Haarschmuck der Frauen im alten Rom

Aus: Unterhaltungen am häuslichen Herd. Neue Folge. Band 4
Autor: Asmus, Heinrich (?), Erscheinungsjahr: 1859
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Frauen, Römerin, Römerinnen, Haarschmuck, Haartracht, Haarmode, Frisur, Haarkünstler
Wie wunderbar doch die Mode in ihren Launen wechselt!
Wenn heutzutage eine Dame mit hellblonden Haaren übermäßig begabt ist, so werden alle Künste angewandt und Pomaden und Salben verschrieben, um diese verhasste Farbe wegzubringen. Bei den Römerinnen war das Gegenteil einst der Fall: das dunkelste Haar musste feuerrot werden.

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Das Mittel, diese Umwandelung zu beschaffen, war vorzugsweise eine kaustische Seife, deren Bereitung uns teilweise Plinius mitteilt und die so empfindlich für die Haut gewesen sein soll, dass diejenigen Körperteile, welche damit berieben wurden, aufschwollen. Jedoch scheinen die Römerinnen, nach einem Fragment des Cato, die beizende Kraft der heißen Asche zur Färbung der Haare benutzt zu haben, und wenn wir dem alten kosmetischen Arzte Theophanes Glauben schenken wollen, so haben sie sogar das Geheimnis besessen, selbst die Sonnenstrahlen zur Färbung ihrer Haare zu benutzen.

Ehe diese Salbe aufgetragen wurde, musste das Haar mit Laugenwasser wohl gewaschen und, von der Sonne wieder getrocknet, mit gelbem Puder bestrichen werden. Erst dann legten die Sklavinnen die Brenneisen an, um das Haar in künstliche, gefällige Locken zu ringeln, und legten den ganzen Haarwulst in eine Art Haube, calantica genannt, die nach Martial aus einer Blase bestand; oder man steckte die Haare in eine Netzhemde, wie Lucian will. Wenigstens gab es ein eigenes Sklavengewerbe, solche redesillas zu knüpfen. Das Eisen, womit die Locken gekräuselt wurden, hieß calamistrum, und die Sklavinnen, welche dies wichtige Geschäft zu besorgen hatten, nannte man Aschenbläserinnen. Horaz lässt sie ausdrücklich immer im Gefolge der vornehmen Römerinnen auftreten. Waren alle Vorkehrungen entsprechend ausgefallen, so spritzten die Mädchen mit einer für uns gänzlich verloren gegangenen Kunstfertigkeit die Salben aus dem Munde in dem feinsten Staubregen auf die Haare der Herrin. So erzählt uns Cicero in seinen Briefen und der boshafte Martial nun gar nennt eine gesalbte Römerin eine „wandernde Parfümeurboutique“.

Kommst du, so scheint der Salbenkrämer Kosmus zu komme
Und ein zerbrechliches Glas Zimmetöl verschüttet zu sei.
Fremder köstlicher Tand, o Gallia, macht dich nicht reizend!
Will ich es haben, so riecht ebenso köstlich mein Hund.

Allein die verschwenderischen Römerinnen kehrten sich nicht an den Satiriker und trieben mit diesen Salben einen Luxus, der übermäßig große Summen verschlang. Der spottende Lucian kann daher nicht umhin, wenn auch mit absichtlicher Übertreibung, auszurufen: „Sie verschwenden in dieser Salbe das ganze Vermögen ihrer Männer und lassen uns das ganze Glückliche Arabien aus ihren Haaren entgegenduften.“ Crito, der Arzt der Kaiserin Plotina, gibt in seiner Kosmetik nicht weniger als 25 Arten Salben und Essenzen an, welche die Römerinnen bei ihrer Toilette benutzten. Die vorzüglichsten dieser Salbenöle, und auch die teuersten, wurden aus indischen Substanzen, aus der Wurzel eines Strauchs, Costum genannt, und aus dem Blatte der Spickenarde bereitet, was auch schon ihre Benennungen andeuten; das erste hieß radix (Wurzel), das andere folium (Blatt), Die Salbenhändler waren daher meist vermögende Leute, namentlich die antiochischen und alexandrinischen, deren Erfindungsgeist diesen Artikel des Luxus ins Unglaubliche vervielfältigte und verteuerte.

War das Werk nach unendlichen Mühen gelungen, prangte selbst Aurora nicht in goldenerem Haar, so rief die Schar der dienenden Mädchen wie verabredet im Chorus: „O wie rot!" — und die Herrin, um sich zu überzeugen, ließ sich den Spiegel reichen. Lächelte sie zufrieden, so trat eine andere Sklavin vor und vertrat das Hauptgeschäft bei der Toilette: sie legte die Haare in zierliche Flechten und ordnete sie dann in einen Wulst über dem Scheitel so geschickt zusammen, dass ein tadelloser Haarputz daraus entstand, der mit dem Namen Schleife (nodus) belegt wurde, aber in seiner Form unendlich verschieden war, wie wir uns aus antiken Abbildungen leicht überzeugen können. Dem ganzen Flechten- und Zopfgewinde gab sie Halt durch eine einzige Nadel, die sie durch den geflochtenen und kunstvoll über- und nebeneinander gelegten Haarbau sticht. Diese Nadel bezeichnet Winckelmann mit dem echt deutschen Namen „Nestnadel“, die Römer jedoch nannten sie acus discriminalis Diese Haarnadeln waren gemeiniglich höchst kunstvoll und bildnerisch ausgeführt. Es gab Nestnadeln mit Isisköpfen und Bildwerken von ungemein hohem Werte; doch selbstverständlich auch sehr einfache, die nichts Ausgezeichnetes hatten, nur dass sie aus Gold, Silber, Elfenbein oder Bronze gearbeitet waren. Wenn auch die Nadeln unserer Damen in Brillanten gefasst und durch kostbare Edelsteine überreich ausgeschmückt sind, so können sie sich doch schwerlich mit dem antiken Kunstgeschmack der Römerinnen messen. Es sind uns einige dieser Nadeln noch erhalten. „Unter den silbernen Nadeln, die ich gesehen“ — schreibt Winckelmann —, „sind vier besonders schön und groß gearbeitet. Die größte, an 8 Zoll lang, hat statt des Knopfes ein korinthisches Kapital, auf welchem Venus steht, die mit beiden Händen ihr Haar gefasst hat; neben ihr steht die Liebe und hält ihr einen runden Spiegel vor. Die silbernen Nestnadeln der Weiber auf dem Lande sind noch jetzt ebenso lang. Auf einer andern solchen Nadel, welche gleichfalls in ein korinthisches Capital endigt, umfassen sich Amor und Psyche. Eine andere aber hat zwei Brustbilder und an der kleinsten steht Venus und berührt mit der rechten Hand den aufgehobenen linken Fuß.“ Wie auf der eben erwähnten dritten Nadel einige Bilder angebracht sind, so fand Graf Caylus beim Nachgraben auf dem Hügel Pincio zu Rom eine elfenbeinerne, drei Zoll lange Nadel, deren Kopf in einer feingeschnitzten weiblichen Büste besteht. Auf andern Nadeln erblickt man ganze Figuren oder kleine Gruppen anmutsreich gearbeitet oder sie haben statt des Knopfes das Bild einer Göttin, die mit der einen Hand ein Füllhorn trägt und mit der andern einen Delphin ergreift. Diese Nestnadeln waren zuweilen hohl und enthielten wohl gar Gift, wie wir aus Tacitus entnehmen;
und die Sage erzählt, dass sich Kleopatra mit solcher Nadel vergiftete.

Saß die verhängnisvolle Nadel regelrecht, dann vollendete eine dritte Sklavin das Werk. Diese war eine ausgelernte Haarkünstlerin und hatte die ganze Theorie des Haarputzes zunftmäßig, wie die römischen Gesetze ausdrücklich vorschrieben, drei Monate lang erlernt; eine, die nur zwei Monate lang gelernt, wurde noch nicht für eine Künstlerin gehalten. Sie legte der Dame das Diadem oder, wie Isidor will, den Nimbus an. Sei dem wie ihm wolle, wir wollen über den Namen nichts weiter verlieren, sondern dafür gleich bemerken, dass sie der Dame eine goldene Stirnplatte mit einem Kettchen um den Kopf legte und somit den Haarputz zu Ende bringt.

Aber der kleinen, einfachen und unscheinbaren Gerätschaften, womit die Sklavinnen den Locken- und Flechtenbau ihrer Herrin vollbrachten, müssen wir doch kurz gedenken. Dass die Römerinnen schon Kämme kannten, die meistenteils aus poliertem Buxbaum oder Elfenbein und nicht selten in der Mitte mit eingegrabenen Bildwerken geziert waren, ist längst durch römische Dichter bewiesen; aber von Puderbeuteln und Puderquasten u. s. w. wussten die alten heidnischen Haarschmückerinnen schwerlich das Geringste; sie kannten nur ein kleines rundes Eisen mit einem Griff, das sie zum Kräuseln der Haarlocken aber meisterhaft zu handhaben wussten. In den älteren, prachtlosen Zeiten Roms bestand die gewöhnlichste Haartracht in einem bloßen Aufrollen der zusammengeschlungenen Haare, die von der Mitte der Stirn in einer Art von Wulst um den Kopf herumliefen und mit einem schmalen Bande zusammengehalten wurden, wie es uns aus antiken Frauenköpfen sichtbar wird.

Schon Ovid bemerkt in seiner „Kunst zu lieben“, dass es ihm leichter sein würde, die Eicheln auf einer großen Eiche zu zählen, als die verschiedenen wandelbaren Haartrachten der Römerinnen zu beschreiben; aber dennoch zählt er acht verschiedene Arten des Haarputzes auf, aus denen man erfährt, dass die Römerinnen auch à la guitarre oder mit zwei Hörnern frisiert einhergingen. Überdies empfiehlt er den Damen, die ein längliches Gesicht haben, die Haare über der Stirn glatt auf beiden Seiten herunter zu kämmen und dagegen die Haare in dichten Locken über die Ohren zu lassen. Denen, die ein rundes Gesicht haben, gibt er den Rat, oberhalb der Stirn eine kleine Schleife emporsteigen zu lassen, welche die Ohren nicht bedeckt. Und unrecht hat der Dichter keineswegs!

Aber so mannigfach auch die Haartrachten der römischen Damen gewesen sein mögen, so lassen sich doch alle in zwei Hauptarten bringen: einmal waren es wirkliche, mit einem Brenneisen gekräuselte Locken, die mit einem goldenen oder mit Perlen geschmückten Bande von den übrigen glattgekämmten Haaren getrennt waren und einen äußerst geschmackvollen Haarschmuck bildeten, oder man flocht die Haare in mehrere Flechten und Zöpfe, welche erst in einem vielfachen, dann in einem sich immer wieder begegnenden Kreise übereinander gewunden und endlich in der Mitte, über dem Scheitel, mit einer Schmucknadel festgehalten wurden. Es ist freilich noch von einer dritten Art Frisur die Rede, deren schon Juvenal und Martial gedenken und die darin bestand, vom herum Locken, hinten aber Flechten und Zöpfe zu tragen, die wir aber für ein Gemisch beider halten. Als Tonangeberinnen der herrschendsten Moden des Haarputzes dürften die Vestalinnen und dann die Gemahlinnen und Geliebten der Kaiser anzusehen sein, wie sich noch jetzt auf alten Münzen eine Poppäa von einer Plotina, eine Faustina von einer Soämias an dem Haarschmuck leicht unterscheiden lässt. Dass aber die Haarmoden ungemein schnell gewechselt haben müssen, lässt sich allein schon aus dem Umstände schließen, dass die Bildsäulen römischer Kaiserinnen so eingerichtet waren, dass man den in Marmor gehauenen Haarschmuck abnehmen und einen andern an dessen Stelle setzen konnte.

Doch nicht immer wurde die beschriebene Haarprozedur vorgenommen. Andere Römerinnen, deren Haar gar zu widerspenstig, schwarz oder braun war, schnitten es ohne Barmherzigkeit ab und legten sich eine blonde Perücke an, die sie beim Herkulestempel von den Modehändlerinnen jeden Augenblick fertig kaufen konnten. Freilich mussten die Perückenträgerinnen bitteren Spott der Dichter ertragen, die den Betrug öffentlich missbilligten und tadelten; das aber fruchtete wenig und bald blühte ein ergiebiger Galanteriehandel mit Zöpfen, Haarflechten und Perücken in hellroter oder gelber Farbe, die sich die römischen Modeangeberinnen ungemein künstlich einzusetzen wussten und die ihren Köpfen den wunderlichsten Ausdruck gaben.

Unbekannte Römerin 1

Unbekannte Römerin 1

Unbekannte Römerin 4

Unbekannte Römerin 4

Unbekannte Römerin 3

Unbekannte Römerin 3

Unbekannte Römerin 2

Unbekannte Römerin 2

Agrippina

Agrippina

Livia

Livia