Abschnitt 7

Dieses Patent wurde nach Genf gesandt in der Annahme, daß Usedom noch dort anwesend sei. Indessen erfuhr der Herzog, daß Usedom inzwischen abgereist sei, und befürchtete, er werde seinen Weg nach Mecklenburg genommen haben. Damit nun ein dem Herzog unerwünschtes Zusammentreffen mit Usedom vermieden werde, ergingen strenge Befehle an die Hofdienerschaft sowohl in Ludwigslust als auch in Schwerin, ihn, wenn er eintreffen sollte, in keinem Falle in das Schloß zu lassen. Indessen hat Usedom den Boden Mecklenburgs nicht wieder betreten, sondern er ließ sich in seiner pommerschen Heimat nieder. Seinem Verlöbnis mit Fräulein Diodati ist, wie erwähnt, die Eheschließung nicht gefolgt; er heiratete später die geschiedene Elenonore v. Platen, geb. v. Platen, eine Tochter des Gottlieb Ernst v. Platen auf Velgast; die Ehe blieb kinderlos. Gestorben ist Usedom in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar 1821 im 83. Lebensjahr, wie der Schwestersohn des Verstorbenen, der Regierungsrat M. v. Boltenstern, dem Großherzog Friedrich Franz meldete; in seinem Kondolenzschreiben versicherte der Großherzog: „Sein Andenken wird mir unvergeßlich seyn wie auch meine Dankbarkeit für alles Gute was er mir in meiner Jugend erwiesen ihm bis ins Grab folgen.“

Die Stelle eines Hofmeisters des Prinzen wieder zu besetzen hielt Herzog Friedrich nicht für erforderlich; er wollte, was für die Erziehung und Ausbildung seines Neffen noch zu tun war, selbst überwachen und sich dabei nur der Unterstützung Glöcklers bedienen, auf den er große Stücke hielt und in dem wir vielleicht denjenigen sehen dürfen, der die Berichte über Usedoms Verfehlungen nach Ludwigslust gelangen ließ. Um so unerwünschter war es ihm daher, daß Glöckler im März 1773 seinen Abschied erbat, da er in seine Heimat zurückzukehren beabsichtige. Doch wollte er, wie er auch aussprach, Glöcklers Glück nicht im Wege stehen, gewährte ihm seine Bitte und befahl, daß die Entlassungsurkunde „etwas mehr extendiret und darin die Zufriedenheit über seine Geschicklichkeit, unermüdeten Fleiß und Treue bezeuget werde“. Doch muß Glöckler, wenngleich seiner Stellung als Informator enthoben, doch mit irgendwelchen Funktionen am Hofe festgehalten worden sein; im Frühjahr 1775 erhielt er die Berufung zum Pastor in Boizenburg und bat im April um ein Abschiedsgeschenk von 300 Louisd’or. Der Herzog verlangte vom Geheimenrats-Kollegium ein schriftliches Gutachten darüber und die Geheimräte gaben die Erklärung ab, „daß ihnen nie eine so sonderbare und unbescheidene Forderung vorgekommen sei“. Glöckler aber wiederholte seine Bitte beim Herzog im Mai und behauptete, inzwischen in Schwerin mit den Ministern darüber gesprochen zu haben, worauf ein Pro Memoria nach Schwerin erging, Serenissimus erwarte die Anzeige, „was Ew. Excellence mit demselben eigentlich verabredet hätten“. Die Geheimen Räte antworteten am 7. Juni: „Was Unterzeichnete mit dem Magister Glöckler, wie solcher sich daraus in dem ihnen gnädigst communicirten und hiebey zurückkommenden Pro Memoria berufen hat, gesprochen, bestehet darin, daß sie ihm, da er bald von einem Abschieds-Geschenk und von dem ihm angeblich gnädigst zugedachten Praedicat eines Kirchen-Raths, bald aber hingegen von seiner vermeynten Forderung sprach, mit aller möglichsten Aufrichtigkeit geantwortet haben: „wasmaaßen ein Abschieds-Geschenk zwar eine bloße Gnaden-Sache wäre, die sie niemahls zu mißgönnen noch zu wiederrathen pflegeten, und daß wenn dieserhalb oder wegen des ihm, seiner Anzeige nach, gnädigst zugedachten Praedicats, der höchste Befehl zur Besorgung einer Expedition an sie gelangen solle, sie an dessen ungesäumter tiefschuldigster Befolgung nicht ermangeln würden. Aber daß seine wer weiß auf wie viele hundert Rthlr. formirete vermeynte Forderung die einzige in ihrer Art wäre, die ihnen je vorgekommen, und daß sie ihm wohlmeynend riethen, derselben weiter gar nicht zu gedenken.“ Damahls schien er dieses gar nicht annehmen, sondern seine vermeynte Forderung durchaus geltend machen zu wollen. Jetzo aber sehen Unterschriebene doch aus dem hieneben zurück erfolgenden Supplicato, daß er darin der Forderung eben nicht, sondern nur bloß eines Abschieds-Geschenkes erwähnet.“ Es werden dann zwischen dem Herzog und Glöckler noch weitere Verhandlungen stattgefunden haben und Glöckler hat vermutlich seine Ansprüche auf Tatsachen, die wir nicht kennen, hinreichend fest gestützt, - genug, am 1. September erging ad Regimen ein Pro Memoria: „Serenissimus verhalten Ew. Excellence auf das P. M. vom 7. Junij a. c. die von dem Magistro Glöckler gemachte Forderung für gehabte außerordentliche Arbeiten betreffend, gnädigst nicht: Daß derselbe zu verschiedenen mahlen recht dringend um die Auszahlung seiner vermeintlichen Forderung von 300 Stück Louisd’or angefraget und dabey versichert hat, daß ihm die Bezahlung der gehabten außerordentlichen Arbeiten von dem vormaligen Hof-Meister von Usedom wäre versprochen worden. HöchstDieselben glauben daher, daß von der Auszahlung dieser Forderung wohl schwerlich, und ohne viele Weitläuftigkeiten nicht abzukommen sey. Da nun beregter Magister Glöckler die vorgedachte Forderung bis zu 1/m Rthlr. heruntergelaßen und die Boitzenburgische Vocation nicht ehender annehmen, noch von hier abreisen will, bevor ihm sothane Summe, unter dem Namen eines AbschiedsGeschenkes, ausgezahlet worden, so wünschen S mus , daß derselbe, je eher, je lieber abgefunden werden mögte und erwarten deshalb Ew. Excellence Erachten, aus welchem Fond mehrgedachte Forderung zu zahlen sey.“ Die Geheimen Räte wußten keinen anderen Rat, als daß dem Magister Glöckler eine herzogliche zinsbare Obligation gegeben werde und er sich am Empfang der Zinsen genügen lasse. Glöckler scheint aber des Kapitals dringend bedürftig gewesen zu sein, und wirklich wurden ihm „bey seiner jetzigen Entlassung von Unserem Hofe“ 200 Louisd’or gezahlt. Außerdem erhielt er den Titel Kirchenrat, wurde bald darauf Präpositus der Boizenburger Synode und wirkte als solcher bis 1778, wurde dann als Fidlers Nachfolger Superintendent in Doberan, starb aber dort schon 1779.


Glöcklers Nachfolger als Informator wurde 1773 Johann August Stöckhardt. Während seiner Dienstdauer wurde am 15. Mai 1774, dem Sonntage Exaudi, der Prinz durch den Hofprediger Konsistorialrat Martini konfirmiert und zwar in schlichter Weise, ohne Entfaltung höfischen Prunkes. Ein Kabinettsschreiben vom 11. Mai an den Geheimrats-Präsidenten Grafen v. Bassewitz setzte diesen davon in Kenntnis: „Am zunächst bevorstehenden Sontag werden der Printz Friedericn Frantz Durchl. confirmiret werden. Serenissimus haben mit den übrigen Durchl. Herschaften dieserhalb abgeredet, daß an solchem Tage kein Ceremoniel beobachtet, noch weniger dazu Fremde eingeladen werden solten. Da aber dem ohngeachtet einem jeden die Erlaubniß frey bleibet, obberegter Confirmation des Printzen Friedericn Frantz Durchl. nach eigenem Gefallen bey zu wohnen: So haben HöchstDieselben Ew. Excellence diesen Umstand hiedurch in Gnaden eröffenen wollen. Auch haben Serenissimus gnädigst gestattet, daß dem am Freytag morgen um 9 Uhr schon sich anfangenden Examen des Printzen Friederich Frantz Durchl. Einjeder willkührlich beywohnen könne.“

Der Prinz stand nun im 18. Lebensjahre, aber er scheint sich bis dahin sehr wenig in der Öffentlichkeit bewegt zu haben, sein Name wird nirgends genannt. Erst im Herbst dieses Jahres sehen wir ihn in einer wichtigen Funktion bei der am 11. Oktober mit all dem Pomp, über den der mecklenburgische Hof verfügt, per procuraturam vonzogenen Vermählung seiner Schwester, der Prinzeß Sophie Friderike, mit dem Erbprinzen Friedrich von Dänemark, 9) und zwar als Procurator, als Stellvertreter des Bräutigams. Als solchem überreichte ihm am Trauungstage der dänische Gesandte, Staatsminister v. Schack-Rathlow, „in Serenissimi Regnantis Zimmer die hohe Vollmacht des Herrn Bräutigams Königl. Hoheit“; bei dem Zuge zum Dom saß er in einem „Staatswagen mit 8 Pferden und wurde geführt von des regierenden Herrn Herzogs Durchlaucht“. Im Dom „begleiteten der Durchlauchtigste Herzog, durch eine doppelte Reihe der Noblesse, unter Vortretung der Marschälle mit den Stäben, den Durchlauchtigsten Herrn Procuratorem, Prinzen Friederich Franz, so wie die Durchlauchtigste Herzoginn der Prinzeßinn Braut Königliche Hoheit“. Nachdem dann alles seine Plätze eingenommen hatte, „ward von dem Hofprediger, Consistorial-Rath Martini . . . eine kurze Trau-Rede gehalten, und nachdem dabey durch den zur Verlesung des hohen Procuratorii bestimmten Geheimen-Cammer-Rath und Cammer-Herrn von Kamptz die Vollmacht öffentlich verlesen war, die Einsegnung beschaffet“. Bei dem dann folgenden Galadiner saß natürlich der Prinz neben seiner Schwester in der Mitte der Tafel.




9) S. die „Vollständige Beschreibung aller bei der hohen Vermählung des Durchlauchtigsten Erbprinzen Herrn Friederichs zu Dännemark K. H. mit der Durchlauchtigsten Prinzeßin und Frau Frau Sophia Friederica K. H. vorgefallenen Feyerlichkeiten“ (Schwerin 1774).