Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein in Altona

Bei der Lage unserer Stadt zwischen zwei Meeren, in einem Küstenlande, wo das schlechte Wetter die Regel, beständige, schöne Witterung die Ausnahme bildet, ist das Pfingstfest, wenn es in den Mai fällt, selten ein „liebliches“ zu nennen. Diesmal jedoch sah der Himmel gnädig, wenn auch nicht tiefblau, auf uns herab. Wir hatten klares, warmes Sommerwetter, das nur der gar zu lebhafte Ostwind und der viele Staub etwas beeinträchtigten. Das Publikum indes ließ sich dadurch nicht abhalten, altem Herkommen gemäß die schönen Feiertage im Freien zu genießen. Zu allen Toren hinaus wallfahrteten Tausende über Tausende, und sehr viele von ihnen führte erst die tiefe Nacht, darunter eine Menge des nichtheiligen Geistes voll, in ihre dumpfen Wohnungen wieder zurück. Weniger Vergnügungssüchtigen brachte der erste Pfingsttag eine Überraschung, die niemand geahnt hatte, und die gerade deshalb dazu angetan war, der Bevölkerung in Bezug aus ihren Patriotismus den Puls zu fühlen. Der Kronprinz von Preußen, vom Kriegsschauplatz im Norden hierher kommend, um seine Gemahlin wieder zu sehen und, wie es anfänglich hieß, sie auch nach Schleswig zu geleiten, verweilte ein paar Tage in unsern Mauern. Vielleicht gerade deshalb, weil der Besuch der Kronprinzessin in Schleswig-Holstein aus politischen Rücksichten unterblieb, lud sich der ritterliche Herr, welcher berufen ist, dereinst den preußischen Thron zu besteigen, seinen langjährigen Freund, Herzog Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein, hierher ein. Man kann das auch eine Demonstration nennen, die nicht ohne alle Bedeutung sein dürfte. Die hohen Herrschaften ritten mit einander aus und gingen Arm in Arm am Jungfernstieg spazieren. Kaum aber war es in Altona bekannt geworden, dass der Herzog in Hamburg sei, als man den Fürsten bat, die größte Stadt der beiden Herzogtümer durch seinen Besuch zu beehren. Dieser Einladung gab der Herzog Folge. Unter ungeheueren, Volksjubel hielt Friedrich VIII. am ersten Pfingstfeiertage Nachmittags zwischen vier und fünf Uhr seinen Einzug in Altona. So schnell es sich in aller Kürze hatte tun lassen, waren die Stadt und besonders die Straßen, welche der Herzog in einem einfachen Wagen durchfuhr, festlich geschmückt. Unmittelbar nach dem Einzuge des Fürsten defilierten die Gewerke etc. mit zahllosen Fahnen, begleitet von vielen Musikchören, vor der Wohnung desselben. Später war Festdiner, wobei interessante Trinksprüche ausgebracht wurden, und Abends strahlte die Stadt im Brillantfeuer der schönsten Illumination. Tags daraus unterhielt sich der Herzog in offener Audienz mit Personen der verschiedensten Stände, die ihn zu sprechen und etwaige Mitteilungen zu machen wünschten. Alle waren entzückt von dessen Geradheit und Leutseligkeit, Eigenschaften, welche ihm das Herz aller Schleswig-Holsteiner für immer gewinnen müssen. Zu Anfang Juni gedenkt der Herzog Norder-Dithmarschen zu besuchen, wohin er durch eine besondere Deputation eingeladen ist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburg, Juni. 1864