Hamburg, wie es weint und lacht

Hamburg, wie es weint und lacht

(Melodie aus: Berlin, wie es weint und lacht,)


In der Armuth dunkler Hütte,
Trüb von mattem Licht erhellt,
Hebt ein Weib zu Gott die Bitte,
Schmerzlich wild ihr Rufen gellt. —
Wo die Lichter hell erglänzen,
Schwelgt ihr Mann die ganze Nacht,
Rast dahin in üpp'gen Tänzen —
Hamburg ist's, wie's weint und lacht.

Schwer belastet, keuchend schreitet
Müd' und matt ein Hülfsmann her,
Den die Liebe nur noch leitet —
Seine Kinder hungern sehr.
Und ein Reicher hat soeben
Hundert Thaler durchgebracht,
Lächelnd bei dem Saft der Reben —
Hamburg ist's, wie's meint und lacht.

An des Kindes Krankenlager
Weinend eine Mutter steht,
Bleich das Antlitz, kalt und hager —
Wimmernd sie zum Himmel fleht.
Wie der Schmerz hier neben toset,
Ist die Lust dort angefacht,
Kind und Mutter liebend koset —
Hamburg ist's, wie's weint und lacht.

Hundert athemlose Waisen
Klagen Gott die bittre Noth,
Oeffneten des Schmerzes Schleusen
Sich doch mit der Eltern Tod.
Wenn sie froh zu Pfingsten zieh'n
In der Schöpfung Frühlingspracht,
Reichbeglückt beim Waisengrün —
Hamburg ist's, wie's weint und lacht.

Mit der Fiedel in den Händen
Naht ein Greis in grauem Haar,
Spielt ein Lied und lachend spenden
Kinder eine Gab' ihm dar.
Unter Hohn und Spott von Allen
Wird die Gab' ihm dargebracht,
D'rauf des Alten Zähren fallen —
Hamburg ist's, wie's weint und lacht.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburger Leierkasten