Rückblick auf die hamburgische Geschichte des Jahres 1801

Der Senat, in der größten Verlegenheit, veranstaltete nun eine Versammlung der Bürgerschaft, welche in der Nacht vom 28sten zum 29sten März gehalten wurde. Die Proposition des Rats war: „Der Notwendigkeit und den Zeitumständen zu weichen, und die Stadt den Dänischen Truppen zu übergeben. Aller Widerstand würde unnütz und höchst gefährlich sein. Auch habe der Preußische Gesandte, nach seiner Konferenz mit dem Prinzen, erklärt, dass er nicht mehr zweifeln könne, dass diese Maßregel mit Genehmigung seines Hofes getroffen werde, und dringend angeraten, keinen Widerstand zu leisten etc.“ Das Michaelis Kirchspiel, welches einem Dänischen Angriffe am nächsten liegt, erklärte sich sogleich der Proposition des Senats geneigt; die übrigen vier Kirchspiele aber schlugen sie gradezu ab. Der Rat, in noch höherer Verlegenheit, übergab eine zweite Proposition, worin er wiederholte: „Ein Ehrb. Rat kann nicht umhin, der Bürgerschaft noch einmal vorstellig zu machen, dass der hier anwesende Königl. Preußische Herr Gesandte, nach der von ihm mit dem Prinzen Carl von Hessen gehaltenen Unterredung, selbst erklärt habe, dass die verlangte Dänische Besatzung mit Einwilligung und Vorwissen seines Hofes geschehe, und selbst dringend angeraten habe, sich solcher nicht zu widersetzen.“

Nach langen und heftigen Debatten fügten sich endlich das Nikolai-, Katharinen und Jakobi-Kirchspiel, eben so wie das Michaelis-Kirchspiel, der Proposition, und somit war der Einlass der Dänen beschlossen. Das Petri-Kirchspiel allein blieb standhaft bei seiner verweigernden Stimme, und gab dadurch, obgleich seine Sündhaftigkeit nunmehr unnütz und die Durchsetzung seiner Meinung vielleicht schädlich geworden wäre, einen rührenden Beweis von der Fortdauer des hamburgischen Patriotismus, welcher die größte Achtung der Welt und Nachwelt verdient.


Nach einer nochmaligen Verabredung mit dem Prinzen von Hessen-Kassel, dass man die Tore und Wälle der Stadt, wie auch die Stern-und Billwärder-Schanze den Dänischen Truppen übergeben und in die Vorstädte nebst dem hamburgischen Gebiete Einquartierung einnehmen wolle, zogen die Dänischen Krieger am Palmsonntag, den 29sten März, Morgens um 10 Uhr, durch die Stadt nach dem jenseitigen Gebiet der Republik, und besetzten zuerst das Altonaer Tor, und in einigen Tagen nachher auch die übrigen Tore und Wälle von Hamburg. Dies Alles geschah in der größten Ordnung und Stille, im Angesicht vieler tausend Zuschauer, und auch nicht die allergeringste Unordnung fand dabei statt, weil unser Senat bereits sichre und weise Vorsichtigkeit-Maßregeln getroffen hatte, und auch in Zukunft ergriff, so dass während des langen Aufenthalts der Dänischen Truppen auch nicht die gexingste Ausschweifung bemerkt wurde. Ein Umstand, der schon deswegen in dieser Skizze Erwähnung verdient, weil er sowohl der Kriegszucht der Dänen, als auch dem Betragen unsers Volks (ich nehme hier das Wort Volk im edeln Verstande) zum höchsten Ruhme gereicht. So mutvoll und tapfer, so entschlossen, sich zu verteidigen, ja, ich möchte sagen, so höchst erbittert gegen die Dänen unser Volk auch vor dem Einzuge war, so ruhig und stille verhielt es sich bei dem Durchmarsch und der Besetzung der Tore, weil seine geliebte und geehrte Obrigkeit Ruhe, Frieden und Stille geboten hatte. Der Obrist von Ewald, welcher sich durch seine Einsicht und Menschenliebe auch bei uns allgemeine Hochachtung erworben hat, wurde Kommandant der Stadt.

So friedlich und stille nun auch dieser Durchmarsch und diese Besezzung vor sich ging; so zeigten sich doch bald einige Symptome, welche vermuten ließen, dass man unsern kleinen Staat gern als ein erobertes Land ansehen möchte. Gleich nach der Einrückung der Dänischen Truppen, forderte der Feldmarschall, Prinz Carl von Hessen, 1.500 Paar Stiefeln; 11.000 Paar Schuhe; 12.000 Paar Strümpfe; 120.00 Hemden und 200 numerierte Säcke. Allein diese Requisttion wurde abgeschlagen und zurückgenommen. Verschiedene Geldsummen, z. B. alle zehn Tage 11.000 Rthlr. zum Unterhalt der Truppen; die Beköstigung des Prinzen; ein Stuhlwagen, ein Kutscher, ein Lohnbedienter für des Prinzen Adjutanten, den Major Colditz, wurden gefordert und zugestanden, hörten aber in späteren Zeiten, da die Umstände sich sehr geändert hatten, wieder auf.

Aber noch weit härter und drückender für unsre Stadt, als alle diese Geldausgaben, war die nachherige Forderung, dass alles Englische Eigentum in der Stadt angegeben und sequestriert werden sollte. Dies hieß Hamburg zwingen wollen, England den Krieg zu erklären. Hätte unser Senat nicht weise hiemit gezögert, hätte er sich nicht bemüht, dieses Verlangen ganz und gar fruchtlos zu machen, hätten die Umstände sich nicht geändert, so würde die Stadt dadurch in die höchste Verlegenheit geraten sein. Die Englische Regierung gab bei dieser Gelegenheit einen Beweis ihrer Mäßigung und Billigkeit, die man lange bei ihr vermisst haben wollte, welcher zugleich bewies, dass die Gesinnungen des Londoner Kabinetts gemäßigter geworden waren, und dass ihm das Schiksal einer freundschaftlichen Stadt nicht gleichgültig sei. Man hatte die hiesigen Vorfälle dem Englischen Hofe bekannt gemacht, und die Notwendigkeit dargetan, der Gewalt weichen zu müssen. Der Senat erhielt hierauf ein sehr verbindliches Schreiben von Mylord Hawkesbury, welches unter andern auch die Worte enthielt: „Der König kann die neulich von Ihnen genommenen Maßregeln nur der Notwendigkeit des Augenblicks und nicht einer feindlichen Gesinnung gegen Se. Majestät zuschreiben. Mit dem größten Vergnügen gehorche ich daher den Befehlen des Königs, Ihnen Sr. Majestät Entschließung mitzuteilen, dass die Schiffe und das Eigentum der hamburgischen Bürger respektiert werden sollen, wenn sich auch, wider des Königs Erwartung, Etwas in Hamburg zutragen würde, was den Gesinnungen dieser Stadt entgegen sein könnte, welche Se. Majestät bisher erprobt haben“

Noch feindseliger gegen die Stadt, obwohl nicht so gemeint, war die Aufnehmung der Tonnen in der Elbe, welche auf Befehl Sr. Durchlaucht, des Prinzen Carls, geschah, und wodurch Handlung und Schiffahrt gestört wurde. Man sagt, der Amerikanische Consul, Herr Pitcairn, sei unter den Geschäftsträgern fremder Nationen der Einzige gewesen, der gegen diese Tonnen-Aufnehmung im ernsten Tone gesprochen, und den Prinzen von Hessen für jeden Schaden, den ein amerikanisches Schiff dadurch erleiden würde, verantwortlich gemacht habe. Indessen scheint es doch auch gewiss zu sein, dass Preußen dieser Maßregel durchaus seine Zustimmung versagte. Viele hielten sie auch zu dem beabsichtigten Zwecke, den Englischen Kriegsschiffen die Elbe zu sperren, für unnütz und unzureichend.

So war also Hamburg plözlich und unvermntet in Unruhen und Drangsale verwickelt, die es nicht verschuldet hatte, und die es auf keine Weise hätte abwerfen können, wenn sich nicht glücklicherweise die Umstände geändert hätten. Preußen besetzte zwar mit 24.000 Mann die Churhannoverischen Lande, nebst der Reichsstadt Bremen; allein dies schien mehr eine Vorsichtigkeitsmaßregel, um größeres Unglück zu verhüten, als ein feindlicher Einfall zu sein, wie es sich denn auch nachher bestätigt hat, und zu Dänemarks strengen Maßregeln hat es nie seine Zustimmung gegeben. Die mörderische Schlacht bei Kopenhagen am 2ten April nötigte Dänemark, mit England einen Waffenstillstand zu schließen, und brachte mildere Gesinnungen des Dänischen Kabinetts hervor. Aber größere Wirkung, als Alles dieses, hatte auf das Schiksal von Hamburg der Tod Kaiser Pauls des Ersten, welcher die Seele der Nordischen Neutralitäts-Konvention war. Ein junger, gerechter, friedliebender Fürst, Alexander der Erste, bestieg den Russischen Thron, und die erste öffentliche, für die Menschheit segenvolle Handlung seiner Regierung war, den Frieden im Norden auf das schleunigste herzustellen. Er schloss mit England einen billigen Frieden, welchem späterhin auch Dänemark und Schweden beigetreten sind. Dieser Friede änderte die Gestalt der Dinge, und änderte auch die drückende Lage Hamburgs. Am Sonnabend vor Pfingsten, den 23sten Mai, räumten die Dänischen Truppen die Stadt und das ganze hamburgische Gebiet, nachdem einige Regimenter schon vorher abmarschiert waren, und überließen uns der seligen Freude, der Freiheit und dem Frieden ungestört unsre Opfer darbringen zu können. Die Gerechtigkeit will es, öffentlich zu bekennen, dass das Betragen der Dänischen Truppen, während ihres Aufenthalts in unserm Gebiet, untadelich und musterhaft gewesen ist.

Es konnte gar nicht fehlen, dass eine so merkwürdige Begebenheit viele Köpfe und noch weit mehr Federn in Bewegung setzen musste. Die Patrioten von beiden Seiten demonstrierten, stritten und erhizten sich auch wohl zur Ehre und Verteidigung ihres Vaterlandes. Ein gewisser politischer Prophet, der schon lange unter uns aufgestanden ist, darf hier gar nicht in Betrachtung kommen, ob er gleich seine Prophetengabe auch bei dieser Gelegenheit, aber eben so lächerlich, wie bei andern, gezeigt hat. Die wichtigste Schrift von Dänischer Seite, aber keinesweges offiziell, ist: „Was könnte Hamburg im jezzigen Zeitpunkte zu seinem besten Glücke tun? von einem Freunde Hamburgs. Im Mai 1801.“ Des Verfassers gutmütige Meinung ist: „Hamburg müsst seiner Unabhängigkeit entsagen und sich freiwillig dem Dänischen Zepter unterwerfen.“ Dass dieses aber, gelinde zu reden, ein einfältiges Anmuten sei, hat der Verfasser der Schrift hinlänglich dargetan, welche den Titel führt: „Hamburgs bestes Glük nicht von Außem. Von einem Hamburger. Libertatem, quam peperere majores, digne studéat servare posteritas. (Die Freiheit, welche unsre Vorfahren errungen haben, muss die Nachkommenschaft ihrer Vorfahren würdig zu erhalten suchen.) Im Junius 1801.*) Leicht möglich, dass der edle und feurige Verfasser hier und da zu derbe sprechen, möglich, dass er mitunter falsche oder halbwahre Sätze hinwerfen mag; aber wer verzeiht dies nicht dem Entusiasmierten, der für Recht, Freiheit und Vaterland spricht? Wer verzeiht es nicht einem Hamburger, dem bekanntlich der Ton der Freimütigkeit so eigen ist? Der Gegner selbst muss solche Ausbrüche, wenn er sie auch nicht billigen kann, dennoch als Ergießungen des Herzens und der schönsten Bürgertugend, des Patriotismus, ehren.

*) Von diesen Schriften wird in den Annalen der Hamburgischen Literatur mehr gesagt werden. D. B.

Schon früh im Jahre besetzten Preußische Truppen das hamburgische Amt Ritzebüttel, verließen es aber auch im Spätjahr wieder, und dadurch wurden endlich alle Zweifel und Besorgnisse in Rücksicht unseres politischen Schiksals zerstreut. Auch hörten die Quarantaine-Anstalten wider das in Cadix und Nordamerika wüthende gelbe Fieber im Herbst wieder auf.

Die zwischen Frankreich und England in London unterzeichneten Friedenspräliminarien, und der dadurch hergestellte allgemeine Friede, haben, wie es bis jezt scheint, größeren Einfluss auf unsre Handlung, als auf unsre politische Lage und Verhältnisse gehabt. Die unmittelbaren Folgen dieses allgemeinen Friedens sind für den hamburgischen Handel gar nicht erwünscht; er ist gänzlich ins Stocken geraten. Der Markt ist überreichlich angefüllt; der ungeheure Waren-Vorrat wird noch täglich vermehrt; aber es fehlt an Käufern und Abnehmern. Schon die Dänische Invasion und die vielleicht zu voreilige Aushebung der Elbtonnen, hatte bereits der Handlung für das verflossene Jahr einen empfindlichen Stoß gegeben. Andre Umstände im Auslande vermehrten die Verlegenheit und das Misstrauen. Wer aber den hamburgschen Handelsleuten, unter welchen es so viel edle Menschen gibt, den Vorwurf macht, dass der Friede ihnen mehr als gleichgültig sei, dass ihr einziger Wunsch Krieg und Mord in der übrigen Welt wäre, damit nur sie dabei gewinnen könnten, der ist unbillig und ungerecht. Wir freuen uns herzlich über den Frieden, und sehen ihn als die Quelle an, aus welcher Millionen Segnungen für die Menschheit und also auch für uns entspringen.

Bei aller Stockung des Handels ist es doch immer sehr zu bewundern, dass wir keine häufigere und wichtigere Bankerotte gehabt haben. Die Totalsumme vom 1sten Januar bis zum 28sten Dezember ist: 163 Falliten und 4.931.663 Mark Bco., unter welchen jedoch 32.024 Mark Cour, sich befinden und die Konkourse nicht mitgerechnet werden, welche auf den Dielen verhandelt sind.

Unter diesen besinden sich sicher Einige, deren Fallissement nicht die Hemmung des Handels und der Schiffahrt, sondern zu früh angefangener Prachtaufwand oder Unverstand und Unvorsichtigkeit veranlasst haben. Alle ängstlichen Besorgnisse für die Zukunft sind sicher eitel, wenigstens gar sehr übertrieben. Nach den bisherigen Erfahrungen hat jeder geführte Krieg, jeder Friedensschluss, den Hamburgern eine neue Erwerbsquelle eröffnet. So hat 5. A der Englisch Amerikanische Krieg von 1776 bis 1783, welcher durch den Versailler Frieden geendigt wurde, unsere Stadt den unmittelbaren Handel mit Nordamerika verschafft.

Unser Senat hat in diesem Jahre einen Verlust an dem Ratsherrn Poppe, einem allgemein anerkannten Menschenfreunde, und dem Bürgermeister Wagener, einem sechs und achtzigjährigen Greise erlitten. Ersterer wurde durch den Herrn Gabe wieder würdig ersetzt, und für letztern der verdienstvolle Senator von Graffen wieder zum Bürgermeister erwählt. An die Stelle des Herrn von Graffen wählte man den Doktor Schlüter, einen würdigen Sohn des ehemaligen Bürgermeisters Schlüter wieder zum Ratsherrn.

Zwei Senatoren, die Herren Schulte und Koch, sind als Deputierte nach St. Petersburg gewesen, um dem Kaiser Alexander zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen, und mit Auszeichnung aufgenommen worden.

In unsrer innern bürgerlichen Verfassung ist keine merkliche Veränderung vorgefallen, außer dass die Hamburger ihren tief eingewurzelten Abscheu gegen den Stempel überwunden haben. Nach einem, im vorigen Jahre gefassten Rat- und Bürgerschlusse müssen alle Karten, welche in öffentlichen Häusern gebraucht werden, mit einem Stempel versehen sein. Schon vorher hatte man einen Stempel für bestimmte Papiere bewilligt, aber den Namen sorgfältig vermieden. Man nannte ihn eine Abgabe von einigen gerichtlichen und außergerichtlichen Papieren. Ich glaube auch, dass man sich selbst bei den Karten des Aufdrucks Stempel nicht bedient hat. So viel tut der Name zur Sache. Die Proposition zur Abschaffung des Kalkhofes ist leider! nicht durchgegangen. Mit der Sperrung des Steintors ist eine Veränderung vorgenommen, und man kann jezt bis zwölf Uhr des Nachts aus- und einkommen.

Unser Kirchenwesen blieb in seinem gewöhnlichen Gange, und es ist weiter nichts Merkwürdiges davon zu melden, süßer den Tod zweier sehr würdigen Mitglieder des Ministeriums, des Doktor Gerlings, Hauptpastoren zu St. Jakobi, Seniors des Ministerii, und des Hrn. Brake, Hauptpastoren zu St. Nikolai. Beide starben gleich im Anfange des Jahrs; lezterer ganz in der Erfüllung der Pflichten der Menschenliebe. Er erkrankte plözlich bei der Vorlesung eines wohl durchdachten Aufsatzes, über die Verbesserung der Armenschulen, in der Deputation fürs Armenschulwesen, und diesem plözlichen Zufalle folgte bald darauf der Tod. Seine Wittwe und Kinder haben die reizendsten Beweise von der Hochschätzung seiner Mitbürger gegen ihn, und von dem Nachruhm erhalten, welchen er unter uns ewig haben wird. Seine Stelle ist bereits wieder mit dem Herrn Schäffer, vorher Prediger an derselben Gemeine, besetzt. Der würdige Hauptprediger an der St. Michaelis-Kirche, Herr Rambach, ist wieder Senior Ministerii geworden.

Für die Verbesserung des Schulwesens — ich nehme die Lehranstalten der patriotischen Gesellschaft und die Schulen der Ärmenanstalt aus — ist leider! nicht Viel, aber doch Etwas geschehen, und dieses Etwas berechtigt den Menschenfreund, Hoffnungen für die Zukunft zu fassen. Die Veränderungen, welche bei der Jacobi Kirchenschule statt gefunden haben, sind bereits in diesem Journale angeführt. Außerdem sind der Stadt- oder Gymnasium-Bibliothek, ich weiß aber nicht, ob jährlich oder ein- für allemal, 1.000 Rthlr. außerordentlich zu ihrer Komplettierung und Vermehrung angewiesen. Ich hoffe, dass dieser Abschnitt in der Geschichte des jetztlaufenden Jahrs reichhaltiger ausfallen wird.

Für humanistische Wissenschaften und schöne Künste ist von Staats wegen nichts geschehen; als Privatunternehmung in dieser Rücksicht kann man die Ankündigung eines Museums der Gebrüder Campe ansehen, welches mit dem Anfange dieses Jahrs eröffnet ist. Eine ähnliche Unternehmung haben die Buchhändler Meyn und Mahnke in den öffentlichen Blättern angezeigt. Ich zweifle aber, dass eine von beiden Unternehmungen die vortreffliche Anstalt dieser Art, welche die Harmonie schon seit Jahren etabliert hat, entbehrlich machen wird. Doch kann man von dem Eifer der Herren Campe viel erwarten. Ein gewisser Ornistus Phalaefius, Romanae Arcadiae pastor (Schäfer im Römischen Arcadien, d. i. Mitglied einer Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Rom, welche Arkadien genannt wird) hat ein lateinisches Epigram auf die Errichtung des Campeschen Museums gemacht, welches uns zu ganz außerordentlichen Hoffnungen berechtigt, und welches in unsrer deutschen Sprache ohngefähr so lautet: Friede war auf Erden; der Cytherschläger Apollo ruft die göttlichen Musen nach Hamburg. Hier, sprach er, will ich eine Anstalt nach eurem Namen Museum benannt, errichten. Hier sollen aus derselben die Künste der Pallas quillen. Hier soll die edle, in schönen Wissenschaften unterrichtete Jugend herströmen, und durch die Künste einer süßen Erholung genießen. So sprach er. Auf Befehl der himmlischen Gottheit nennt man den Musen Campe, und diese errichten ein Museum.“ Guter, ehrlicher Ornistus Phaläfius, wenn du doch in Rücksicht unserer Jugend ein wahrer Seher, ein wahrer Prophet wärest!

Weit wichtigere Vorteile für die Bildung unserer kaufmännischen Jugend verspreche ich mir davon, dass der besonders um Hamburg verdienstvolle Herr von Heß, auf Veranlassung der Commerz-Deputation, im vorigen Herbst Vorlesungen über die Handlungswissenschaften an, gefangen hat.

Auch für Schönheit und Bequemlichkeit ist in diesem merkwürdigen Jahre gesorgt. In den Toren und besonders im Stein- und Altonaertor hat man bequeme und selbst reizende Wege für die Fußgänger angelegt, und diese dadurch ziemlich der Gefahr entrissen, von den vorüberjagenden Wagen gerädert zu werden. Durch die ehrwürdige Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nüzlichen Gewerbe, welche schon lange den wahren und charakteristischen Namen, Patriotische Gesellschaft erhalten hat, ist ein vorrreflicher Lustweg vom Dammtore bis zum Grindel angelegt, dessen bereits auch in diesem Journale erwähnt ist. Bei jedem Tore ist von dem Aufgange auf den Wall ein besonderer Weg für die Fußgänger abgeteilt, und mit einem Geländer befriedigt, so, dass der Fußgänger jezt ohne Furcht und Grauen den Wall, diesen so reizzenden Spazziergang, besteigen kann. Überhaupt scheint man sich daran erinnert zu haben, dass die Fußgänger auch Menschen sind.

Das schöne, dauerhafte Gebäude, welches unsere vortreffliche Armenanstalt auf dem Sagerplatze hat errichten lassen, und welches teils zum Schul- teils zum Arbeitshause dient, wurde in diesem Jahre vollendet, und mit einer feierlichen Rede vom Herrn Senator Hudtwalker eingeweiht. Dieses Armenhaus, dessen Nutzen unverkennbar ist, dient zugleich zur Zierde der Stadt, und es dürfte leicht einem gelehrten Reisenden einmal einfallen, es einen Armenpallast zu nennen, wie der witzige und phantastische Reisende zu Bremen, Herr Ewald, unser Waisenhaus mit dem Namen Waisenpallast hat bespötteln wollen. Diese Herren bedenken nicht, dass es schon in der schönsten Periode der Griechen und Römer eine auf die Natur der Sache gegründete Sitte war, alle öffentlichen Gebäude dauerhaft und schön zu bauen. Sie sind ein Eigentum der Nation, und besonders eine reiche und wohlhabende Nation darf bei ihrer Errichtung nicht knickern. Die Bemühungen der Armenanstalt, den Genuss der Rumfordschen Suppe für die Armen mehr auszubreiten und zu befördern, verdient den Dank der Menschenfreunde, ob sie gleich nicht im Stande gewesen ist, die zahlreichen Vorurteile gegen dieses kräftige Nahrungsmittel gänzlich zu heben. Dass diese nie genug zu preisende Armenanstalt rastlos an Verminderung des Elendes ihrer armen Mitbürger arbeitet, dass die edelsten und vortrefflichstenu Männer als Armenpfleger etc. daran Teil nehmen, darf hier wohl nicht erst angeführt werden.

Zum Ruhme der hiesigen Armenanstalt, und zur Freude jedes gefühlvollen Patrioten und Menschenfreundes in unserm guten Hamburg, gereicht ein Artikel, welcher in allen öffentlichen Blättern gestanden hat, und dessen wesentlichen Inhalt ich hierher setzen will, weil das Zeugnis eines Ausländers doch immer größeres Gewicht hat, als das Lob eines einheimischen, patriotischen Schriftstellers, welchem man immer etwas zu viel Enthustasmus zutraut. „Da nach dem allgemeinen Zeugnis der Reisenden und Sachverständigen, so heißt es in den öffentlichen Nachrichten, die Armen-Versorgungs- und Krankenhäuser in der Reichsstadt Hamburg, in Ansehung der Reinlichkeit, schönen Ordnung, guten Öonomie etc, als Muster aufgestellt zu werden verdienen: so hat der Kaiser den verdienstvollen Etatsrat Voght nach Wien berufen, um nach dessen Rat die Wienerischen Versorgungshäuser und Armenanstalten in einen vollkommnern Zustand zu setzen.“

Herr Voght, einer unser schätzbarsten Mitbürger und eifrigsten Patrioten, einer der Stifter unsrer musterhaften Armenanstalten, hält sich diesem Rufe zufolge schon seit einiger Zeit in Wien auf. Zum wesentlichsten Nahrungsmittel für die dortigen Armen hat er die Rumfordsche Suppe vorgeschlagen, und solche in Gegenwart des Erzherzogs Carl und anderer Großen bereiten lassen. Der Kaiser hat eine eigne Hof-Kommission niedergesezt, welche ihm Pläne zur ganzlichen Umänderung und Verbesserung des Armenwesens vorlegen soll, und Herr Voght ist von Sr. Kaiserl. Majestät aufgefordert, seine über diese Gegenstände sowohl in Hamburg als auch auf seinen mannigfaltigen Reisen gesammelten Erfahrungen, Kenntnisse und Einsichten mitzuteilen, den Sitzungen dieser Kommission beizuwohnen, und ihr mit Rat und Tat an die Hand zu gehen. So verbreiten unsre Armem-Anstalten ihr wohltätiges Licht selbst über entfernte Gegenden und Nationen, und, wenn ich im Stande wäre, alle das Gute und Schöne, welches sie im Jahr 1801 bewirkt hat, im Einzeln meinen Lesern zu berechnen, so würde dies ein rührendes Gemälde der Menschenliebe und Biederherzigkeit sein, und zugleich zeigen, wie viel vereinte Kraft und Tätigkeit edler Menschen vermögen.

Unser Waisenhaus hat seinen bisherigen geschikten und rastlos thätigen Catecheten, Herrn Hübbe, verloren, welcher Prediger zu Allermöhe im Billwärder geworden ist. Er übte nicht allein die Pflichten seines Amtes gewissenhaft aus, sondern er suchte auch auf alle mögliche Weise den guten Schulunterricht in der Waisenhausschule zu erhalten und zu verbessern. Überdem ist er Einer der wärmsten Patrioten unsers Vaterlandes, und Einer der eifrigsten Mitarbeiter der patriotischen Gesellschaft an allem Guten, Edeln und Schönen. So nützlich er auch seiner guten Landgemeine werden und sein wird: so ist es doch sehr zu bedauern, dass ein Mann von seiner regen Tätigkeit und Vaterlandsliebe nicht in einem größern Wirkungskreise geblieben ist. Das Waisenhaus würde sehr wohl tun, künftig seinen Catecheten so zu besolden, dass er nicht nötig hätte, sich nach einer andern Versorgung umzusehen.

In dem Krankenhause für weibliche Dienstboten, welches durch die vier hiesigen Freimaurer-Logen im Jahr 1795 gestiftet worden ist, befanden sich am Ende des Septembers 1800 noch 5 Kranke; vom 1sten Oktober 1800 bis zum letzten September 1801 wurden 73 Kranke aufgenommen. Von diesen sind in der angegebenen Zeit 65 gesund entlassen; 5 gestorben; 1 von den auswärtigen Eltern abgeholt; 1 einer andern Pflege übergeben. Es befanden sich also am Schluss des Septembers noch sechs Kranke in dieser menschenfreundlichen Anstalt.

Auf dem Krankenhofe sind vom 22sten Dezember 1800 bis den 28sten Dezember 1801 563 aufgenommen; 321 gesund entlassen, und 262 gestorben.

Unter dem vielen Guten, was die hiesige Patriotische Gesellschaft, welche mit rastloser Tätigkeit für das Wohl ihrer Mitbürger und der Menschheit beschäftigt ist, im vorigen Jahre gestiftet hat, verdient die Erweiterung der Anstalt zur Rettung Ertrunkener ganz vorzüglich bemerkt zu werden. Diese Anstalt wurde im Jahr 1763 gestiftet. Der verdienstvolle Doktor Schutt hat die Aufsicht über diese Rettungsanstalt für Ertrunkene und Erstickte resigniert, und an seine Stelle ist der durch sein vortrefliches Werk: „Versuch einer physisch-medizinischen Beschreibung von Hamburg“ auch im Auslande rühmlichst bekannte Doktor Rambach, Sohn unsers würdigen Seniors Rambach, von der Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe den 31sten Dezember wieder erwählt worden.

Gestorben sind vom 22sten Dezember 1800 bis den 28sten Dezember des abgewichenen Jahrs 3857; geboren, 3821. Die größere Mortalität in diesem Zeitranm beträgt also nur 36. Luft und Witterung, so veränderlich und so sehr verschrieen diese auch immer sein mag, sind sicher nicht an der größeren Mortalitat in Hamburg Schuld. Unter den Gestorbenen befinden sich sehr viele, besonders Frauen, welche ihr Alter weit über achtzig Jahre gebracht haben. Auch fehlt es nicht an Hilfe geschickter Ärzte. Aber man schaudert, wenn man unter den Toten 284 totgeborne Kinder erblikt. Bei der St. Gertrudenkirche wurden die mehrsten dieser Fehlgeburten angegeben. Die Unwissenheit und Ungeschicklichkeit unserer Hebammen, ist groß sie auch immer sein mögen, und so sehr es an Unterricht für sie fehlt, ist doch wohl nicht alkein Schuld an dem Morde, der bei vielen dieser Kinder vielleicht erweislich sein möchte. Die mehrsten Totgebornen fallen im Mittelstande, unter den sogenannten kleinen Leuten, und unter den Unehelichen. Die gar zu häufigen Tanzboden tragen viel zu diesem Kindermorde bei; man sieht daselbst hochschwangre Weiber Walzer und Hopsangloisen tanzen. Eine gut eingerichtete Hebammenanstatt, eine ernste Aufmerksamkeit der Polizei auf die Tanzboden, Wenn diese möglich wäre, würden sicher die Fehlgeburten, und folglich auch die größere Mortalität in Hamburg vermindern. Die entsetzlich vielen Pfuscher, welche hier öffentlich und insgeheim dem Totengräber in die Hände arbeiten, vermehren die Mortalität nicht wenig. Wer will und kann diese Zerstörer des menschlichen Geschlechts ausrotten? Zwar hat ehemals einer unsrer größten Männer, der Doktor und Professor Reimarus, das Heer der Afterärzte in Schuz genommen, und sie nicht allein entschuldigt, sondern auch ihre Nüzlichkeit zu zeigen versucht. Aber, was versucht nicht ein lebhafter, origineller Kopf? Dass sich eine große Anzahl von Fremden bei uns aufhält, dass diese zwar oft bei uns sterben, aber selten erzeugen, und dass dies unsre Sterblichkeit vermehrt, ist bekannt. Unter den Gebornen befinden sich 2.009 Knaben und 1.812 Mädchen; 395 Uneheliche, nemlich 197 Knaben und 198 Mädchen. Von dm unehelichen Kindern sind 17, also der 23 4/17 Teil von jüdischen Müttern geboren. Dies ist wenigstens kein Beweis für die Sittlichkeit des weiblichen Geschlechts unter den hiesigen Juden. Man nimmt die Anzahl aller hiesigen Juden auf 4.000, und die ganze Volksmenge der Stadt auf 112.000 an; die Juden würden daher den 28sten Teil der sämtlichen Einwohner ausmachen, und der 23 4/17ste Teil der Unehlichgebornen gereicht ihnen zum Nachteil. Dazu kommt noch, das der größte Teil der geschwächten Christendirnen aus Abenteurerinnen besteht, welche, durch den oft sehr übertriebenen Ruf von Hamburgs Reichtum und Überfluss angelokt, ihr Vaterland verlassen, und hier sehr oft, statt des geträumten Wollebens, Schande und Elend finden.

Unter den Gehornen befinden sich auch 22 Zwillingspaare; ein Beweis, dass unsre Ehen sehr fruchtbar sein können, wenn nicht physische und moralische Hindernisse die Fortpflanzung hemmten.

Proklamiert sind in dem angegebenen Zeiträume 1.191 Paar; ob sie aber auch alle kopuliert sind, getraue mich nicht zu behaupten.

Als neue Bürger sind 762 aufgenommen. Unter ihnen befinden sich etwa: 50 Kaufleute; 89 Kommissionäre, 141 Arbeitsleute; 43 Schneider; 20 Zuckerbäcker; 36 Kpitäne, Schiffer und andre Seefahrer; 10 Steuerleute; 13 Kutscher; 4 Teekrämer; 1 Comtoirist; 6 Schiffszimmerleute; 3 Musici; 2 Grobbäcker: 1 Steinzeughändler; 1 Loßbecker; 1 Handschuhmacher; 3 Töpfer; 1 Pfeifenkopfschneider; 4 Knopfmacher; 1 Wundarzt; 9 Tapezierer; 1 Küpermeister; 1 Sager; 1 Galanterie-Arbeiter; 2 Glätter; 3 Formschneider; 3 Gärtner; 12 Lohnbediente; 4 Schmiede; 4 Frisöre; 2 Korbmacher; 6 Matrosen; 9 Buchhalter; 2 Tischlermeister; 1 Riemermeister; 8 Weinküper; 1 Schneidermeister; 3 Instrumentenmacher, unter welchen ein chirurgischer; 9 Krüger; 1 Sattler; 1 Posenschraper; 2 Schlachter; 8 Kattundrucker; 6 Everführer; 3 Doktores Medicinä; 2 Doktores Juris; 1 Doktor der Philosophie; 1 Licentiat; 11 Wirte; 2 Torfschiffer; Buchbindergeselle; 5 Weinhändler; 16 Tischler; 2 Kornmesser; 5 Destillateure; 1 Weißbecker; 3 Notarien; 2 Leichterschiffer; 3 Schaumkocher; 3 Pakker; 3 Krämer; 3 Fetthändler; 4 Fuhrleute; 2 Holzhändler; 1 Färber; 5 Buchdrucker; 15 Zimmerleute; 1 Bildhauer; 1 Conditor; 7 Maurergesellen; 2 holländische Krämer; 8 Schreiber; 1 Bader; 4 Zuckerfabrikanten; 3 Hausknechte; 7 Stuhlmacher: 1 Glasermeister; 7 Kleiderseller; 2 Mauermeisier; 1 Schustermeister; l Glasschleifer; 1 Lakenhändler; 22 Schuhflicker; 2 Gewürzkrämer; l Gesthändler; 2 Brenner; 4 Schlosser; 2 Quartiersleute; 1 Krahnzieher; 1 Kuhmilcher; 3 Teekrämer; 2 Gipser; 5 Kornträger; 10 Makler; 4 Saucischenmacher; 4 Uhrmacher; 1 Caffetier; 1 Drechsler; 1 Portraitmaler; 1 Buchbinder; 1 Milchhöker; l Baumseidenmacher-Geselle; 1 Gold- und Silberarbeiter; 1 Organist; 1 Cattunfabrikant; 1 Läufer; 1 Tabaksarbeiter; 1 Eisenhändler; 1 Puppenmacher; 3 Mahler; 2 Glaser; 1 Fruchtkrämer; 1 Bleicher; 1 Pfropfenschneider; 1 Lohgärber; 2 Mehlhöker; 1 Bürstenbinder; 1 Schirmmacher; 2 Bediente; 1 Hutstaffierer; 1 Mechanikus; 1 Apotheker; 1 Sprachmeister; 1 Türmer; 1 Kirchenknecht; 1 Zeichenmeister; 1 Amtsbarbier; 1 Malermeister; 1 Schauspieler; 1 Totengräber etc.

Über dieses Verzeichnis könnte ich sehr viele statistisch, moralische Betrachtungen anstellen; allein ich will meine Leser damit verschonen, und sie ihrem eigenen Nachdenken überlassen. Nur für meine auswärtigen Leser muss ich bemerken, dass sich nach unseren Gesetzen Keiner verheiraten darf, wenn er nicht zuvor Bürger geworden ist. Spötter sagen zwar, dies geschähe dem Ratskuchenbäcker und dem Drillmeister zu gefallen: allein der aufmerksame Beobachter wird finden, dass dies Gesetz für unseren Staat weise und notwendig, und noch nicht einmal hinlänglich ist, allen unbesonnenen Ehen vorzubeugen. Unter den angegebenen Gewerkern sind die mehrsten nicht Meister geworden, und viele gar nicht einmal zünftig.

Bei dem Verluste, welchen unser kleine Staat an sehr geschätzten Mitbürgern im vorigen Jahre erlitten hat, beklagen wir auch vorzüglich den Herrn von Drateln, einen der größten Rechner seiner Zeit und eins der tätigsten Mitglieder der patriotischen Gesellschaft, welcher den Ruhm der Tätigkeit, Rechtschaffenheir und Menschenliebe zurücklässt.

In Rüksicht der Manufakturen und Fabriken darf ich nicht übergehen, dass Herr Georg Christoph Hansen seine Maschinen-Baumwoll-Spinnerei in Harn bei Hamburg, welche die Einzige ihrer Art in Deutschland sein soll, in der Mitte des Jahrs glüklich zu Stande gebracht hat. Mit einer ausführlichen Geschichte und Beschreibung derselben beginnt das erste Stück der diesjährigen hamburgischen Adress-Comtoir-Nachrichten. Schon das Gebäude gereicht dem hamburgischen Gebiete zur Zierde, und der Nutzen dieser Fabrik wird von ausgebreitetem Umfange sein. Das Fabrikenwesen war der Grundstein der Macht und des Ansehens der ehemaligen Hansa, und nur durch dieses kann ein Handelsstaat unerschütterlich in seiner Größe bleiben. Nicht Englands Handel allein, sondern ganz vorzüglich Englands Fabriken haben ihm die Oberherrschaft auf dem Meere und dem Alleinhandel beinahe in der ganzen Welt verschafft. Möchte ich bei einem künftigen Rückblick auf die Vergangenheit doch so glüklich sein, reichhaltigen Stof zu dieser Rubrik vorzufinden! Über den jetzigen Zustand unsers Fabrikwesens hoffe ich bald bei einer andern Gelegenheit möglichst vollständige Nachrichten geben zu können.

Die Skizzirung der Moden- und Sittengeschichte dieses merkwürdigen Jahrs überlasse ich einem geschickteren Zeichner. Im Ganzen genommen, ist sie mehr oder weniger die Geschichte aller großen Städte; ewige Abwechselung der ersteren und immer größere Nachsicht bei den letzteren. Der Dämon des Schauspiels verdrängt die übrigen Dämonen immer mehr, nur nicht den Dämon des Spiels, welcher sein Reich, trotz seinem mächtigen Gegner, immer weiter ausbreitet, und vielleicht auch einst den Dämon des Schauspiels verjagt, wenn er nicht zulässt, dass Pharaobänke in seinem Tempel aufgeschlagen werden. Sehr zu bedauern ist es, dass die schändlichen Hazardspiele jezt auch unter der mittlern Klasse unserer Bürger überhand nehmen, und dereinstige Familien-Zerrüttungen mutmaßen lassen, wie sie der aufmerksame Beobachter in der höchst unglüklichen Periode der Lottowut wahrnehmen konnte.

Die sehr große Teurung, welche 1800 und im Anfange des 1801sten Jahres bei uns herrschte, hat, Dank sei es der Vorsehung! in der Mitte desselben abgenommen. Ein Zug Heeringe, welcher seinen ehemals gewohnten Weg in die Elbe seit einigen Jahren wieder gefunden hat, gewährte uns auch im vorigen Jahre eine reichliche Ausbeute, und trug nicht wenig dazu bei, die Lebensmittel mannigfaltiger und wohlfeiler zu machen. Auch der Kornpreis, nach welchem sich gewöhnlich der Preis der übrigen Notwendigkeiten richtet, ist gefallen. Um beurteilen zu können, wieviel, will ich den Preis der Haupt-Getreidearten im Anfange und am Ende des Jahres hersetzen.

Eine Last Weizen kostete den 16.01. 270-280 Rthlr. und den 11.12. 175 Rthlr.
Eine Last Roggen kostete den 16.01. 190-192 Rthlr. und den 11.12. 155-140 Rthlr.
Eine Last Erbsen kostete den 16.01. 200-212 Rthlr. und den 11.12. 120-125 Rthlr.

Unser grobes Brod ist auch wohlfeiler geworden; allein unsere Rundstücke sind noch nicht merklich größer.

Schließlich bitte ich meine Leser, diese Skizze nur als einen unvollkommenen Versuch anzusehen, und ihn als solchen gütig aufzunehmen. Wird es mir künftiges Jahr vergönnt sein, wieder mit ihnen in die Vergangenheit zu blicken: so hoffe ich etwas Vollkommneres zu liefern.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburg und Altona - Band 2 Heft 5