Abschnitt 14

Der Entwurf des Schreibens an Schröder fand laut Pro Memoria vom 23. den ungeteilten Beifall des Herzogs, ebenso auch „der übrige Vorschlag, wovon Höchst-Sie in dem hieneben kommenden Schreiben an des Prinzen Friederich Frantz Durchl. Gebrauch gemacht haben“. Das vom 24. Dezember datierte Schreiben lautet:

„Ew. Hochwohlgeboren ermeßen, ohne daß ich es erst weitläuftig versichern darf, vermuthlich von selbst, wie unerwartet und höchst unangenehm diejenige Nachricht hieselbst gewesen, welche ich aus Dero vorgestern par Estaffette hier eingegangenen geehrten Schreiben vom 17 ten dieses, oder vielmehr aus deßen Anschluß, zu ersehen und höchsten Orts unterthänigst vorzutragen gehabt.


Nach dem Inhalt von Dero jüngsten vom 8 ten hujus, verbis ‘der Prinz pressiret sehr, und es ist auch, wie ich unterthänigst anrathe, nicht eine Stunde zu versäumen, damit keine Cabale gegen uns geschmiedet werde,’ hatten Serenissimus regnans das Anwerbungs-Schreiben an des regierenden Herrn Landgrafen von Darmstadt Durchl. schon sub dato 14 ten dieses erlaßen, welches ich ur- und abschriftlich dem Herrn Geheimen Raths-Praesidenten v. Moser zugefertiget, und an EW. Hoch- wohlgeboren jüngsthin par Estafette zu addressiren die Ehre gehabt habe.

Wünschen mögte ich nunmehro, daß Dieselben, wegen der inmittelst so sehr veränderten Umstände und Nachrichten, wie ich fast vermuthe, solches Schreiben noch zurückgehalten hätten. Sollten Ew. Hochwohlgeboren solches vielleicht schon abgeschicket haben: So nehme ich mir die Ehre hiedurch zu eröfnen, daß ich gedachten Herrn Geheimen Raths-Praesidenten um baldige Einreichung des Herzogl. Original-Schreibens ausdrücklich nur unter dem Beding gebeten habe: ‘Wenn Er, nach seiner genauesten Kenntniß der dortigen Umstände und nach seinem großen Einfluß in die Gesinnungen des Herrn Landgrafen seines gnädigsten Herrn und der Prinzeßin Louise Durchl. Durchl. Sich einer günstigen Antwort versichert hielte’ und so bleibet mir nichts anders übrig, als Ew. Hochwohlgeboren hiedurch gehorsamst zu ersuchen, daß Dieselben Ihn, solcher von mir ausdrücklich hinzugefügten Bedingung zum Überfluß schleunigst zu erinnern und, auf den Fall einer wieder Verhoffen getroffenen anderen Wahl, das Herzogl. Original- Schreiben cum copia zurück zu erbitten, geneigen wollen.

Allem wahrscheinlichen Ansehen nach hat der Geheime Raths-Praesident von Moser, so wie Er gegen Ew. Hochwohlgeboren die Frau v. Pretlack nie genannt, sondern nur seine von der Durchlauchtigsten Prinzeßin unmittelbar erhaltenen Nachrichten und Erklärungen gepriesen hat, auch unserm Durchlauchtigsten Prinzen und dem Herrn v. Krackwitz die Nothwendigkeit gar nicht eröfnet, jene Dame zu gewinnen, welche nun daher für den Weimarschen Hof, der sich in Ansehung ihrer ohnfehlbar beßer genommen hat, gänzlich eingenommen, und wider unsern Durchlauchtigsten Prinzen merklich aufgebracht ist. Der Feder stehet das Mittel, welches zur Redressirung dieses Fehlers vielleicht das einzige seyn mögte, nicht füglich anzuvertrauen: Sonst würden Serenissimus noster, in dem Fall, wenn die Sache in den Händen dieser Dame stünde, und sie selbige nach dießeitiger Absicht lenkte, Sich gewiß gerne erkenntlicher beweisen, als es der Weimarsche Hof vielleicht nimmer seyn wird.

Unbegreiflich ist und bleibet es mir indeßen, was man, bey dieser uns jetzo von dem Herrn Geheimen Raths-Praesidenten v. Moser selbft eröfneten mislichen Lage der Sache, von seiner vorhin gerühmten unmittelbaren Correspondence mit der Durchlauchtigsten Prinzeßin und von dem mitgetheilten Extract Ihres französischen, unserm Durchlauchtigsten Prinzen in Frankfurt so gar originaliter producirten Briefes gedenken soll? Halten Ew. Hochwohlgeboren mir das Geständniß zu gute, daß ich bey dem jetzigen höchst unerwarteten Auftritt recht froh gewesen bin, Dero voriges Verlangen durch Remittirung des ersten v. Moserschen Briefes, der einen Extract von gedachtem französischem Schreiben der Durch- lauchtigsten Prinzeßin enthält, bisher noch nicht erfüllet zu haben. Je incompatibler die beiden anhero übersandten Briefe dieses Ministers bey nahe scheinen, desto angenehmer war es mir, mit dem letzteren zugleich noch das erstere in origine vorlegen zu können. Aus gleicher Ursache behalte ich also, mit Ew. Hochwohlgeboren verhofffenden gütigen Wohlvernehmen, auch dieses Mahl beide noch zurück, und ersuche schließlich nur noch angelegentlichst, dahin bestens sorgen [zu wollen] daß unser Durchlauchtigster Prinz, durante crisi durch eigenhändige Briefe nach Darmstadt und Carlsruh nicht weiter exponiret, wohl aber allenfalls, wenn Ew. Hochwohlgeboren es thunlich finden, mündlich und mediate eifrigst für HöchstDieselben gearbeitet werde.

Die Sache falle sodenn nach dem Schluß der Vorsehung aus wie sie wolle: So ist Serenissimo nostro die Beschleunigung der finalen Gewißheit alle mal eine Estaffette werth; Und noch nothwendiger wird es dem Durchlauchtigsten Prinzen seyn, Ihr Schicksal zu dem Ende baldmöglichst zu erfahren, damit Sie Sich in Ihrer weiteren Reise darnach richten können.“

Während dieser Zeit hatte der Prinz erwartungsvoll in Römhild gesessen. Dort erhielt er das erwähnte Mosersche Schreiben und sandte sofort eine Estafette an Schröder, worüber dieser am 20. Dezember nach Schwerin berichtete: „Am 18. hujus bekam ich aus Romhildt eine . . . Estafette, bey welcher unser Durchl. Printz mir zu erkennen geben, daß HöchstDieSelben nichts von dem wissen, was die Frau Generalin v. Bretlack gesaget haben will . . . . Ich halte mich völlig überzeugt, daß die gute Frau das, was sie jetzt vorgiebt, keines Weges zu unserm Durchl. Printzen gesagt hat, sondern daß sie von dem Weimarschen Hofe und der dazu gehörigen Connexion gewonnen worden, und kein Bedenken jetzt trägt, dem Prinzen die vermeintlich geführten Reden aufzubürden, und den Herrn Geh. Rahts-Praesidenten von Moser zu plantiren. Letzterer ist dieserhalb sehr misvergnügt, und wird mir mit dem ehesten, und so bald möglich, nähere decisive Nachricht geben . . . . Nach meinem Ermessen bleibt unserm Durchl. Printzen jetzt keine sonderliche Hofnung mehr übrig, falls der Herr von Moser die Intriguen einer Frau nicht zu hintertreiben weiß.“ Das Schreiben des Grafen Bassewitz vom 24. beantwortete er am 31. dahin: „. . . Unser Durchl. Printz haben von denen widrigen Vorgängen jederzeit tempestive Nachricht bekommen, und ich vermuhte, daß HöchstDieselben die Reise ehestens weiter fortsetzen werden. . . Von der Existenrz einer Generalin Bretlach ist mir nie etwas bekannt gewesen, ausser daß sie in dem am 17 ten huius von mir praesentirten Moserschen Schreiben zum ersten Mahl aufgeführet worden ist.“