Malefizweiber (1619)

Im März 1619 wurden am Kaak einige überaus leichtsinnige Frauenzimmer mit Ruten gestrichen, jedem derselben das rechte Ohr abgeschnitten und sie dann für immer der Stadt verwiesen. An dem fehlenden Ohr wollte man sie erkennen, wenn sie sich etwa wieder hereinwagen sollten. Sie sind aber nicht gekommen und haben gesagt: hier sei die Justiz allzu scharf. Eins dieser Malefizweiber gab sich auch viel mit Zauberei ab, und verkaufte abergläubigen Leuten gar zierliche Exemplare der berüchtigten Allrüneken oder Allräunchen, die sie aus schwarzem Meerrettig ganz natürlich zu schnitzen verstand.

In demselben Monate ging es auch mit einer andern Hamburgerin kläglich zu Ende, die lange genug durch ihre abgefeimten Gaunereien die gute Stadt verunruhigt hatte. Sie war nur eines Krahnträgers Tochter, aber ein großes ansehnliches Frauenzimmer, mit höflichen Sitten und guter Manier zu leben. Sie war so schlau und verschmitzt, dass sie sich täglich anders kleidete und gebehrdete, heute als ehrbare Bürgersfrau, morgen als vornehme Dame aus der Fremde, übermorgen als altes Bettelweib, dann wieder als Vierländerin, auch oftmals als ein Mann. Sie hatte schon den Leuten das Bett unterm Leibe und die Kleider vom Körper geschwatzt, und die Beute vor den Augen der Beraubten davongetragen, die ihr noch dazu einen Dank schuldig zu sein glaubten. Zuletzt war der Juwelierladen auf dem Pferdemarkt von ihr geplündert und zwar so. Sie hatte es verstanden den alten sonst so klugen Goldschmidt in eine sehr angelegentliche Unterhaltung mit der hübschen Barbierstochter nebenan zu verwickeln. Der verliebte Alte vergaß darüber seiner gewöhnlichen Vorsicht ganz und gar, und während er vor der Türe schäkerte, schlich die gewandte Vermittlerin in den Laden und räumte auf. Beim Verkaufen ihrer Beute wurde sie aber entdeckt.


Ihre Bestrafung ist dadurch besonders denkwürdig, dass sie so viel bekannt die erste und letzte Frauensperson gewesen ist, die in Hamburg den Tod am Galgen erlitten hat. Vor der Exekution wurden ihr um des Anstandes willen ein paar Mannshosen angelegt, über welche dann ihr Weiberrock herabfiel. Aber dennoch hat man gefunden, es stehe gar nicht fein und lasse äußerst übel, ein (wenn auch entartetes) Exemplar des schönen und bessern Geschlechts, welches man der Gattung derer Engel beizugesellen gewohnt sei, also schnöde henken zu lassen. Drum hat der Rat gesagt: einmal und nicht wieder; worauf man in ähnlichen Fällen entweder auf das viel anständigere Schwert oder auf das milde Zuchthaus erkannt hat.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Denkwürdigkeiten