Falsche Sprüchwörter

Falsche Sprüchwörter

(Melodie des Standpunct-Couplets.)


Sprüchwörter giebt's in Menge,
Wer diese wendet an,
Kommt häufig in's Gedränge,
Und ist sehr übel d'ran.
Ich will's beweisen comme il faut,
Mein erstes Sprüchwort lautet so:
Parl. „Scheiden thut weh!" Ist das nun nicht wirklich
albern. Scheiden soll weh thun? Als ich von
meiner geliebten Frau Gemahlin geschieden
wurde, da war mir äußerst wohl.
Beweis in diesem Falle:
Die Sprüche lügen Alle!

Am hellen Mittag sehen
Wir einen Handelsmann
Vor seiner Thüre stehen;
Er lockt die Käufer an.
Daneben steht am Kellerhals
Ein and'rer Händler ebenfalls.
Parl. Der Eine ärgert sich immer, wenn dem Andern etwas
abgekauft wird. Jeder sucht die Kunden
an sich zu locken und schimpft aus die schlechten
Waaren seines Concurrenten. Der Eine davon
heißt Meyer Wolf und der Andere Itzig Wolf.
Und falsch ist's, wenn das Sprüchwort spricht:
Ein Wolf beschreit den andern nicht!

In Hessen-Cassel saht Ihr schön
Herrn Hassenpflug in Blüthe,
Und heute noch könnt Ihr ihn seh'n
Ganz wohl — Du meine Güte.
Das Eine Sprüchwort freilich spricht:
Unkraut vergeht auf Erden nicht.
Parl. Wohl aber müßte Hassenpflug der redlichste und
ehrlichste Mann sein, denn er existirt noch immer
und das Sprüchwort sagt: Ehrlich währt am
längsten! Oder sollte es nun endlich soweit sein,
daß sein Einfluß am längsten gewährt hätte?
Sollte es endlich soweit sein, daß das Volk sein
Recht erhält? Sollten sich nun die hohen Herr
schaften auch endlich einmal zur Arbeit bequemen?
Warum nicht? Arbeit macht das Leben süß!
O, seufzen da die Herr'n und Ritter:
Müssiggang ist auch nicht bitter!


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburger Leierkasten