Hamburger Bildnisse

mit begleitendem Text von Dr. Johannes Meyer und einem Vorwort von Alfred Lichtwark
Autor: Herausgegeben vom Kunstverein in Hamburg, Erscheinungsjahr: 1913

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hansestadt Hamburg, Künstler, Maler, Portraits, Hamburger, Kaufleute, Politiker, Bürgermeister, Bildnis, Hamburger Kunstverein
Dem Wunsche des Kunstvereins, seiner Publikation ein Geleitwort zu geben, entspreche ich gern.

Es handelt sich bei der Bildnisausstellung des Kunstvereins und der Veröffentlichung des Ergebnisses heute nicht mehr um eine vereinzelte Anstrengung, die Liebe zum Bildnis wieder zu erwecken.

In demselben Jahre haben größere ortsgeschichtliche Bildnisausstellungen in Leipzig und Frankfurt stattgefunden. Köln hat eine Übersicht über das Schaffen der bedeutendsten lebenden deutschen Meister des Bildnisses gegeben, und in Berlin hat Justi die deutsche Bildnisgalerie in der Schinkelschen Bauakademie so weit gefordert, dass die Eröffnung demnächst zu erwarten ist. Es kommt hinzu, dass die deutschen Gemäldegalerien, die bisher nur gelegentlich und meist aus Nebenabsichten und Rücksichten dem Bildnis der lebenden Künstlergeneration Zutritt gewährten, in derselben Zeit begonnen haben, von den führenden Meistern der heutigen Kunst die Bildnisse verdienter Männer zu begehren, Liebermanns Bildnis von Adickes in der Frankfurter Galerie hat sich rasch eine so weitreichende Volkstümlichkeit erworben, wie sie früher nur dem Sittenbild oder dem Geschichtsbild zuteil zu werden pflegte.


Wir dürfen in Hamburg auf diese Anzeichen einer neuen Gesinnung hinweisen, ohne das Gefühl zu haben, dass wir nachhinken. Wir haben sogar ein gewisses Recht, darauf hinzuweisen, dass diese Bewegung zugunsten des Bildnisses sich seit zwei Jahrzehnten in Hamburg verfolgen lässt.

Um 1890 wurde von Kunstfreunden die Sammlung von Bildern aus Hamburg gegründet, mit der ausgesprochenen Absicht, die führenden deutschen Meister für große Bildnisaufgaben nach Hamburg einzuladen. Das Ergebnis hat in den letzten Jahren in Deutschland Beachtung gefunden. Wer Liebermann, Kalckreuth, Uhde, Corinth, Slevogt, Trübner, Olde, Pankok, Bantzer u. a. als Bildnismaler nebeneinander kennen lernen will, findet im Saal der Bilder aus Hamburg ein reiches Studienmaterial.

Daneben hat die Kunsthalle eine Sammlung künstlerischer Bildnisse aus der hamburgischen Vergangenheit ausgebildet, die vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zur Gegenwart alle Perioden vertritt und in David Kindt, Jacobsen, Matthias Scheits, Denner, van der Smissen, Jens Juel, QuadaI, Gröger, Runge, Asher, Milde, Oldach, Erwin Speckter, Janssen, Wasmann, Günther Gensler, den Lehmann, Steinfurth, Hans Speckter, um nur die bedeutendsten zu nennen, eine Fülle tüchtiger und zum Teil bedeutender Meister der Vergessenheit entrissen hat. Der Kunstverein hat in seiner Publikation über das Bildnis in Hamburg 1898 die damals vorliegenden Ergebnisse zusammengefasst, nicht um in erster Linie der Historie zu dienen, sondern um Liebe und Verständnis für das Bildnis zu erwecken und zu neuen Leistungen anzuregen.

Daneben hat die Kunsthalle eine sehr umfangreiche Sammlung gezeichneter hamburgischer Bildnisse aus der Blütezeit der nazarenischen Bildniskunst und eine Sammlung von hamburgischen Bildnissen in Kupferstich, Radierung und Lithographie angelegt. Auch in der Sammlung neuzeitlicher Meister der Kunsthalle ist das Bildnis mit Nachdruck gepflegt worden. Graff, Overbeds, Stieler, Waldmüller, Schwind, Canon, Marées, Leutze, Dörr, Böcklin, Menzel, Thoma, Trübner, Leibl, Habermann, Uhde, Manet, Renoir u. a. m. geben schon äußerlich durch die Bildnisakzente auf den Wänden unserer Galerie einen besonderen Charakter.

Die Gesellschaft der Kunstfreunde hat sich bemüht, die Techniken der Radierung, der Lithographie und des Holzschnittes den Künstlern durch Bildnisaufträge wieder naher zu bringen. Es ist auch schon eine Reihe tüchtiger Leistungen entstanden. Doch geht die Entwicklung auf diesem Gebiete naturgemäß langsam vor sich.

Ebenso auf dem der Medaille. Doch darf es als ein erfreulicher Erfolg bezeichnet werden, dass auf eine Eingabe der Kunsthalle hin die Staatsmedaillen, die früher keine Bildnisse hatten, mit den Bildnissen der regierenden Bürgermeister geschmückt werden.

Den weitesten Einfluss hat jedoch das Unternehmen der Gesellschaft zur Forderung der Amateurphotographie gewonnen, die 1893 in der Kunsthalle die erste große international Ausstellung von Amateurphotographien veranstaltete in der ausführlich begründeten Absicht, der auf Abwege geratenen Bildnisphotographie der Berufsphotographen Winke zu neuer gründlicher Reform zu geben. Von allen Anregungen, die von der Kunsthalle ausgegangen sind, hat diese die raschesten und reichsten Fruchte getragen, denn deutsche Akademien — wie die zu Berlin — deutsche Museen und Vereine, die führenden Zeitschriften der Berufsphotographen und die Berufsphotographen selbst haben gewetteifert, dem Publikum die Gewöhnung an unretuschierte Aufnahmen in den künstlerischen Techniken annehmbar zu machen.

In kaum fünf Jahren war der Umschwung vollzogen. Dadurch hat nicht nur die Photographie gewonnen. Die Gewöhnung an die Wahrheit, die durch die unretuschierte Photographie jetzt wieder in die Wege geleitet ist, wird dem Bildnis von Künstlerhand zugute kommen, und die Photographien in künstlerischer Auffassung, geschmackvoller Technik und Aufmachung sind so kostspielig geworden, dass nun die Künstler mit den Techniken der Radierung und Lithographie wieder auf den Plan treten können, denn ihre Arbeiten sind nicht teurer als gute Photographien.

Die Ausstellung von Bildnissen aus Hamburger Privatbesitz und die anschließende Publikation des Kunstvereins sind neue Versuche in derselben Richtung, ausgegangen von der Überzeugung, dass die Liebe zum Bildnis von Künstlerhand und die Pflege des Bildnisses für die Entwicklung der künstlerischen Kräfte in unserem Volke von der größten Bedeutung sind. Und diese Bemühungen kämpfen nicht gegen den Strom. Von den lebenden Kulturvölkern hat keines eine tiefere Neigung zum Bildnis als das deutsche, keines kommt in seiner innersten Fähigkeit den Aufgaben, die das Bildnis stellt, schöpferisch begabter entgegen.

      Lichtwark

Lichtwark, Alfred (1852-1914) deutscher Kunsthistoriker, Museumsdirektor, Kunstpädagoge in Hamburg

Lichtwark, Alfred (1852-1914) deutscher Kunsthistoriker, Museumsdirektor, Kunstpädagoge in Hamburg

000 Hamburger Bildnisse

000 Hamburger Bildnisse

001 Elias Galli. Pastor Franz Simon der Ältere. (20. März 1603-15. November 1679)

001 Elias Galli. Pastor Franz Simon der Ältere. (20. März 1603-15. November 1679)

002 Unbekannter Künstler. Senator Joachim Boetefeur. (2. Mai 1652-24. September 1728)

002 Unbekannter Künstler. Senator Joachim Boetefeur. (2. Mai 1652-24. September 1728)

003 Balthasar Denner. Senator Johann Joachim Boetefeur. (24. März 1695-29. November 1761)

003 Balthasar Denner. Senator Johann Joachim Boetefeur. (24. März 1695-29. November 1761)

004 Balthasar Denner. Anne Boué, spätere Ehefrau von Pierre Bruguier, als Braut (17. Oktober 1720- 7. September 1811)

004 Balthasar Denner. Anne Boué, spätere Ehefrau von Pierre Bruguier, als Braut (17. Oktober 1720- 7. September 1811)

005 Balthasar Denner. Der spätere Bürgermeister Franz Doormann (14. Februar 1709-22. August 1784)

005 Balthasar Denner. Der spätere Bürgermeister Franz Doormann (14. Februar 1709-22. August 1784)

006 Johann Friedrich Peiffer. Legationssyndikus Johannes Richey. (14. Dezember 1706-9. Februar 1738)

006 Johann Friedrich Peiffer. Legationssyndikus Johannes Richey. (14. Dezember 1706-9. Februar 1738)

007 Johann Jacob Tischbein. Dr. med. Johann August Unzer. (29. April 1727-2. April 1799)

007 Johann Jacob Tischbein. Dr. med. Johann August Unzer. (29. April 1727-2. April 1799)

008 Johann Jacob Tischbein. Johanna Charlotte Unzer, geb. Ziegler. (1724-29. Januar 1782)

008 Johann Jacob Tischbein. Johanna Charlotte Unzer, geb. Ziegler. (1724-29. Januar 1782)

009 Johann Jacob Tischbein. Maria Lucia Berendt, geb. Hörmann. (1727-1778)

009 Johann Jacob Tischbein. Maria Lucia Berendt, geb. Hörmann. (1727-1778)