Abschnitt 4

Der in Genf zurückbleibende Usedom fühlte sich durch die Abberufung des Prinzen und das ganze Vorgehen des Herzogs beleidigt und reichte eine - nicht zu den Akten liegende - Beschwerdeschrift ein. Darauf erging an ihn unterm 21. Oktober ein Schreiben des Herzogs, in dem ihm eröffnet wurde, „daß Wir während des letzten halben Jahrs, in welchem dem Vernehmen nach die Liebe zu einer Diodatischen Tochter euch vorzüglich beschäftiget und eure dortige Lebens-Art größten Theils bestimmet hat, von eurem Benehmen in Absicht auf die euch anvertrauete Erziehung Unsers Neveu des Prinzen Friederich Franz Lbd. nicht allerdings vergnügt gewesen sind. So wie es Unsere Gewohnheit überhaupt nicht ist, Unserer vorherigen Zufriedenheit mit dem Betragen Unserer Bedienten um einer nachherigen temporairen Unzufriedenheit willen gänzlich zu vergessen, noch jemanden gerne auf eine ungnädige Art zu dimittiren, so sind Wir auch, da Wir den Prinzen von dort zurückberufen, euch hingegen, bey euren ohnehin angezeigten sehr schwachen Gesundheitsumständen, an dem Orte eurer jetzigen genauesten Verbindung zu bleiben erlaubet haben, von der geringsten Absicht, mit einiger Härte gegen euch zu verfahren, oder euch nur einmahl zur Untersuchung und Verantwortung [: welche sonst eure persönliche Anherokunft nothwendig würde erfordert haben :] ziehen zu lassen so entfernet gewesen, daß Uns nichts unerwarteter hätte seyn können, als dieserhalb eine Beschwerde von euch entgegen zu nehmen, die ihr, bey reiferer Überlegung selbst für voreilig werdet erkennen müssen. Unsere Entschließung, die Wir euch hiedurch gnädigst nicht verhalten, gehet bloß dahin, euch, bewandten . . . Umständen nach, zu dem Ende, damit ihr sowohl eurer Gesundheit pflegen, als auch die dort getroffene eheliche Verbindung . . . nach Gefallen vollziehen könnet, nach vorgängiger in Unseren Diensten durchgängig gewöhnlicher halbjährlichen Kündigung, der bisher bey des Prinzen Liebd. verwalteten Charge in Gnaden zu entlaßen. Wir sehen die Kündigung als euch in Termino Michaelis dieses Jahrs geschehen an, und werden euch nicht nur euer Bestallungsmäßiges Gehalt bis Ostern künftigen Jahrs zahlen laßen, sondern Wir erinnern Uns auch in Gnaden der euch in eurer Bestallung wegen eurer Lebenswierigen Pension ertheileten Versicherung, und werden Uns ohne Rücksicht auf die in solcher Bestallung zwar hinzugefügte ausdrückliche Clausul, dieserhalb gegen Ostern des künftigen Jahrs weiter solchergestalt erklären, als ihr es mit Recht und Billigkeit zu begehren vermöget. Inmittelst habt ihr, wie Wir hiedurch zur Bedingung machen, vor allen Dingen die noch rückständigen Rechnungen einzusenden, und, nach beschehener Revision, eine General-Decharge zu gewarten; dann auch die gewöhnliche Ablieferung der ganzen in euren Händen befindlichen Correspondence, so daß ihr davon weder Originalien noch Concepte und Copeyen zurück behalten zu haben, auf euren Official-Eid versichern könnet, gegen ein euch zu ertheilendes gänzliches Liberatorium zu beschaffen: und endlich wollen Wir, da Wir Unsern Theils die Versicherung, euch weiter keinerley Misvergnügen empfinden zu laßen, hiedurch wiederholen, Uns auch dessen, daß ihr eures Theils gleichfalls alles Misvergnügen gegen diejenigen, die Uns von euch und euren dortigen Umständen Nachrichten ertheilet haben, von nun an gänzlich fahren lasset, in Gnaden . . . zu euch versehen.“

Schon vor Erlaß dieses Kündigungsschreibens hatte der Herzog von zwei vornehmen Bewohnern Genfs, dem erwähnten Lord Stanhope und einem ancien sindic de la République de Genève namens Grenus, der angab, mit dem Prinzen in der ganzen Zeit von dessen Aufenthalt in Genf in Beziehung gestanden zu haben, Briefe erhalten, die sich Usedoms warm annahmen und besonders versicherten, daß an der Familie Diodati kein Makel hafte. Der Herzog hatte diesen Fürsprechern sehr höflich geantwortet, im übrigen die Frage nach der Schuld oder Unschuld Usedoms unerörtert gelassen. Sogar der Rat der Stadt Genf mischte stch in die Sache und trat für Diodati ein. Am 5. Oktober schrieben les Sindics et Conseil de Genève an den Herzog:


Très Haut et Sérénisseme Prince! La préférence flatteuse que V. A. S. avoit donnée à notre Ville en la choisissant pour perfectionner l’éducation du Prince son neveu et notre respect pour l’Auguste Nom qu’il porte, étoient de bien grands motifs pour nous y intéresser: Ses qualités personnelles ajoutoient encore à ces sentimens, et c’étoit avec la plus véritable satisfaction que nous étions les témoins des progrès sensibles de sa santé, de son esprit, et de sa raison sous un Gouverneur dont les soins, la tendresse, et la vigilance ont été remarquées généralement.

Nous espérons que V. A. S. a déjà pu s’en convaincre par ses yeux et nous ne douterions pas qu’Elle ne fut satisfaite à tous égards du séjour que le Prince de Mecklembourg a fait dans notre Ville si Mr. Diodati, Ministre de Notre Église et l’un de nos Citoïens, n’étoit venu nous exposer qu’il avoit lieu de croire que Mr. d’Usedom avoit encouru la disgrace de V. A S. pour avoir fait vivre pendant quelque temps le Prince dans la Maison de Campagne qu’il habite avec sa famille.

Mr. Diodati en même temps qu’il est venu nous en témoigner son étonnement et sa douleur, nous a priés de chercher à détruire l’effet des rapports calomnieux que des gens mal intentionnés ont fait, sans doute, à V. A. S. pour surprendre sa religion et allarmer sa tendresse pour un Prince qui la mérite à tant de titres.

Notre estime pour Mr. Diodati et votre amour pour la justice nous imposent également le devoir de vous faire entendre la vérité.

Nous ignorons ce qu’on peut avoir rapporté à V. A. S. au sujet de Mr. Diodati, mais ce que nous pouvons lui assurer après les informations les plus exactes, c’est, qu’étant issu d’une famille très noble et très ancienne qui tenoit un rang très considérable à Lucques d’où elle tire son origine et qui a figuré dans l’Ordre de Malthe et à la cour Impériale, il a toujours soutenu son nom avec honneur.

Cette famille retirée dans notre Ville par amour pour notre religion, s’est toujours distinguée dans l’État et dans l’Église, et Mr. Diodati a embrassé l’état du Ministère, qui est fort honoré parmi nous, uniquement pour le même motif. Il s’y est fait connoitre très avantageusement par son zêle, sa piété et ses talens, et en servant l’Église sans aucune récompense il a montré un désintéressement que sa fortune qui est très considérable lui permet, et qui est d’ailleurs dans son caractère.

Nous devons encore informer V. A. S. qu’il a épousé une de nos citoïennes issue d’une des familles les plus considérables de ce païs, et recommandable par ses vertus et par son attachement à ses devoirs. Nous savons anssi qu’ils se conduisent l’un à l’autre dans leur maison comme de bons pères de famille, cherchant à inspirer à leurs enfans le gout de la vertu par leurs leçons et par leur exemple.