Abschnitt 21

Die Reise der Neuvermählten von Gotha nach Schwerin ging über LangensaIza, Mühlhausen, Göttingen, Northeim, Seesen, Braunschweig, Gifhorn - dort zerbrach einer der Wagen, so daß eine Kammerjungfer, der Kammerdiener Wendt und der Sekretär Stöckhardt zurückbleiben mußten - und Ülzen nach Dömitz. An der Landesgrenze, in der Fähre bei Dömitz, wurde die Prinzessin durch einen Abgesandten des Herzogs, den Oberkammerjunker v. Klein, empfangen und bewillkommt, mit einer kleinen Husareneskorte unter dem Kommando des Rittmeisters Köpke nach Neustadt geleitet und dort bewirtet. In Neustadt wurde das Nachtquartier genommen. Am folgenden Tage, dem 10. Juni, einem Sonnabend, machte sich das junge fürstliche Paar auf den Weg nach Schwerin, „in etwas besseren als den Reiseequipagen von Neustadt abgeholt“ und bis zum Ortkrug von derselben Mannschaft wie Tags zuvor, von da ab von einer ganzen Escadron Husaren escortiert. Gegen Abend wurde Schwerin erreicht, „da dann der Zug durch die Vorstadt, Schmiede-Thor über den Markt durch die an beiden Seiten der Gaßen paradirende Bürgerschafft nach dem Schloße gehet“ - so heißt es im „Plan wie die Feyerlichkeiten des Einzugs bei der HeimFührung der Künftigen Gemalin des Durchl. Prinzen Friederich Frantz eingerichtet werden sollen“ und höchstwahrscheinlich auch wirklich eingerichtet worden sind. Bei der Ankunft sollte die Prinzessin unten an der Schloßtreppe von den Marschällen mit den Stäben, auch einigen Kavalieren und den Damen - ob die Damen bei dieser Gelegenheit en robes rondes oder en rohes de cour erscheinen sollten, war Gegenstand langer und ernsthafter Erwägungen gewesen, die mit dem Siege der robes rondes geendet hatten - empfangen und dann durch ihren Gemahl bis oben auf die Treppe geführt, dort vom Herzog und den übrigen fürstlichen Personen begrüßt und in die Zimmer der Herzogin geführt werden. „Nach einer Unterredung von höchstens einer kleinen Stunde und nachdem der NeuVermählten Prinzeßin Durchl. die Cavaliers durch den Herrn CammerJuncker von Rantzow, die Dames aber durch die Frau von Bucnwaldt vorgestellet worden, wird zur Tafel gegangen, und diese wie sonsten gewöhnlich in der Durchl. Herzogin Vorzimmer gehalten. . . Das Durchl. Ehepaar nimmt die ersteren Stellen bey der Tafel ein. Und werden nachher nach Ihren Zimmern gebracht.“ Diese Zimmer für den Prinzen und seine Gemahlin ausfindig zu machen und einzurichten, war nicht ganz leicht gewesen. Verschiedene dort wohnende Personen hatten ausquartiert und anderweitig untergebracht werden müssen. Auch die Prinzessin Ulrike war gebeten worden, ihre Zimmer zu räumen und andere zu beziehen, hatte sich aber geweigert es zu tun.

„Am Sonntage versammelen sich sämtliche Cavaliers in dem Vorzimmer der Durchl. Herzogin gegen die Zeit des Gottes-Dienstes, wohin auch das junge Durchl. Ehepaar durch einen großen Theil des Hofes geholet wird, gehen von da unter Vortretung der Marschälle nach der Schloßkirche. Serenissimus führen die NeuVermählte Prinzeßin, der Durchl. Prinz Friederich Frantz die Durchl. Herzogin, der Durchl. Prinz Ludewig Ihre Frau Gemahlin und die beiden Prinzeßinnen [Ulrike und Amalie] werden von Ihren Cavaliers geführet. Nach gehaltener Danck-Predigt“ des Hofpredigers und Konsistorialrats Martini „wird das Te Deum laudamus durch die Herzogl. Capelle angestimt und dabey die Canonen dreymal um das Schloß gelöset.“


„Nach der Predigt warten die Durchl. Herrschafften in den Zimmern der Durchl. Herzogin bis die Galla-Tafel in dem weissen Saal Serviret worden, dahin begeben Sie sich dann unter Vortretung der Marschälle mit den Stäben, das Durchl. junge Ehepaar wird durch Cammer-Herrn so wie auch Serenissimus und Serenissima Serviret, der Durchl. Prinz Ludwig wird durch einen Herzogl. CammerJuncker, die andern Herrschafften durch Ihre eigene Cavaliers bedienet. . . . An der Tafel wird ein Cammer-Juncker stehend vorlegen und der HofJuncker von Lowzow die Speisen herum tragen. Übrigens aber es in allen so gehalten werden, wie bey dergleichen Galla-Tafeln gebräuchlich ist.“

„Nach der Tafel wird in den so genanten Franzoischen Zimmern der Coffe getruncken und die Durchl. Herrschafften retiriren sich.“

„Gegen halb 6 Uhr finden sämtliche Stadt-Dames sich in den Zimmern der DurchL Herzogin en Robes de Cour ein, und machen von da nach einigem Verweilen der Durchl. Prinzeßin in den Franzoischen Zimmern die Aufwartung.“

„Nachher wird in dem weissen Saal ein Concert aufgeführt und Abends in dem Vorzimmer der Durchl. Herzogin an einer figurirten Tafel in bunter Reihe gespeiset.“

„Nach aufgehobener Tafel werden die junge Herrschaft nach Ihren Zimmern begleitet und dann wird alles Ceremoniel geendiget sein.“

Vielleicht hat einen Bestandteil des erwähnten Konzerts die Kantate gebildet, die, von einem Ungenannten gedichtet und von dem herzoglichen Kapellmeister Westenholz in Musik gesetzt, „bey der hohen Ankunft des zu Gotha vermählten Hohen Brautpaars zu Schwerin ausgeführt worden“. Den Einzugstag feierten außerdem mit Gedichten 24 namentlich „benannte Kaufleute der Herzogl. Residenzstadt Schwerin“, „die Schützenzunft der Neustadt Schwerin“ und endlich „die älteste und grosse Schwerinsche Schützenzunft“, deren poetische Gabe mit den erhabenen Versen schloß:

      Und seht! sie öffnen sich - der fernen Zukunft Thore
      Mit Aussicht, die kein Barde singen mag; -
      So reizend strahlt der Glanz der glühenden Aurore
      Verkündigend den schönsten Tag.
      Wir sehen sie entzückt, - und überströmt von Gnade
      Faß’t dieses Lied hier unser Herz nicht mehr -
      Prinz! - dies Gefühl fing’ Dir im Ton der Iliade,
      In höherem Ton einst ein Homer! -