Noble Passionen

Noble Passionen

(Melodie aus: Münchhausen.)


Den Zwicker in das Aug' gedrückt,
Den Calabreser schief gerückt,
Ein Stöckchen in den Händchen fein,
Im Knopfloch dann ein Bändchen klein,
Das nennt man, ohne Schonen,
Noble Passionen!

Indes; die Frau zu Hause klagt,
Schleicht man zu seinem Liebchen sacht,
Das sich in seidnen Kleidern wiegt,
Nachlässig aus dem Sopha liegt,
Höchst elegant muß wohnen —
Noble Passionen!

Von der Frau Gräfin invitirt
Zum Kaffee wird man, und tractirt
Mit Schälchen, wie ein Fingerhut,
Es schmeckt nicht schlecht, es schmeckt nicht gut,
Drei Tassen von zwei Bohnen —
Noble Passionen!

Herr Louis, was man Kaiser nennt,
Von einem Land zum andern rennt,
Allüb'rall hat er Eigenthum,
Worin er haust, und möchte drum
Auch mal in Deutschland wohnen —
Noble Passionen!

Das Junkerthum in manchem Land
Ist schlecht berüchtigt und bekannt;
Es nennt sich unterthänig gern,
Doch möcht'n am liebsten diese Herr'n
Selbst, statt des Königs, thronen —
Noble Passionen!

Die Herr'n vom alten Regiment,
Was man noch heute Ritter nennt
Die möchten uns'rer Bürger Söhn'
Noch gar zu gern als Sclaven seh'n,
Auch nicht mit Prügeln schonen —
Noble Passionen!

Herr Rennebohm hat nur Logis
Im Winter, doch im Sommer nie,
Da schläft er Nachts im grünen Wald,
Im lust'gen, freien Aufenthalt.
Er muß doch Sommer wohnen —
Noble Passionen!

Die Bürgerfrau, das glaubt mir gern,
Hängt treu an ihres Hauses Herrn —
Die höh're Dame kann allein
Und niemals ohne Hausfreund sein,
Schmückt ihren Mann mit Kronen —
Noble Passionen!


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburger Leierkasten