Abschnitt 20

Den Tag der Vermählung durch etwas Außerordentliches zu feiern, hatten „die Alter-Leute und sämtliche Mitgenoßen der Älteren Schützenzunft“ lebhaft gewünscht. Die Schützenzünfte hatten unter Herzog Friedrich keine guten Tage. Er gestattete ihnen zwar das Scheibenschießen, aber eine seiner ersten Regierungshandlungen war gewesen, daß er in den Städten des Fürstentums Schwerin die Abhaltung der Schützenfeste mit ihrem feierlichen Aus- und Einmarsch und den an sie sich anschließenden Volksbelustigungen verbot, weil sie zu mannigfachen Ausschweifungen Veranlassung gäben. Gleichwohl hatte er - auf wessen Befürwortung hin erhellt nicht - am Vermählungstage der Prinzessin Sophie Friederike der Schweriner Schützenzunft einen Aufmarsch mit wehenden Fahnen gestattet und dadurch ihren alten Wunsch neu belebt, es möge der ehrwürdige Königschuß wieder alljährlich gestattet werden. Diesem Wunsche lieh ein dem Prinzen Friedrich Franz damals „von der alten und jüngeren Schützenzunft in tiefster Ehrfurcht gewidmetes“, für die damaligen Schweriner Verhältnisse opulent ausgestattetes Gedicht beredten Ausdruck:

      Sieh, Prinz! Wie heut im wimmelnden Gedränge
      Vom ew’gen Christian Ludewig
      Die Fahne ftiegt;- fühl das Gefühl der Menge,
      Dein Herz vermag es, Friederich!
      An Deiner Schwester hohem Blumen-Feste
      Floß Friedrichs Gnad auf uns herab;
      Und jeder Bürger ruft: Er sey der beste
      Fürst, den des Himmels Huld uns gab.
      Sieh, wie sie fliegt! - ein Zeichen Seiner Gnade,
      Womit Dein Oncle diesen Tag
      So hold bemerkt; - den festlichsten der Tage
      Den noch der Enkel feyern mag.
      Prinz! laß uns jährlich diesen Tag zu feyern
      Uns Deine Gnade angedeyn:
      Sprich Du für uns, und laß, wenn wir ihn feyern
      Uns dabey unsrer Fahnen freu’n.
      Sehn wir Dich dann (das hoffen wir nicht wenig)
      In unsrem Zirkel huldvoll stehn,
      Und siehest Du der Zünfte frohen König
      In seiner güldnen Kette gehn;
      Dann jauchzet Dir der Bürger froh entgegen,
      Dir, seinem theuren Friederich!
      Wirst Blumen Dir auf Deinen heil’gen Wegen
      Und jeden Segens-Wunsch auf Dich.
      Und ruft: Heil Ihm, dem Prinzen! Ihm gehöret
      Der Bürger Herz - die erste Pflicht.
      Er sprach für uns - und, Bürger! Was gewähret
      Fürst Friedrich seinem Liebling nicht.


Daß der Prinz sich wirklich bei seinem Oheim zum Dolmetscher der Wünsche der alten und jüngeren Schützenzunft gemacht habe, muß bezweifelt werden, denn als sie jetzt wissen ließ, sie wolle am Einzugstage des Prinzen ihr erstes diesjähriges Scheibenschießen abhalten und die Erlaubnis „zu einem feierlichen Ausmarsch nach dem Schützenhofe nicht nur für diesen festlichen Tag, sondern zum immerwährenden frohen Andenken desselben auch den jährlichen Tag ihres sog. Königsschusses mit freiem Ausmarsch“ erbat, da erhielt sie einen glatten Abschlag.

Doch nun nahmen sich die Geheimen Räte ihrer an. Sie wurden beim Herzog vorstellig: das Scheibenschießen der Schützenzunft, von der Prinz Friedrich Franz selber Mitglied sei, finde jedes Jahr statt, zum Teil in Gegenwart der Schweriner fürstlichen Herrschaften; der Unterschied von dem petitum bestehe also nur in der Berahmung dieses jährlichen Scheibenschießens auf den Vermählungstag und in dem feierlichen militärischen Ausmarsch, der ein wahres Volksfest und ein sehr unschuldiges Soldatenspiel sei. In der Tat gelang es ihnen, den Herzog wenigstens teilweise umzustimmen: es wurde der Schützenzunft zugestanden, ihr beabsichtigtes Scheibenschießen anzustellen „und sodann für dieses Mahl nach miltairischer Art feyerlich auszumarschiren. Euer Suchen wegen des sog. jährlichen Königs- Schusses aber hat nicht Statt.“ Auch solle bei Gelegenheit des Festes „so wenig das Würfel- als irgend ein anderes Spiel“ gestattet sein.

Für den festlichen Empfang des jungen fürstlichen Paares hatte man sich in Schwerin schon lange - da als Tag der Ankunft ursprüglich der 27. Mai angenommen war - vorbereitet. Der feierliche Einzug sollte sich möglichst in denselben Formen vollziehen wie seinerzeit der des Prinzen Ludwig und seiner Gemahlin im Jahre 1755; deshalb wurde der schon ergangene Befehl an den Superintendenten und Konsistorialrat Menckel, daß während des Einzuges mit allen Glocken geläutet werden solle, zurückgenommen, da sich herausstellte, daß damals das Geläute unterblieben war. Im übrigen hatte der Generalmajor v. Both den Befehl erhalten, die Wache am Mühlentor zu verstärken und die durch Mannschaften aus Bützow und Boizenburg verstärkte Garnison auf der Reitbahn paradieren zu lassen. Der Oberstleutnant v. Schuckmann sollte am Tage der Ankunft und dem nächstfolgenden Tage jedesmal einen Ritt- meister und einen Leutnant mit zugehöriger Mannschaft zur Wache kommandieren. An Bürgermeister, Rat und Gericht der Alt- und Neustadt erging die Ordre, die Bürgerschaft solle sich im Gewehr befinden und den Weg vom Schmiedetor an über den Markt, die Königs- und Schloßstraße bis zur Brücke bei dem Hause des Postverwalters Prosch an beiden Seiten besetzen - ein Befehl, der Bürgermeister und Rat zwar hoch erfreute, gleichzeitig aber zu der Bitte nötigte, der Bürgerschaft die nötigen Kurz-Gewehre, Flinten, Degen usw., an denen es mangele, leihweise aus dem Zeughause zu überlassen. Der Rat seinerseits erbat und erhielt die Erlaubnis, eine Ehrenpforte auf dem Markt zu errichten; er plante auch eine allgemeine Illumination der Stadt, die aber abgelehnt wurde. 28) Der Kaufmannschaft wurde gestattet, „das neu-vermählte Fürstliche Ehe-Paar durch ein aus ihren Mitteln zu errichtendes Corps von 24 Mann zu Pferde, in rothen Röcken mit Paille-Unterkleidern und besetzten Hüten feyerlich einzuholen“, nur sollte sie nicht, wie sie gedacht hatte, mit in den Schloßhof hinein, sondern, vor der Hufareneskorte, nur bis an die Schloßhauptwache mitreiten dürfen. -





28) Das darauf Bezug habende U. P. M. der Geheimen Räte vom 10. Mai, citissime nach Ludmigslust gesandt, ist interessant genug um mitgeteilt zu werden, „Gestern gegen Abend meldete sich bey den Unterzeichneten der Bürgermeister Brandt hieselbst und zeigete an, wie der hiesige Magistrat anfänglich darauf verfallen wäre, bey der bevorstehenden Ankunft des neuen Fürstlichen Ehepaars eine Illumination ansagen zu lassen; Nachdem er aber die große Anmuth in Betrachtung gezogen, in welcher der geringere Theil der hiesigen Einwohner bekanntlich lebete; So fände er eine allgemeine Ansage gewißermaaßen bedenklich und höchstens mehr nicht möglich, als daß man denen, die eine Illumination veranstalten wollten, solche freystellen und sodann von Stadt wegen ins besondere das Rath-Haus erleuchten mögte; Um jedoch höchster Genehmigung nicht zu verfehlen, wollte Magistratus dieserhalb zuvor unterthänigst angefraget haben und bäte wegen kürze der Zeit um schleunigste Resolution. Unterzeichnete haben ihm darauf geantwortet, daß sie von diesem Antrag heute unterthänigst zu berichten und dem Magistrat die Höchste Herzogliche Entschließung demnächst zu eröffnen nicht unterlaßen würden. Bisher hat man bey allen so wohl unter voriger als lediger Regierung vorgemesenen Feyerlichkeiten sich hieselbst auf eine Illumination niemals eingelaßen, eines Theils um der Besorgniß willen, daß nach Beschaffenheit der hiesigen Menge von schlechten allesamt in Holz gebaueten Häuser, wenn die Bewohner herausliefen um die übrige Stadt zu beseben, gar zu leicht ein recht großes Unglück daraus entstehen könnte und andern Theils, weil in Vergleichung mit den Städten Rostock, Wismar und Güstrow, welche sich wegen der großen massiven Giebel-Häuser beßer dazu schicken, aus einer Illumination in Schwerin, wo die wenigen guten Häuser mit so vielen schlechten, von einer Etage untermenget sind, etwas rechtes doch nicht heraus kommen könnte, und weil man daher jedesmal für beßer gehalten hat, damit gar nicht anzufangen, als etwas schlechtes zu machen, das sich für Sternberg oder eine andere kleine Land-Stadt beßer als für die Herzogliche Residenz-Stadt Schwerin schicken und die etwa anwesenden Freunden nur zu Critiques veranlaßen dürfte. Da zu diesen allgemeinen Ursachen, warum bey allen vorigen hiesigen Feyerlichkeiten von einer Illumination dieser Stadt wohlbedächtlich beständig ist abstrahiret worden (: außer daß man im Monat October v. J. während des damaligen hiesigen Jahrmarkts, einst die Häuser am Markte der hiesigen Alt-Stadt auf eine so erbärmliche Art vermeintlich erleuchtete, daß man sich für die anwesenden fremden Kaufleute schämen mußte :), jetzt noch folgende besondere Bedenklichkeiten hinzukommen: 1) daß der Magistrat selbst eine allgemeine Ansage, wegen der vielen blutarmen Einwohner, die gleichwol nach hiesiger Art eigene kleine Häuser bewohnen und die Miethe guten Theils zusammen betteln, für bedenklich erkläret, 2) daß von denen Honoratioribus und Wohlhabenden, die allenfalls hin und wieder ein Haus illuminiren könnten, bis auf zwey oder drey nach, die schon etwas dazu vorräthig haben sollen, kein Mensch bisher davon ein Wort gewußt und also niemand die geringste Anstalt dazu gemacht hat, 3) daß jetzo die Zeit von etwa 14 Tagen allen Leuten, und selbst Ihro Herzogl. Durchl. in Ansehung der vielen und großen Herzoglichen Häuser und Gebäude, noch mehr aber den gesamten Herzoglichen Bedienten, die sich doch mit etwas unanständigem nicht gerne lächerlich machen mögten, zu einer anständigen Veranstaltung viel zu kurz fallen würde, nicht zu geschweigen 4) daß die jetzige Jahres-Zeit, wo die Tage so lang sind, eine Illumination nur sehr späte gestatten würde; So vermuthen Unterschriebene fast, Ihro Herzogl. Durchl. mögten Sich auf diesen verspäteten Antrag des hiesigen Magistrats vielleicht ohngefähr so zu erklären gnädigst geruhen, wie die öffentlichen Zeitungen im Monat October v. J. von dem Königl. Dänischen Hofe enthielten, welcher der Stadt Copenhagen bey Gelegenheit der damaligen Ankunft der Erb-Prinzeßinn königl. Hoheit, hatte anzeigen laßen: ‘wie es Ihro Königl. Maystt. angenehmer seyn würde, das Geld was eine Illumination kostete, an die Armen vertheilet zu sehen.’ Indeßen verstellen Unterzeichnete hierunter alles zur Herzoglichen höchsterleuchtetsten Einsicht und bitten nur um baldmöglichste gnädigste Eröffnung der höchstgefälligen Herzoglichen Entschließung . . „