Bauten und Sammlungen

Da die Fürsten keine übermächtige Stellung besessen haben, sind andere historische Bauten als Kirchen und Rathäuser auf dem ganzen Gebiete sehr selten. Charakteristischer Weise wirken diese Gebäude und die Bauernhöfe monumentaler, als selbst die Schlösser und Patrizierhäuser. Alten Kunstbesitz hat außer der Kirche und einzelnen Rathäusern nur der Schweriner Hof in unser Jahrhundert gerettet. Kirchen, Rat- und Bauernhäuser waren die wesentlichen Quellen, aus denen die an allen Orten errichteten historischen Sammlungen und Gewerbemuseen, die man wohl schon unter einer Rubrik aufzählen darf, Denkmäler einheimischer Kunst und Kultur schöpfen konnten. Was der Adel, was die Patrizier bewahrt hatten, war meist nur ein kostbares Einzelstück. Ihr einst sehr reicher Besitz an Gemälden, Kunstsachen und Hausrat ist zerstreut.

In Schwerin bildet denn auch die Großherzogliche Sammlung die Grundlage der Staatsmuseen, vor allem die wichtige Gemäldegalerie, an alten Meistern die hervorragendste im Nordwest. Die Oldenburger Galerie alter Meister ist jung, erst seit Anfang dieses Jahrhunderts ausgebildet, aber sie enthält eine Anzahl ausgezeichneter Gemälde. Noch jünger ist die Galerie alter Meister in der Hamburger Kunsthalle. Sie ist aus den letzten Resten des einst unermesslichen Privatbesitzes an alten, namentlich holländischen Meistern zusammen geflossen. Die ansehnliche Sammlung Hamburgischer Meister seit dem fünfzehnten Jahrhundert ist erst vor einigen Jahren gegründet worden. Kleinere Sammlungen alter Meister werden noch in den Museen von Bremen und Lübeck und in der Universität zu Kiel aufbewahrt Lübeck besitzt in seinen alten Kirchen eine hochbedeutende Sammlung von Bildern des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts, und überall finden sich in den Kirchen einzelne wichtige Kunstwerke.


Privatsammlungen alter Meister sind recht selten geworden. Manches steckt noch in den Mecklenburger Schlössern, Lübeck und Bremen haben noch einige Sammlungen aus älterer Zeit. In Hamburg sind die umfangreiche Galerie des Konsuls Weber und die Sammlung des verstorbenen Hauptpastors Glitza am bekanntesten.

Kupferstichkabinette von Bedeutung sind die zu Bremen — Kleinmeister, Handzeichnungen von Dürer — und Hamburg — alte Italiener, Deutsche, Holländer etc., Handzeichnungen aller Schulen, moderne Radierungen — .

Die Gewerbemuseen, unter denen das von Justus Brinckmann gegründete und geleitete in Hamburg einen Weltruf besitzt, finden sich fast überall in rationeller Weise mit den historischen Museen vereinigt Sammlungen kunstgewerblicher Gegenstände von erheblichem Wert dürften im Privatbesitz nur in Hamburg und Bremen vorhanden sein.

Für neuere Kunst ist bisher nur in den größeren Zentren etwas geschehen. Fast überall war naturgemäß die Sorge für die Erhaltung und das Verständnis der Reste alter Kunst der Ausgangspunkt, nur das unhistorisch fühlende Hamburg hat schon in den zwanziger Jahren mit der Pflege der lebenden Kunst eingesetzt. Es steht jetzt mit seiner Gemäldegalerie, seiner Skulpturensammlung, der modernen Abteilung seines Kupferstichkabinetts im Nordwest voran. In Oldenburg hat sich Großherzog Peter als ein feinsinniger Freund und Sammler lebender deutscher Meister bewährt; in Schwerin ist der Grund einer modernen Galerie gelegt, ebenso in Bremen, Lübeck und Kiel. Privatgalerien lebender Meister muss man in Hamburg [Behrens, Amsinck, Pini, Berkefeld, Antoine-Feill, Weber, Freiherr von Westenholz, Dr. A. Wolffson, Kalkmann] und Bremen suchen. In Kiel besitzt Prof. Hänel eine kleine, aber höchst gewählte Sammlung lebender Meister. Die Freude an modernen Originalradierungen lebt eben wieder auf. Den bedeutendsten Sammler hat Bremen in Dr. H. H. Meier aufzuweisen. — Als Handzeichnungssammler hat sich Arnold Otto Meyer in Hamburg einen Namen gemacht durch die Umsicht und Einsicht, mit der er die deutschen Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts studiert hat Neben ihm ist A. Glüenstein zu nennen.

Museumsbauten sind in Bremen (am frühesten), Hamburg, Oldenburg, Schwerin, Kiel und Lübeck errichtet, jedesmal nach einem neuen und eigenartigen Plan, der weder von dem Berliner noch von dem Münchener Typus abhängig ist.

Die Gründer der öffentlichen Sammlungen sind entweder, wie in Mecklenburg und Oldenburg, die Fürsten oder, wie in Hamburg und Bremen, die Kunstvereine, hie und da auch historische Vereine oder, wie in Lübeck, die Gemeinnützige Gesellschaft. In Kiel pflegt die Universität die Sammlungsinteressen. Wenig haben die Staaten und Städte bisher aus öffentlichen Mitteln zu tun gefunden. Nur in Hamburg sorgt der Staat für die Ausbildung des Museums für Kunst und Gewerbe und des Kupferstichkabinetts der Kunsthalle.

So weit die Sammlungen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburg Niedersachsen – Städtestudien