damit der Stadt kein Schade geschieht. Darum hat auch E. E. Rat (mit einer einzigen Ausnahme 1564) allemal der Bürger hie und da unbedachtsam gestelltes Ansinnen, das Amt zu verpachten, von sich gewiesen. Wobei auch zu merken, dass solch ein eitler hoffährtiger Mann, wie Bernd Beseke, überdies wohl der letzte gewesen wäre, dem man es hätte anvertrauen mögen.

Als nun Bernd schlechterdings auch nicht Amtmann zu Ritzebüttel werden konnte, und verdrossen und grämlich darüber mit unserm Rate grollte, da gedachte er sein Heil bei Lübeck zu versuchen, in Betreff des Amtes Bergedorf. Denn seitdem (1420) die Hamburger und Lübecker diese Veste samt den Vierlanden kraft Kriegsrechtes erworben hatten,*) saß wechselsweise ein Ratsherr aus einer der Städte als Amtmann dort, und erst seit 1620 wählte man lebenslängliche Amtsverwalter, die keinem der beiden Ratsstühle angehörten. Nun saß dazumal Herr Gerd von Hutlem der Hamburger auf Bergedorf im vierten Jahre seines Amtes. Darum zog Bernd nach Lübeck und offenbarte dem Rat daselbst seinen Vorschlag das Amt zu pachten, mit denselben Gründen, die er hier versucht hatte. Aber, die Lübecker Herren dachten wohl ähnlich wie die zu Hamburg. Sie wollten weder ihr Recht vergeben, noch in Bernd einen wünschenswerten Amtsverwalter erblicken, darum wiesen sie ihn ab, und auch dadraus wurde wieder einmal nichts.

Unverrichteter Sache heimgekehrt, gab Bernd dennoch sein Vorhaben, irgendwo Amtmann zu werden, noch nicht auf. Er warf also sein lüstern Auge auf Trittau, das dazumal die Lübecker besaßen. Wiederum zog er demnach gen Lübeck vor den Rat, und erbot sich, dies Amt zu pachten; aber Bernd stand den Lübeckern nun einmal nicht an, sie belehnten ihn nicht mit Trittau, und so wurde denn wiederum aus Bernds Anschlägen nichts, was ihn gar sehr verdross.

*) Siehe Hamb. Geschichten und Sagen, S. 124, 125.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Denkwürdigkeiten