Bernd wird verhaftet

Sobald aber Herr Jürgen Plate, der Amtmann, dies böse Spiel zu wissen bekam, schickte er eilends eins seiner Schiffe wohlbemannt hinaus, um vor allen Dingen auf Bernds drei Knechte und ihre Beute zu fahnden, die dann auch richtig noch auf der See angetroffen, bald überwältigt, nach Ritzebüttel aufgebracht und alldort in sichern Gewahrsam genommen wurden. Dann ließ Herr Jürgen die Insel Neuwerk mit aufgebotenen Leuten aus den dreien Kirchspielen Döse, Groden und Altenwalde besetzen, damit Bernd Weseke nicht weichhaft werde und entfliehe. Zugleich schickte er einen Boten an den Rat zu Hamburg mit seinem Bericht über all diese schlimmen Dinge. Als E. E. Rat dies erfuhr, sandte er sogleich nebst gehöriger Mannschaft, den jüngsten Ratmann, Herrn Johann Rentzel, mit Vollmacht und Instruktion auf einem der Tonnenschiffe nach Neuwert; am 30. Juni 1536 segelten sie von hier ab, und Bernds Untat war geschehen am 24. Juni. Und in der Stadt-Rechnung steht geschrieben, dass diese Erpedition, um den Hauptmann auf Neuwerk, Bernd Beseke, herauf zu holen, 19 Gulden 16 ß gekostet hat.

Herr Johann Rentzel kam also auf Neuwerk an, begab sich mit seinen bewaffneten Leuten vor den festen Turm, und heischte von Bernd auf seinen Eid, Einlass im Namen des Rats. Darauf befahl Bernd seinen Leuten, Herrn Johann und seine Diener einzulassen; zwei derselben ließ Herr Johann vor sich hergehen, dann folgte er. Und Bernd trat ihm entgegen, zwar etwas erblasst, doch in guter Haltung. Er bot ihm die rechte Hand, hielt aber in seiner linken das Zündrohr. Herr Johann ergriff seine Rechte, und hieß ernsten Tones ihn das Gewehr alsogleich ablegen; dann sprach Bernd gütlich zu Herrn Johann: tretet näher und seid willkommen auf meinem alten Turm, ruhet aus von der Fahrt, und denkt heut an kein Geschäfte; ich lasse junge Hühner und Tauben zurichten, daran wollen wir zu Abend uns gütlich tun und fröhlich sein bei'm vollen Becher. Dann möget Ihr morgen mir kund tun, weshalben Ihr gekommen seid. Aber Herr Johann antwortete nicht darauf, sondern trachtete vorerst wie ein treuer Gesandter, sich seines Auftrags zu erledigen, drum sprach er zu seinen Dienern: „auf Gesellen tut, was Euch befohlen ist,“ und sogleich fassten sie Bernd, der jeden Widerstand vergeblich achtete, und banden ihm die Hände. Als dies Bernds Hausfrau sah, die von nichts wusste, sagte sie erschrocken: „ach, du armes Herz, was soll das bedeuten?“ Aber Bernd antwortete: „Lass sie tun, was ihnen befohlen ist.“


Alsbald, nachdem Bernd also verhaftet und gebunden war, zogen Herr Johann und seine Leute mit ihm nach Ritzebüttel, um die gefangenen drei Knechte mitzunehmen, und von da nach Hamburg, wo sie am 3. Juli beim alten Bauhof landeten, und ihre Gefangenen in die Hechte der Büttelei setzten, in den Keller der Diebe und Räuber; am 8. Juli wurde Bernd aus der Hechte auf den WinserTurm gesetzt, wo elf Jahre vor ihm Claus Kniphoff gesessen hatte. Inzwischen wurden die Umstände der Sache näher erkundet, und alles zum peinlichen Prozess vorbereitet. Und Bernd, vorerst in der Güte, aber mit Hindeutung auf die Schärfe befragt, gestand sein Verbrechen ein, dessen ihn auch das Geständnis seiner Knechte überführt hätte, die freiwillig und ohne Rückhalt den ganzen Verlauf der Missetat bekannten.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Denkwürdigkeiten