Abschnitt 1. Herzog Christian Ludwig II., Herzoge von Mecklenburg-Schwerin, Prinz Ludwig, Prinzessin Charlotte Sophie von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Geburt eines wohlgestalten Prinzen.
Als am 30. Mai 1756 Herzog Christian Ludwig II. gestorben war, stand das Haus der Herzoge von Mecklenburg-Schwerin auf vier Augen: der nun regierende Herzog Friedrich war kinderlos und sein einziger Bruder Prinz Ludwig, seit mehr als Jahresfrist vermählt mit der Prinzessin Charlotte Sophie von Sachsen-Coburg-Saalfeld, war bis dahin ohne Nachkommen. Indessen war die Prinzessin gesegneten Leibes: auf Verordnung vom 28. Oktober 1756 wurde von den Kanzeln des Landes „dem grundgütigen Gott deshalb demüthigst Lob und Dank gesaget: Und derselbe ferner inbrünstig angeflehet, er wolle nach seiner Gnade, Ihro Durchl. väterlich beschirmen, vor allen Unfällen gnädiglich bewahren, zu rechter Zeit glücklich entbinden, und also Dieselbe, auch unsere gesammte gnädigste Herrschaft sammt dem ganzen Lande mit einer gesunden Geburth erfreuen, solche auch durch das Bad der Wiedergeburth in Christo heiligen, die Durchlauchtigste Fürstin bey Gesundheit und allem Fürstl. Hochergehen, viele Jahre erhalten, und unsern Durchlauchtigsten Landes-Herrn, sammt dem ganzen Herzoglichen Mecklenburgischen Hause, mit vielen Segen überschütten“. Am 10. Dezember wurde die Danksagung für die „heute frühe“ erfolgte Entbindung der Prinzessin „von einem gesunden und wohlgestalten Prinzen“, der Schon am folgenden Tage getauft ward, und am 22. Januar 1757 die Danksagung für den „morgen“ stattfindenden Kirchgang („Hervorgang“) der hohen Wöchnerin anbefohlen.
Überhaupt hat demnach der Hofmeister von Usedom alle Sorgfalt und Treue dahin pflichtmäßig anzuwenden, daß der Prinz vor allen Dingen zu einem wahren und rechtschaffenen Christen, soweit solches in menschlicher Hand stehet, nach den Grundsätzen Unserer Evangelischen Religion, dabey aber auch zu einem vernünftigen, Einsichtsvollen, Gott und Menschen gefälligen nützlichen Fürsten gebildet werde. Die Wahl der hiezu dienlichen Mittel überlaßen Wir seiner besten Einsicht und gewißenhaften Prüfung, in der Hoffnung, daß selbige alle Mahl auf diejenigen fallen werde, die das Kennzeichen der Religion, der Liebe und der Sanftmuth an sich tragen; gleich wie ihm auch das Recht der Bestrafung, in allen Fällen, wo diese nothwendig ist, um so mehr unbenommen bleibet, als Wir versichert sind, er werde davon keinen andern als einen mit der Religion, Vernunft und Liebe bestehenden Gebrauch machen. Insbesondere aber wird ihm zur Special-Instruction hiemit gnädigst vorgeschrieben, daß
I. Bey allen Unterweisungen des Prinzen, die wahre Beßerung des Herzens das vornehmste Augenmerk seyn, mit derselben die Aufklärung Seines Verstandes und die Zunahme der Fürstanständigen Sitten stets verbunden, mithin des Prinzen Fleiß und Geschmack vorzüglich auf diejenigen Wissenschaften gelenket werden soll, wobey dieser Endzweck am besten zu erreichen stehet. Wie denn überhaupt alles, was Deßelben Person und Erziehung betrifft, folglich auch die Wahl Seiner Gesellschaften und Seines Umganges hiernach einzurichten ist.
II. Die Zahl der täglich den Studien gewidmeten Stunden, worunter aber diejenige Zeit, welche die zur Leibes-Bewegung dienenden Exercitia erfordern, nicht mit zu rechnen ist, soll niemals über sechs gehen. Die Wahl und Vertheilung der darinn zu treibenden Wißenschaften überlaßen Wir zwar der Willkühr und Einsicht des Hof-Meisters von Usedom. Jedoch hat Uns derselbe den Plan und die Stunden-Eintheilung für jedes fogende halbe Jahr zur rechten Zeit ad ratificandum anzuzeigen, auch mit Ablauf eines jeden halben Jahrs Uns einen umständlichen gewißenhaften Bericht von dem Fleiß und den Progressen des Prinzen, wie auch von Desselben moralischen Verfaßung, Fähigkeit, Genie und Character unterthänigst abzustatten. Dabey ist der Prinz selbst, so bald Er im Schreiben geübter seyn wird, dahin anzuhalten, daß Er von Zeit zu Zeit an Uns und Seine Herzogliche Angehörige in Teutscher und Französischer Sprache ohngeholfen schreybe.
III. Da der Hof-Meister von Usedom, zum Zweck der genauesten Aussicht auf den Prinzen, von allem was mit Demselben vorgehet, ohne Ausnahme, unterrichtet seyn muß: so wollen und befehlen Wir gnädigst ernstlich, daß
1. alle zu der Suite des Prinzen gehörige Personen dem Hof-Meister alles, was ihm von dem Prinzen zu wißen nur irgend nöthig und nützlich seyn kan, auf sein Befragen entdecken und auch unbefragt anzeigen, hingegen
2. sich nicht unterstehen sollen, mit dem Prinzen je in heimliche Unterredungen zu Beurtheiluug des Verhaltens des Hof-Meisters oder in irgend ein Geschäft, welches nicht in deßen Gegenwart und mit seinem Wißen vorgenommen werden könnte, sich einzulaßen, gleichwie sie auch
3. nicht gestatten sollen, daß dergleichen von anderen geschehe, ohne solches dem Hof-Meister so bald möglich anzuzeigen.
4. Die Briefe des Prinzen sollen dem Hof-Meister nie geheim gehalten, sondern vor der Abgebung allemahl demselben zum Erbrechen und Durchsehen von dem Empfänger eingereichet werden.
5. Ohne des Hof-Meisters Wißen sind von dem Prinzen keine Briefe zu schreiben noch zu verschicken: Und soll niemand von der Suite sich unterstehen, zu einem Brief-Wechsel des Prinzen behülflich zu seyn, davon jener nicht unterrichtet ist. Doch sind hierunter die Briefe, welche der Prinz an Uns schreiben wird, nicht mit begriffen, sondern diese soll der Prinz abzusenden befugt seyn, ohne daß er sie dem Hof-Meister vorher zu lesen geben dürfe; welcher solches auch nicht verlangen soll, so bald er siehet, daß der ihm versiegelt vorzuzeigende Brief an Uns gehet.
IV. Alle zur Suite des Prinzen gehörige Personen sollen von dem Hof-Meister von Usedom als ihrem alleinigen Chef und Vorgesetzten abhangen, mithin seinen Befehlen und Anordnungen, so lange diese, wie Wir zuversichtlich voraussetzen, nicht gegen die Religion streiten und mit ihren Pflichten gegen Uns bestehen, die genaueste Folge leisten. Sie haben daher die Befehle des Prinzen, so bald sie nur irgend zweydeutig oder bedenklich sind, nicht eher zu vollziehen, bis sie sich nach des Hof-Meisters Genehmigung derselben erkundiget haben. Und gleichwie Wir ihnen keine Befehle zufertigen oder irgend eine Veränderung mit ihnen vornehmen werden, ohne daß der Hof-Meister davon unterrichtet sey, so sollen sie auch in allen den Dingen, welche ihr Amt oder ihre Subordination betreffen, sich an niemand anders, als an Uns wenden, zu welchem Ende ihnen sammt und sonders unverwehret seyn soll, solcherhalben an Uns ihre unterthänigste schriftliche Vorstellungen unmittelbar oder auch allenfalls mit Begleitung ihres Gesuchs durch den Bericht des Hof-Meisters gelangen zu laßen. Damit übrigens der Hof-Meister auf die Suite des Prinzen desto beßer Acht haben könne, sollen alle dazu gehörige Personen, daferne es immer möglich, mit ihm in einem Hause logiret werden.
V. Hingegen hat der Hof-Meister von Usedom als Vorgesetzter der ganzen Suite des Prinzen mit aller Aufmerksamkeit dahin zu sehen, daß eine jede von den dazu gehörigen Personen ihre Schuldigkeit genau beobachten, als wozu ihm alle Autorität und Macht hiedurch eingeräumet und verliehen seyn soll. Ins besondere verstatten Wir ihm zu solchem Zweck Kraft dieses in Gnaden, daß er
1. alle zur Suite des Prinzen von hieraus mitgegebene Personen, nach vergeblich wiederhohlten ernstlichen Ermahnungen zur Beobachtung ihrer Obliegenheiten, von ihren Diensten suspendiren und ihnen allen Zugang zu dem Prinzen so lange untersagen könne, bis die Ursache davon, auf deßelben unverzüglich zu erstattenden Bericht, von uns untersuchet und darüber Unsere besondere Verordnung eingegangen seyn wird; und daß er
2. alle auswärtig zum Unterricht oder zum Dienst des Prinzen etwa noch erforderliche Personen nach Beschaffenheit der Umstände und ihres Betragens annehmen oder abschaffen dürfe.
VI. Gleichwie Wir Uns aber dabey zu dem Hof-Meister von Usedom in Gnaden versehen, er werde allen zur Suite des Prinzen gehörigen Personen bey rühmlicher Beobachtung ihrer Schuldigkeit, freundlich und liebreich begegnen und nach seinem Vermögen für ihr Bestes gerne mit sorgen: so hat er ihnen auch nicht nur alles, was nach Unserm Willen und Verordnungen ihnen am Gehalt und sonsten gebühret, iederzeit richtig und unverkürzt reichen zu laßen, sondern auch, bei öfterer Veränderung des Aufenthaltes sowohl des Informatoris und des Kammer-Dieners Kost-Gelder als die Zulagen für die Laquaies nach der Theurung eines jeden Orts, proportionirlich zu erhöhen. Jedoch sollen diese Kost-Gelder und Zulagen, so lange der Aufenthalt des Prinzen in Lausanne, folglich an einem Orte, seyn wird, feste stehen und ohne Unsere Special-Ratification nicht erhöhet werden.
VII. Außer dem Uns nach n. II mit jedem halben Jahre zu erstattenden Haupt-Bericht, soll Uns der Hof-Meister von Usedom alle Monath einmahl von dem Befinden und Betragen des Prinzen, dem Verhalten der Suite und von anderen nöthig erachtenden Umständen unterthänigste Anzeige machen, auch in der Zwischen-Zeit den Herzoglichen Eltern des Prinzen von Deßelben Befinden, so oft es nur wegen seiner sonstigen Beschäftigungen geschehen kann, von allen submissest Nachricht geben; wobey er sich zum Abschreiben allenfalls der Beyhülfe der Informatoren, als welche dazu angewiesen werden, zu bedienen hat. Sollten ihn indeßeu unüberwindliche Hinderniße gänzlich vom Schreiben abhalten, so soll in dieser Obliegenheit der erste Informator, und in deßen Ermangelung der zweyte, des Hof-Meisters Stelle vertreten.
Wenn auch der Prinz, welches Gott verhüten wolle! von schweren und gefährlichen Krankheiten sollte angefallen werden, so muß von den zu adhibirenden Medicis ein Diarium und von dem Hof-Meister das andere gehalten, und beide, von ihren Verfaßern unterschrieben, Uns durch seinen unterthänigsten Bericht zugeschicket werden. Es ist ihm dabey unbenommen, nach Befinden bey seinem Diario gleichwie in anderen nöthig erachtenden Fällen, die Informatoren zu Hülfe zu nehmen, ihres Zeugnißes sich zu bedienen, und es von ihnen mit unterschreiben zu laßen.
Da übrigens die Entfernung und gewiße andere Umstände zuweilen Materien zum Brief-Wechsel veranlaßen, die einer besonderen Geheimhaltung bedürfen, so hat der Hof-Meister sich alsdann eines Chiffre zu bedienen, welcher ihm zu diesem Ende zugestellet werden soll.
Gleichwie Wir daneben, sowohl um den Prinzen von allem Hochmuth zu entfernen, als auch aus anderen Ursachen, dem Hof-Meister von Usedom die Erlaubniß geben, die Benennung des Prinzen in allen den Fällen, wo er es nöthig und zuträglich findet, zu verändern, und Denselben z. E. einen Grafen oder Herrn von Schwerin oder Herrn von Grabow nennen zu laßen, so hat Uns er eine solche etwa zuträglich erachtende Veränderung sofort anzuzeigen, damit auch von hier aus die gewählte veränderte Benennung des Prinzen beobachtet werden könne.
VIII. Der erste Informator soll verbunden seyn, die Stelle des Hof-Meisters von Usedom nach seiner Vorschrift so oft zu vertreten, als dieser es verlanget. Und damit solches in allen Fällen ohne Verletzung des Anstandes geschehen, auch nur-gedachter Informator an der Tafel des Prinzen beständig speisen könne, haben Wir den letzigen ersten Informatorem Christian Gottlob Schildt unter heutigem dato zu Unsern Hof- Rath in Gnaden ernannt und bestellet. Würde auch dieser erste Informator Unser Hof-Rath Schildt die Stelle des Hof-Meisters zu vertreten, durch Krankheit oder andere Umstände verhindert: so ist der andere Informator, Ludwig, schuldig, an seine Stelle zu treten, welches jedoch nur innerhalb Hauses und ausser Gesellschaft von Fremden Statt finden soll.
IX. Die Einrichtung, Special-Anordnung und ganze Führung der Oeconomie des Prinzen wird dem Hof-Meister von Usedom lediglich überlaßen, so daß er selbige nach seiner besten Einsicht den Umständen gemäß zu bestimmen und zu verändern befugt seyn soll. Jedoch hat er alle Zeit mit einer anständigen Sparsamkeit sich dahin äusserst zu bestreben, daß er diese Oeconomie dem hiebey gehefteten und soviel immer möglich in der Ausgabe nie zu überschreitenden Etat conformire, welchen Uns er, nach vorher aus Lausanne eingezogenen nöthigen Nachrichten unterthänigst vorgeleget hat; es wäre denn, daß nach Beschaffenheit der Umstände, convenablere und vortheilhaftere Einrichtungen ohne Überschreitung des bestimmten Aufwandes gemacht werden könnten, welche alsdenn willkührliche Einrichtungen so wie die Veränderungen der Livrée und die n. VI bemerkte Erhöhungen der Zulagen und Kost-Gelder ihm billig unbenommen bleiben; und daß ohne Unsere Special-Verordnung, weder die Anzahl der dem Prinzen von hieraus mitgegebenen Personen noch das jeder von ihnen gnädigst versicherte Gehalt, von dem Hof-Meister verändert werden kan. In außerordentlichen Fällen, die einen im Etat nicht schon begriffenen grösseren Aufwand erfordern, hat der Hof-Meister, daferne sie vorauszusehen sind, in Zeiten Unsere Verhaltungs-Befehle einzuhohlen. Kommen jene aber ganz unerwartet, so verstatten Wir ihm hiedurch gnädigst, den unumgänglich alsdenn erforderlichen Aufwand zu machen und darüber sofort an Uns unterthänigst zu berichten; da dann diese Ausgabe von Uns gnädigst ratificiret werden und in Rechnung passiren soll.
X. Zur Bestreitung der Etat-mäßigen Kosten, von welchen Unsers Herrn Bruders des Prinzen Ludewigs zu Mecklenburg Lbd. Behuf der zur Tafel und Chatoulle des Prinzen darinn ausgeworfenen zusammen 3336 Rthlr. Mecklenburgscher Valeur betragenden beiden Pöste, die schon hiebevor Ihro Prinzen jährlich gereichete 3233 Rthlr. fernerhin und zwar in Mecklenb. Valeur in Quartal-Ratis zu zahlen auf Sich genommen, Wir aber das übrige zu übernehmen, Uns erkläret haben, soll ein Banquier zu Lausanne oder da, wo der Prinz sich sonst in der Folge aufhalten wird, durch einen offenen Wechsel angewiesen werden, die jährlichen Etat-mäßigen Gelder ohne weitere Anfrage dem Hof-Meister von Usedom in Quartal-Ratis, ohne Anrechnung einiger Courtage, Provision, Agio oder sonstiger Abzüge auszuzahlen, auch in ausserordentlichen Vorfällen bey einer sub n. VIII erwähnten dringenden Nothwendigkeit, extra-ordinaire Vorschüsse bis auf 500 Rthlr. über das im Etat bestimmte Quantum zu thun. Dagegen soll dem Banquier, zu Erstattung solcher Avances, aus den von Uns dazu bestimmten Fonds ohnfehlbar alle Quartal, nebst den etwanigen Extra-Vorschüßen, der vierte Theil der Etat-mäßigen Gelder promt und richtig von hieraus übermachet und solches Geld ohne Verminderung der Zahl des bestimmten Quanti in Schwerem Courant trassiret werden; gleichwie auch alle darinn mitbegriffene Gages der zur Suite des Prinzen gehörigen Personen, ohne Verminderung des ihnen bisher bestimmt gewesenen Quanti, in schwerem Courant, so lange ihre Abwesenheit von hier dauern wird, ausgezahlet und jedesmahl zugleich mit den übrigen Etat-mäßigen Geldern promt und richtig übermachet werden sollen.
Überhaupt hat demnach der Hofmeister von Usedom alle Sorgfalt und Treue dahin pflichtmäßig anzuwenden, daß der Prinz vor allen Dingen zu einem wahren und rechtschaffenen Christen, soweit solches in menschlicher Hand stehet, nach den Grundsätzen Unserer Evangelischen Religion, dabey aber auch zu einem vernünftigen, Einsichtsvollen, Gott und Menschen gefälligen nützlichen Fürsten gebildet werde. Die Wahl der hiezu dienlichen Mittel überlaßen Wir seiner besten Einsicht und gewißenhaften Prüfung, in der Hoffnung, daß selbige alle Mahl auf diejenigen fallen werde, die das Kennzeichen der Religion, der Liebe und der Sanftmuth an sich tragen; gleich wie ihm auch das Recht der Bestrafung, in allen Fällen, wo diese nothwendig ist, um so mehr unbenommen bleibet, als Wir versichert sind, er werde davon keinen andern als einen mit der Religion, Vernunft und Liebe bestehenden Gebrauch machen. Insbesondere aber wird ihm zur Special-Instruction hiemit gnädigst vorgeschrieben, daß
I. Bey allen Unterweisungen des Prinzen, die wahre Beßerung des Herzens das vornehmste Augenmerk seyn, mit derselben die Aufklärung Seines Verstandes und die Zunahme der Fürstanständigen Sitten stets verbunden, mithin des Prinzen Fleiß und Geschmack vorzüglich auf diejenigen Wissenschaften gelenket werden soll, wobey dieser Endzweck am besten zu erreichen stehet. Wie denn überhaupt alles, was Deßelben Person und Erziehung betrifft, folglich auch die Wahl Seiner Gesellschaften und Seines Umganges hiernach einzurichten ist.
II. Die Zahl der täglich den Studien gewidmeten Stunden, worunter aber diejenige Zeit, welche die zur Leibes-Bewegung dienenden Exercitia erfordern, nicht mit zu rechnen ist, soll niemals über sechs gehen. Die Wahl und Vertheilung der darinn zu treibenden Wißenschaften überlaßen Wir zwar der Willkühr und Einsicht des Hof-Meisters von Usedom. Jedoch hat Uns derselbe den Plan und die Stunden-Eintheilung für jedes fogende halbe Jahr zur rechten Zeit ad ratificandum anzuzeigen, auch mit Ablauf eines jeden halben Jahrs Uns einen umständlichen gewißenhaften Bericht von dem Fleiß und den Progressen des Prinzen, wie auch von Desselben moralischen Verfaßung, Fähigkeit, Genie und Character unterthänigst abzustatten. Dabey ist der Prinz selbst, so bald Er im Schreiben geübter seyn wird, dahin anzuhalten, daß Er von Zeit zu Zeit an Uns und Seine Herzogliche Angehörige in Teutscher und Französischer Sprache ohngeholfen schreybe.
III. Da der Hof-Meister von Usedom, zum Zweck der genauesten Aussicht auf den Prinzen, von allem was mit Demselben vorgehet, ohne Ausnahme, unterrichtet seyn muß: so wollen und befehlen Wir gnädigst ernstlich, daß
1. alle zu der Suite des Prinzen gehörige Personen dem Hof-Meister alles, was ihm von dem Prinzen zu wißen nur irgend nöthig und nützlich seyn kan, auf sein Befragen entdecken und auch unbefragt anzeigen, hingegen
2. sich nicht unterstehen sollen, mit dem Prinzen je in heimliche Unterredungen zu Beurtheiluug des Verhaltens des Hof-Meisters oder in irgend ein Geschäft, welches nicht in deßen Gegenwart und mit seinem Wißen vorgenommen werden könnte, sich einzulaßen, gleichwie sie auch
3. nicht gestatten sollen, daß dergleichen von anderen geschehe, ohne solches dem Hof-Meister so bald möglich anzuzeigen.
4. Die Briefe des Prinzen sollen dem Hof-Meister nie geheim gehalten, sondern vor der Abgebung allemahl demselben zum Erbrechen und Durchsehen von dem Empfänger eingereichet werden.
5. Ohne des Hof-Meisters Wißen sind von dem Prinzen keine Briefe zu schreiben noch zu verschicken: Und soll niemand von der Suite sich unterstehen, zu einem Brief-Wechsel des Prinzen behülflich zu seyn, davon jener nicht unterrichtet ist. Doch sind hierunter die Briefe, welche der Prinz an Uns schreiben wird, nicht mit begriffen, sondern diese soll der Prinz abzusenden befugt seyn, ohne daß er sie dem Hof-Meister vorher zu lesen geben dürfe; welcher solches auch nicht verlangen soll, so bald er siehet, daß der ihm versiegelt vorzuzeigende Brief an Uns gehet.
IV. Alle zur Suite des Prinzen gehörige Personen sollen von dem Hof-Meister von Usedom als ihrem alleinigen Chef und Vorgesetzten abhangen, mithin seinen Befehlen und Anordnungen, so lange diese, wie Wir zuversichtlich voraussetzen, nicht gegen die Religion streiten und mit ihren Pflichten gegen Uns bestehen, die genaueste Folge leisten. Sie haben daher die Befehle des Prinzen, so bald sie nur irgend zweydeutig oder bedenklich sind, nicht eher zu vollziehen, bis sie sich nach des Hof-Meisters Genehmigung derselben erkundiget haben. Und gleichwie Wir ihnen keine Befehle zufertigen oder irgend eine Veränderung mit ihnen vornehmen werden, ohne daß der Hof-Meister davon unterrichtet sey, so sollen sie auch in allen den Dingen, welche ihr Amt oder ihre Subordination betreffen, sich an niemand anders, als an Uns wenden, zu welchem Ende ihnen sammt und sonders unverwehret seyn soll, solcherhalben an Uns ihre unterthänigste schriftliche Vorstellungen unmittelbar oder auch allenfalls mit Begleitung ihres Gesuchs durch den Bericht des Hof-Meisters gelangen zu laßen. Damit übrigens der Hof-Meister auf die Suite des Prinzen desto beßer Acht haben könne, sollen alle dazu gehörige Personen, daferne es immer möglich, mit ihm in einem Hause logiret werden.
V. Hingegen hat der Hof-Meister von Usedom als Vorgesetzter der ganzen Suite des Prinzen mit aller Aufmerksamkeit dahin zu sehen, daß eine jede von den dazu gehörigen Personen ihre Schuldigkeit genau beobachten, als wozu ihm alle Autorität und Macht hiedurch eingeräumet und verliehen seyn soll. Ins besondere verstatten Wir ihm zu solchem Zweck Kraft dieses in Gnaden, daß er
1. alle zur Suite des Prinzen von hieraus mitgegebene Personen, nach vergeblich wiederhohlten ernstlichen Ermahnungen zur Beobachtung ihrer Obliegenheiten, von ihren Diensten suspendiren und ihnen allen Zugang zu dem Prinzen so lange untersagen könne, bis die Ursache davon, auf deßelben unverzüglich zu erstattenden Bericht, von uns untersuchet und darüber Unsere besondere Verordnung eingegangen seyn wird; und daß er
2. alle auswärtig zum Unterricht oder zum Dienst des Prinzen etwa noch erforderliche Personen nach Beschaffenheit der Umstände und ihres Betragens annehmen oder abschaffen dürfe.
VI. Gleichwie Wir Uns aber dabey zu dem Hof-Meister von Usedom in Gnaden versehen, er werde allen zur Suite des Prinzen gehörigen Personen bey rühmlicher Beobachtung ihrer Schuldigkeit, freundlich und liebreich begegnen und nach seinem Vermögen für ihr Bestes gerne mit sorgen: so hat er ihnen auch nicht nur alles, was nach Unserm Willen und Verordnungen ihnen am Gehalt und sonsten gebühret, iederzeit richtig und unverkürzt reichen zu laßen, sondern auch, bei öfterer Veränderung des Aufenthaltes sowohl des Informatoris und des Kammer-Dieners Kost-Gelder als die Zulagen für die Laquaies nach der Theurung eines jeden Orts, proportionirlich zu erhöhen. Jedoch sollen diese Kost-Gelder und Zulagen, so lange der Aufenthalt des Prinzen in Lausanne, folglich an einem Orte, seyn wird, feste stehen und ohne Unsere Special-Ratification nicht erhöhet werden.
VII. Außer dem Uns nach n. II mit jedem halben Jahre zu erstattenden Haupt-Bericht, soll Uns der Hof-Meister von Usedom alle Monath einmahl von dem Befinden und Betragen des Prinzen, dem Verhalten der Suite und von anderen nöthig erachtenden Umständen unterthänigste Anzeige machen, auch in der Zwischen-Zeit den Herzoglichen Eltern des Prinzen von Deßelben Befinden, so oft es nur wegen seiner sonstigen Beschäftigungen geschehen kann, von allen submissest Nachricht geben; wobey er sich zum Abschreiben allenfalls der Beyhülfe der Informatoren, als welche dazu angewiesen werden, zu bedienen hat. Sollten ihn indeßeu unüberwindliche Hinderniße gänzlich vom Schreiben abhalten, so soll in dieser Obliegenheit der erste Informator, und in deßen Ermangelung der zweyte, des Hof-Meisters Stelle vertreten.
Wenn auch der Prinz, welches Gott verhüten wolle! von schweren und gefährlichen Krankheiten sollte angefallen werden, so muß von den zu adhibirenden Medicis ein Diarium und von dem Hof-Meister das andere gehalten, und beide, von ihren Verfaßern unterschrieben, Uns durch seinen unterthänigsten Bericht zugeschicket werden. Es ist ihm dabey unbenommen, nach Befinden bey seinem Diario gleichwie in anderen nöthig erachtenden Fällen, die Informatoren zu Hülfe zu nehmen, ihres Zeugnißes sich zu bedienen, und es von ihnen mit unterschreiben zu laßen.
Da übrigens die Entfernung und gewiße andere Umstände zuweilen Materien zum Brief-Wechsel veranlaßen, die einer besonderen Geheimhaltung bedürfen, so hat der Hof-Meister sich alsdann eines Chiffre zu bedienen, welcher ihm zu diesem Ende zugestellet werden soll.
Gleichwie Wir daneben, sowohl um den Prinzen von allem Hochmuth zu entfernen, als auch aus anderen Ursachen, dem Hof-Meister von Usedom die Erlaubniß geben, die Benennung des Prinzen in allen den Fällen, wo er es nöthig und zuträglich findet, zu verändern, und Denselben z. E. einen Grafen oder Herrn von Schwerin oder Herrn von Grabow nennen zu laßen, so hat Uns er eine solche etwa zuträglich erachtende Veränderung sofort anzuzeigen, damit auch von hier aus die gewählte veränderte Benennung des Prinzen beobachtet werden könne.
VIII. Der erste Informator soll verbunden seyn, die Stelle des Hof-Meisters von Usedom nach seiner Vorschrift so oft zu vertreten, als dieser es verlanget. Und damit solches in allen Fällen ohne Verletzung des Anstandes geschehen, auch nur-gedachter Informator an der Tafel des Prinzen beständig speisen könne, haben Wir den letzigen ersten Informatorem Christian Gottlob Schildt unter heutigem dato zu Unsern Hof- Rath in Gnaden ernannt und bestellet. Würde auch dieser erste Informator Unser Hof-Rath Schildt die Stelle des Hof-Meisters zu vertreten, durch Krankheit oder andere Umstände verhindert: so ist der andere Informator, Ludwig, schuldig, an seine Stelle zu treten, welches jedoch nur innerhalb Hauses und ausser Gesellschaft von Fremden Statt finden soll.
IX. Die Einrichtung, Special-Anordnung und ganze Führung der Oeconomie des Prinzen wird dem Hof-Meister von Usedom lediglich überlaßen, so daß er selbige nach seiner besten Einsicht den Umständen gemäß zu bestimmen und zu verändern befugt seyn soll. Jedoch hat er alle Zeit mit einer anständigen Sparsamkeit sich dahin äusserst zu bestreben, daß er diese Oeconomie dem hiebey gehefteten und soviel immer möglich in der Ausgabe nie zu überschreitenden Etat conformire, welchen Uns er, nach vorher aus Lausanne eingezogenen nöthigen Nachrichten unterthänigst vorgeleget hat; es wäre denn, daß nach Beschaffenheit der Umstände, convenablere und vortheilhaftere Einrichtungen ohne Überschreitung des bestimmten Aufwandes gemacht werden könnten, welche alsdenn willkührliche Einrichtungen so wie die Veränderungen der Livrée und die n. VI bemerkte Erhöhungen der Zulagen und Kost-Gelder ihm billig unbenommen bleiben; und daß ohne Unsere Special-Verordnung, weder die Anzahl der dem Prinzen von hieraus mitgegebenen Personen noch das jeder von ihnen gnädigst versicherte Gehalt, von dem Hof-Meister verändert werden kan. In außerordentlichen Fällen, die einen im Etat nicht schon begriffenen grösseren Aufwand erfordern, hat der Hof-Meister, daferne sie vorauszusehen sind, in Zeiten Unsere Verhaltungs-Befehle einzuhohlen. Kommen jene aber ganz unerwartet, so verstatten Wir ihm hiedurch gnädigst, den unumgänglich alsdenn erforderlichen Aufwand zu machen und darüber sofort an Uns unterthänigst zu berichten; da dann diese Ausgabe von Uns gnädigst ratificiret werden und in Rechnung passiren soll.
X. Zur Bestreitung der Etat-mäßigen Kosten, von welchen Unsers Herrn Bruders des Prinzen Ludewigs zu Mecklenburg Lbd. Behuf der zur Tafel und Chatoulle des Prinzen darinn ausgeworfenen zusammen 3336 Rthlr. Mecklenburgscher Valeur betragenden beiden Pöste, die schon hiebevor Ihro Prinzen jährlich gereichete 3233 Rthlr. fernerhin und zwar in Mecklenb. Valeur in Quartal-Ratis zu zahlen auf Sich genommen, Wir aber das übrige zu übernehmen, Uns erkläret haben, soll ein Banquier zu Lausanne oder da, wo der Prinz sich sonst in der Folge aufhalten wird, durch einen offenen Wechsel angewiesen werden, die jährlichen Etat-mäßigen Gelder ohne weitere Anfrage dem Hof-Meister von Usedom in Quartal-Ratis, ohne Anrechnung einiger Courtage, Provision, Agio oder sonstiger Abzüge auszuzahlen, auch in ausserordentlichen Vorfällen bey einer sub n. VIII erwähnten dringenden Nothwendigkeit, extra-ordinaire Vorschüsse bis auf 500 Rthlr. über das im Etat bestimmte Quantum zu thun. Dagegen soll dem Banquier, zu Erstattung solcher Avances, aus den von Uns dazu bestimmten Fonds ohnfehlbar alle Quartal, nebst den etwanigen Extra-Vorschüßen, der vierte Theil der Etat-mäßigen Gelder promt und richtig von hieraus übermachet und solches Geld ohne Verminderung der Zahl des bestimmten Quanti in Schwerem Courant trassiret werden; gleichwie auch alle darinn mitbegriffene Gages der zur Suite des Prinzen gehörigen Personen, ohne Verminderung des ihnen bisher bestimmt gewesenen Quanti, in schwerem Courant, so lange ihre Abwesenheit von hier dauern wird, ausgezahlet und jedesmahl zugleich mit den übrigen Etat-mäßigen Geldern promt und richtig übermachet werden sollen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Beiträge zur Erziehungs- und Jugendgeschichte des Großherzogs Friedrich Franz I.