Gott wie moger

Gott wie moger

(Mel.: Was kommt nanu? aus dem Actienbudiker)


Ein großer Banquier,
Der zugleich ein Roue`,
Betrügt viele Leute
Und macht plötzlich pleite,
D'rum wird ungenirt
Er zur Schuldhast geführt.
Er, der sonst an Prunkender Tafel gesessen,
Erhebt sich voll Aerger vom hölzernen Lager,
Seufzt bei des Gefängnisses dürftigem Essen:
Gott wie moger! Gott wie moger!

Ein äußerst gewandter
Und höchst eleganter
Feiner Herr kommt geschritten
Durch die Menge inmitten,
Und geht, wie's bon ton,
In den Austernsalon.

In zwei Stunden sechs Stück verzehrt er voll Entzücken,
Dann endlich zum Zahlen die Börse 'raus zog er,
Der Kellner mißt diese mit zweifelnden Blicken:
Gott wie moger! Gott wie moger!

Im Theater sind heute
Versammelt die Leute.
Heut soll, ihren Blicken
Zu Lust und Entzücken,
Einer Tänzerin fein
Erstes Auftreten sein.
Sie kommt. Die Lorgnetten sind auf sie gerichtet,
Sagte Einer: Sie tanzt schlecht, gewißlich, da log er —
Indessen sie ward durch das Urtheil vernichtet:
Gott wie moger! Gott wie moger!

Das Paar ist nun fertig,
Des Pfarrers gewärtig,
Der wechselt die Ringe,
Spricht einige Dinge,
Die Braut ist beglückt,
Der Mann ist entzückt.
Tanz folgt nun und Spiel; bald verziehn sich die Gäste,
Das glückliche Paar sucht nun selig das Lager,
Doch am Morgen seufzt kläglich der Mann nach dem Feste:
Gott wie moger! Gott wie moger!

In der Bürgerschaft hastig
Sagt ein Mann: Nimmer rast' ich,
Bis wir frei sind von allen —,
Bis der Zopf ist gefallen,
Doch ein Anderer spricht:
Nein, das dulde ich nicht!
Auf Demokraten und Juden nun schimpfte er weidlich,
Gegen Fortschritt und Freiheit nun wüthend her zog er,
Von seiner Red' aber sagen die Andern einheitlich:
Gott wie moger! Gott wie moger!


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburger Leierkasten