Griechische Bildwerke

Mit 140, darunter etwa 50 ganzseitigen, Abbildungen
Autor: Sauerlandt, Max (1880-1934) Kunsthistoriker und Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Griechenland, Antike, Athen, Halikarnaß, Pergamon, griechische Kunst, Skulpturen, Relief, Bauwerke, Tempel, Götter, Religion, Kunstgeschichte, Sozialgeschichte, Göttinnen, Kulturkreis, Amazonen, Kentauren, Körperformen, Steinskulpturen, Schönheitsideal, Marmor, Bronze, Torso,
Wir tragen die Trümmer ins Nichts hinüber und klagen über die verlorene Schöne

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Wir werden nie aufhören können, auf das griechische Altertum als auf das goldene Zeitalter zurückzublicken; je enger wir uns selbst gebunden fühlen, mit um so tieferem Verlangen nach Freiheit und Natürlichkeit, je freier und natürlicher wir unser eigenes Dasein empfinden, mit um so größerer Heiterkeit und um so lebhafterem Glücksgefühl. Denn in den Griechen, diesen „frischen Jünglingen der Welt", werden wir immer von neuem den Menschen erkennen, wie er heil und gesund zum erstenmal aus den Händen der Natur hervorgegangen ist, um in vollkommener Unbefangenheit seine Kräfte zu entfalten.

„Nicht bloß ewige Kinder waren die Griechen, wie sie der ägyptische Priester schalt, sondern auch ewige Jünglinge." Da ist nichts erzwungen, nichts verstellt, durchaus herrscht überall die reizendste Leichtigkeit natürlichen Empfindens. Frei darf Hermes angesichts von Hephästos' Schmach vor den Göttern glühend bekennen, dass er gleichem und herberem Schimpf zum Trotz sich in der goldenen Aphrodite Arme sehne. — Wer empfände nicht, dass Gesundheit höchstes Gut ist? Wo aber hat das natürlichste Gefühl so unvergesslichen Ausdruck gefunden wie in dem griechischen Skolion, das neben dem Glück der Gesundheit als wünschenswertestes Gut die Schönheit preist?

                                                        I.

„Das Höchste, wozu der Mensch gelangen kann, ist das Bewusstsein eigener Gesinnungen und Gedanken, das Erkennen seiner selbst, welches ihm die Einleitung gibt, auch fremde Gemütsarten innig zu erkennen." Es ist in der Tat ein Zeugnis für die Klarheit des ethischen Bewusstseins der Griechen, dass unter ihnen dieser Satz, mit dem Goethe auf der Höhe des Lebens seine Beurteilung Shakespeares einleitet, schon in frühester Zeit erstes Gesetz sittlicher Bildung war. Denn jenes apollinische „Erkenne dich selbst" darf nicht in der späteren einseitigen Verkehrung als Mahnung, die eigene Schwäche zu erkennen, verstanden werden; es entspringt vielmehr ganz ursprünglich der Erkenntnis, dass der Mensch den Sinn der ihn umgebenden Welt nur in dem Maße zu begreifen imstande ist, wie er die Bedingungen und den Inhalt seines eigenen Daseins erkennt, da doch einmal der Mensch das Maß aller Dinge ist.

Wir freilich sind gewohnt, die Begriffe Selbstbewusstsein und Naivität als gegensätzlich zu empfinden. Und doch bedeutet Naivität nur, dass nicht mehr und nichts anderes geäußert wird, als in Wahrheit vorhanden ist: naiv ist jeder ganz aufrichtige Mensch. Aufrichtigkeit aber ist der Grundzug des griechischen Charakters, in dem zu allen Zeiten die Naivität mit dem höchsten Selbstbewusstsein verbunden war.

Dieses griechische Selbstbewusstsein entsprang der vollkommenen geistigen Freiheit der griechischen Menschheit. Als der Perser Hydarnes, der fürstliche Herr über Kleinasien — erzählt Herodot — spartanischen Gesandten riet, die Freundschaft des Perserkönigs zu suchen, war ihre Antwort: Wohl verstehst du dich, Hydarnes, auf die Knechtschaft, aber die Freiheit hast du nicht gekostet, du weißt nicht, ob sie süß ist oder nicht. Denn hättest du sie gekostet, so würdest du uns raten, um sie zu kämpfen, nicht mit Speeren allein, sondern noch mit Beilen. Und als denselben Gesandten angesonnen wurde, vor dem Könige niederzufallen, weigerten sie sich dessen und erklärten, sie würden es nimmer tun, auch wenn man sie mit den Köpfen auf die Erde stieße, denn ihre Gewohnheit sei es nicht, vor einem Menschen niederzufallen, und auch nicht deswegen seien sie gekommen.

Dieses bare Unvermögen, auf die freie Selbstbestimmung zu verzichten, das sich in jeder Äußerung griechischen Geistes ausspricht, ruht wohl meist verhalten. Wo es aber auf die Probe gestellt wird, in Szenen des Kampfes, ja des Kampfes mit den olympischen Göttern, da bricht es mit überwältigendem Pathos hervor.

Schon die Alten selbst haben die Gunst des Klimas, alle die Vorzüge des hellen Himmels und des „göttlichen Meeres", die dem griechischen Wesen die kristallene Durchsichtigkeit und die rastlose Regsamkeit mitgeteilt zu haben scheinen, die heitere Mannigfaltigkeit des reich gegliederten Landes gepriesen, ja selbst versucht, sich aus diesen natürlichen Bedingungen die Kraft und den Reichtum ihrer Anlagen zu erklären. Ein liebenswürdiger Zug leichtherziger Bescheidenheit, die aber dem eigenen Verdienst sicher nicht gerecht geworden ist. Der griechische Charakter war nicht das Produkt einer günstigen geographischen Situation, er entwickelte sich in strenger, Geist und Körper gleichmäßig anspannender Zucht aus der einzigartigen Anlage des Volkes, das freilich den gegebenen Naturbedingungen abzugewinnen gewusst hat, was ihnen abzugewinnen war.

Nie hat die künstlerische und sittliche Intelligenz der Griechen Freiheit mit Ungebundenheit im Ernst verwechseln können. Die Freiheit, die ihnen Lebensbedürfnis war, hat die edelste Form : Unabhängigkeit von fremdem Zwang, um dem eigenen Gesetz gehorsam sein zu können, mit dem Bewusstsein, „dass die Zufälle über den Menschen gebieten und nicht der Mensch über die Zufälle". Dieses Bewusstsein gibt der griechischen Heiterkeit den Gehalt schwermutvollen Ernstes, ohne den jede Heiterkeit wertlos und unerträglich bleibt.

Was Herodot den Griechen Demaratos zu Xerxes sagen lässt, ist sicher allgemein griechische Überzeugung gewesen: Obwohl die Griechen frei sind, sind sie doch nicht in allem frei; sie haben über sich das Gesetz, das sie weit mehr fürchten als deine Leute dich, und was das Gesetz ihnen gebietet, das tun sie.

Aber auch diese freiwillige Unterordnung unter die Zucht des Staatsgesetzes, die wir als so eigentümlich griechisch empfinden, war noch nicht die letzte Idee der griechischen Ethik. Hinter dem allgemein verbindlichen Staatsgesetz stehen unverbrüchlich die „ungeschriebenen Gesetze", die Norm, nach der jeder einzelne für sich sein Leben zu führen hat, um die selbstbewusste Freiheit seiner Persönlichkeit zu bewähren.

In dieser willkürlichen Selbstbeschränkung haben die Griechen ihre Meisterschaft bewiesen. Vielleicht nicht immer im Leben, wo die politische Leidenschaft oft das ethische Bewusstsein überschäumte, wohl aber im Denken und in der Kunst, in der die Griechen ihr eigenes Ideal gebildet haben. Wie sie sich hier darstellen, so wünschten sie zu sein, nicht nur zu scheinen.

                                                        II.

Der ethische Grundzug des griechischen Charakters, die Forderung freier Selbstbestimmung ist das Neue, was die Griechen gebracht haben. Wir vergessen das leicht; weil diese Forderung uns nun seit langem selbstverständliches und unveräußerliches Gut geworden ist.

Der ganze antike Orient hat sich nie über die rohe Auffassung zu erheben vermocht, die in dem despotischen Herrscher den Gipfel der Weltentwicklung sieht. Damit fiel auch der Kunst des Orients die Verherrlichung einer Übermacht des Menschen über den Menschen als höchste Aufgabe zu, die noch dazu ganz wesentlich als physische Übergewalt gefasst und dargestellt wurde. In Griechenland dagegen steht von Anfang an der Mensch nach seiner einfachen, natürlichen Erscheinung, nur um seines menschlichen Wesens willen frei neben seinesgleichen, in der leichten Ruhe ungeschminkter Natürlichkeit. In seiner Darstellung verbindet sich die anmutigste Bescheidenheit mit dem deutlichen Stolz selbstbewusster menschlicher Existenz.

Es ist ja die große Tugend der Griechen, „keiner Sache weder zu viel noch zu wenig zu tun". Sie scheuen sich nicht, das Selbstverständliche auszusprechen, aber weil sie ihm dabei ganz den Charakter des Selbstverständlichen lassen, erscheint alles, was sie zu sagen für wert halten, so überwältigend neu und bedeutend. Keine Kunst, die sich durch ihre ganze Entwicklung von jedem Schein unedler Prätention so völlig frei erhalten hätte, die so durchgehend positiv, allem Überschwung des Empfindungsausdrucks ferngeblieben wäre.

                                                        III.

Die Darstellung des Menschen in dem ganzen Umfange seiner körperlichen und ethischen Erscheinung ist der Inhalt der griechischen Kunst. Wir kennen außer der griechisch-europäischen keine Kunst, die ähnlich gerichtet wäre. Überall freilich, wo nicht religiöse Befangenheit dazwischentrat, ist auch sonst der Mensch Gegenstand künstlerischer Darstellung gewesen, aber gleichmäßig herrscht überall sonst die Tendenz, die menschliche Gestalt ihrer Unvergleichlichkeit, den Menschen seiner Individualität zu entkleiden und die menschliche Gestalt zu einer bloßen Schmuckform, einem Ornament zu entwürdigen, und wäre es auch in so monumentaler Pracht wie in dem mit farbigen Glasuren kostbar überschmolzenen Fliesenfries der Bogenschützen am Palast des Perserkönigs in Susa.

Das Bewusstsein dieses unüberbrückbaren Gegensatzes zwischen Asien und Europa, der die ganze Geschichte der Menschheit erfüllt, ist übrigens so alt wie das Selbstbewusstsein griechischer Gesittung überhaupt. Das Geschichtswerk des Herodot hebt mit dieser Erkenntnis an — es ist vom ersten zum letzten Wort um dieses Gegensatzes willen geschrieben — , und wenn der naive herodotische Bericht den Zwiespalt bis in mythische Zeiten hinaufführt, so gibt die ganze Folge von Jahrhunderten uns ein Recht, dem alten Mythus symbolische Bedeutung beizumessen.

                                                        IV.

Es ist eine richtige Beobachtung, die für die ganze Kunstentwicklung Geltung hat, dass die Tracht, die Mode der Kleidung, die Auffassung des nackten Körpers mit bestimmt. Nicht nur weil das Kleid die organischen Formen des Körpers wirklich verändert, mehr noch darum, weil jeder Künstler den nackten Körper unbewusst nach der Haupterscheinung der jeweils gültigen Mode umgestaltet.

Den Griechen wird man eine Ausnahmestellung einräumen müssen. Bei ihnen trat der nackte Körper schon in ganz früher Zeit in den Vordergrund des allgemeinen Interesses, er wurde, wie es überall natürlich wäre, wirklich als das Erstgegebene betrachtet und hat umgekehrt Art und Schnitt des Gewandes bestimmt.

Nur die Griechen haben die Tracht so entwickelt, dass der Körper sich in ihr als ein gegliederter Organismus ausspricht. Bei ihnen ist er wirklich aktiv, Träger des in freiem Wurf umgelegten Gewandes, während in Babylon und Assyrien und dem ganzen von dort her bestimmten Kulturkreis der Alten Welt der Leib unter der schweren faltenlosen Teppichhülle verschwindet, und in Ägypten gerade an der entscheidenden Stelle durch das um die Hüften gelegte ornamentale Faltengefüge des Schurzes zerrissen wird, das bei aller Feinheit der Einzelbildung einen starken Zusatz hieratischer Konvention nie überwunden hat.

Die Griechen bekleiden den Körper im Großen und einheitlich, während alle Neueren die Glieder einzeln in zugeschnittene Hüllen stecken, die den Zusammenhang der Glieder in den Gelenken für das Auge, ja auch für die eigene Körperempfindung aufheben.

Auch die griechische Tracht freilich hat sich nur schrittweise zu der Freiheit des V. und IV. Jahrhunderts v. Chr. entwickelt. Immer aber haben die griechischen Künstler mit großem Geschick alle Vorteile auszunutzen verstanden, die ihnen die Tracht bot. Die Künstler der frühlinghaften Frühzeit, die immer zu Zierlichkeiten geneigt ist, haben ihren Stolz in die Wiedergabe des dünnen Geriesels der Fältchen gesetzt, mit denen der feine Linnenchiton die Formen des Körpers überfließt (2. 3), die spätere ernsthaftere Zeit der Reife gliedert das Gewand in breitere Flächen und größere Faltenzüge, unter denen die organische Struktur des Leibes hervortritt, Päonios von Mende wagt den weit ausgespannten Bausch der herabschwebenden Nike aus dem vollen Stein zu hauen (66), prachtvoll endlich ist das Gewand um den stolzen Leib der samothrakischen Nike geschlagen, die vom Seewind angeweht im Bug des siegenden Schiffes steht (105). So wird die griechische Tracht in der Blütezeit der Kunst zu einem Mittel, den Bewegungsausdruck des Leibes in machtvoller Vergrößerung zu versinnlichen, und zu einem neuen Zeugnis für das (körperliche und geistige) Selbstbewusstsein der griechischen Menschheit.

                                                        V.

Die Entwicklung der griechischen Plastik ruht aber auf der Darstellung des unbekleideten Körpers. Angesichts dieser ganz unbefangen vorwaltenden Nacktheit wenigstens der Jünglingsgestalt muss darauf hingewiesen werden, dass die Nacktheit hier keine künstliche Abstraktion, sondern in der Tat in weitem Umfange Abbild wirklichen Lebens ist.

In das hohe Altertum des VIII. Jahrhunderts v. Chr. führt die Sitte der Nacktheit bei den olympischen Wettspielen hinauf; nicht als primitive Unvollkommenheit aus roherer Zeit bewahrt, sondern als Produkt selbstbewusster Kultur eingeführt und als Fortschritt der nationalen Gesittung empfunden. Zuerst beim Wettlauf, dann beim Ringkampf üblich, verbreitet sie sich bald über das ganze Machtgebiet der griechischen Kultur, untrennbar verknüpft mit jeder Art von Leibesübung, die von der Nacktheit selbst den Namen erhielt. Ja in Sparta kämpften selbst Jungfrauen miteinander nackt oder ganz leicht mit dem geschlitzten und nur auf der Schulter gespangten Chiton bekleidet, und mit welcher natürlichen Züchtigkeit das geschehen konnte, zeigt die glücklich erhaltene Marmorkopie der Bronzestatue einer Wettläuferin aus dem VI. Jahrhundert, deren „sittliche Grazie" überhaupt nur auf dem Boden einer ganz freien, weitherzigen und hohen Lebensauffassung denkbar ist (24).

Erst durch die Gewohnheit vollkommener Nacktheit konnte der Leib in dem Maße, wie es bei den Griechen der Fall war, zum Träger gleichmäßig verteilter Empfindungen werden. Von selbst ward das Auge angeleitet, in dem ganzen Körper das Leben der Seele zu erkennen. Wie sehr aber diese den ganzen menschlichen Leib umfassende Beobachtung von vornherein der griechischen Natur gemäß war, zeigen bereits die Homerischen Gedichte, in denen auch die leichten Knöchel der Mädchenfüße mit einem zierlichen Schmuckwort bedacht sind.

Hier tritt vielleicht am deutlichsten zutage, um wie viel näher die Griechen in ihrer guten Zeit der Natur standen, als es uns vergönnt ist, denn für uns, die vom Menschen sogar an uns selbst nichts als Gesicht und Hände unverhüllt zu sehen gewohnt sind, vereinigt sich mit Notwendigkeit das ganze Empfinden des Leibes und der ganze Ausdruck der Seele hier, und leicht wird diese Gewohnheit falschen Sehens dem neueren Künstler verhängnisvoll, wenn er sich an die Darstellung der Nacktheit wagt. Selbst in Michelangelos David bleibt ein Unbehagen zu verwinden, das sich aus dem verhältnislosen Vorwalten des Hauptes und der Hände herschreibt.

Früh fand neben der Gymnastik und mit ihr verbunden, die kunstmäßige Form des Tanzes Ausbildung und Pflege. Nackt tanzte Sophokles fünfzehnjährig den Siegespäan nach der Schlacht von Salamis.

Wenn sich in den Gymnasien der Leib in freier, nur durch den Zweck des Kampfspiels und der Übung bestimmter Bewegung darbot, so erschien er beim Tanz gebunden nach den Gesetzen musikalischer Rhythmik nun doppelt als Träger bestimmter seelischer Stimmungen.

Trotzdem aber hat nicht etwa die Gewohnheit der Palästra die Nacktheit in der Kunst ursprünglich bedingt; schon lange bevor Orsippos aus Megara den Lendenschurz beim Wettlauf im Olympischen Stadion abwarf, sind von griechischen Künstlern nackte Figuren gebildet worden. Der rein künstlerische Gesichtspunkt war hier entscheidend. Terrakotten und Steinskulpturen, bei denen das Gewand, das dem lebendigen Körper gegenüber zumal in der Zeit anfänglicher Befangenheit etwas Formloses behält, durch Farbe belebt, ja beinahe durch die Bemalung allein wiedergegeben werden konnte, werden daher noch bekleidet gebildet, als die Bronzefigur schon auf das Gewand verzichtet hatte, denn hier, wo keine Bemalung belebend eintreten konnte, waren die glatten ungebrochenen Flächen der primitiven Gewandung plastisch tot. Es war schon in diesen frühesten Zeiten griechischer Kunst das Streben nach künstlerischem Reichtum, ein absoluter künstlerischer Idealismus, der sich selbst auf Kosten unmittelbarer Lebenswirklichkeit durchgesetzt hat. Zum erstenmal tritt die stilbildende Kraft der Bronze hervor, von der die griechische Kunst auch weiterhin die stärksten Impulse erfahren hat.

Später wurde dann freilich die gymnische Nacktheit der Palästra die festeste Stütze dieser künstlerischen Gesinnung ; aber auch dann haben die griechischen Künstler, deren Augen nun am lebenden Menschen die sinnliche Erfahrung des Formenreichtums und der Ausdruckskraft des nackten Körpers gewinnen konnten, sich nicht auf die gegebene Wirklichkeit des Lebens beschränkt. Schon in früher Zeit schritten sie dazu fort, dem Machtbereich der Nacktheit auch mythische und halbgeschichtliche Darstellungen und in großartiger Freiheit selbst weite Gebiete über die tägliche Erfahrung des Lebens hinaus zu unterwerfen.

Auch der weibliche Körper, dessen unverhüllter Bildung im Großen die Kunst lange Zeit auswich, ward nun, anfangs noch unter sorgsamer Motivierung der Nacktheit, Gegenstand plastischer Darstellung; und im Unterschied von der natürlichen Nacktheit des Jünglings, die ein Gewand nie gekannt zu haben scheint, wagt die Kunst mit der knidischen Aphrodite des Praxiteles nun auch den letzten noch möglichen Schritt in der Wiedergabe des entkleideten Körpers, ohne die feine Linie vollendeter Sittsamkeit zu verletzen.

                                                        VI.

Es musste für das Schicksal der griechischen Kunst von außerordentlicher Bedeutung werden, dass durch die Freiheit der Tracht und die Gewohnheit täglicher Leibesübung eine Menschheit erzogen wurde, die alle Bewegungsmöglichkeiten des Körpers aus eigener Erfahrung kannte und dadurch befähigt war, jedes plastische Motiv am eigenen Leibe mitzuempfinden. Der Grieche war sich seines Körpers bis in das letzte Gelenk bewusst und nahm den plastischen Inhalt des Marmor- oder Bronzewerkes mühelos in das eigene Körpergefühl auf. Hier wurde das Kunstwerk wirklich nach seinem künstlerischen Wert empfunden und an den Künstler keine Forderung gestellt, die nur mit Verletzung der künstlerischen Pflicht zu erreichen ist. In der Tat arbeitet die Plastik nicht allein für das Auge, sondern ganz wesentlich „für den Sinn der mechanischen Bewegung des Körpers" — mehr noch als die Baukunst, der die goethischen Worte gelten —, und darum wird die Fähigkeit, ein plastisches Werk als Kunstwerk zu verstehen, immer auf der Fähigkeit beruhen, die Plastik des eigenen Körpers zu empfinden. Nur dann ist ein Organ vorhanden, das die plastischen Formen des Bildwerks lebendig mitzufühlen imstande ist.

                                                        VII.

Sicher war es ein großes Glück, dass diesem im höchsten Maße plastisch begabten Volk in den verschiedenen Arten edlen Marmors, der überall auf dem festen Lande und auf den Inseln reichlich gebrochen wird, ein Stoff von außerordentlicher Bildsamkeit zu Gebote stand, kristallinisch, ohne vor dem Meißel zu zersplittern, zart, ohne einen Schein von Weichlichkeit, die Mitte haltend zwischen dem leichteren, porösen Kalkstein und dem harten massiven Urgestein des Granit, Porphyr und Basalt, die wie der unklare Alabaster wenigstens während der griechischen Zeit der antiken Kunst von der Verwendung zu Bildwerken ausgeschlossen waren.

Genau werden die verschiedenen Marmorarten auseinandergehalten und nach ihrer besonderen Güte bewertet: der parische von großem glänzendem Korn, blendend weiß, der elfenbeinfarbene von Lesbos, der pentelische bläulich gefleckt, aber von der meerfeuchten griechischen Luft unter dem Einfluss der Sonne an der Oberfläche leicht zu warmem Gelb zersetzt; der weniger edle endlich vom Hymettos.

Die Schönheit des griechischen Marmors zeigt jedes antike Bildwerk, und die Kostbarkeit des Materials kann zuweilen auch über eine Verletzung, einen Bruch trösten, die das glänzende Innere des Steines an den Tag bringen. Der griechische Marmor schon an sich ist schön, und es kann sogar eine körnige prachtvoll gesplitterte Bruchfläche die Weichheit der künstlich geglätteten Haut noch heben, ja den ästhetischen Eindruck des Bildwerks ins Gewaltige steigern.

                                                        VIII.

Die Möglichkeit der griechischen Kunst aber war bei alledem nicht an die Gunst und Schönheit dieses natürlichen Stoffes gebunden. Die Griechen selbst haben sogar während der ganzen klassischen Epoche dem edelsten Marmor die künstlich gemischte Bronze, Gold und Elfenbein vorgezogen.

Davon geben die Sammlungen antiker Bildwerke freilich kein Bild, denn der materielle Wert der Stoffe und die Möglichkeit, das Metall in neue Formen umzuschmelzen, haben zur Zerstörung der meisten alten Werke dieser Art geführt.

Trotz so großer Verluste ist uns von Bronzewerken des Altertums doch noch genug erhalten, um eine deutliche Vorstellung von der Bedeutung und dem Stil dieser Werke zu vermitteln, zumal seit Herkulaneum und Pompeji ihren alten Besitz zurückgegeben haben. Unwiederbringlich verloren aber bleiben die gepriesensten Werke der antiken Plastik, die Goldelfenbeinfiguren, von denen die Athena Parthenos und der Olympische Zeus des Phidias nur die berühmtester, aus einer großen Reihe gleichartiger Werke waren.

Hier erscheint der primitive Brauch, der das holzgeschnitzte Idol mit wirklichen Kleidern schmückte, ins Monumentale gesteigert und zu wirklich künstlerischem Stil erhoben, indem ein massives Goldgewand um das teilweise mit Elfenbein verkleidete Balkengerippe des Götterbildes gelegt wurde. Alle Mutmaßungen aber über die ursprüngliche Wirkung dieser Werke müssen gegenstandlos bleiben, solange nicht einmal das Geheimnis der Technik einwandfrei gelöst ist.

Trotzdem muss immer wieder an diese, wenigstens nach den Abmessungen gewaltigen Werke erinnert werden, um durch die Vorstellung ihres kostbaren Materials, des warmen, farbig getönten Elfenbeins und des weichen puren Goldes dem Eindruck der Kälte entgegenzuwirken, den eine Sammlung antiker Bildwerke in ihrer heutigen Gestalt unfehlbar hervorruft.

In der Tat ist ja das Bild, das die Museen uns bieten, gefälscht. Wir wissen, dass die Griechen auch ihre Marmorwerke wenigstens teilweise farbig getönt, dass sie große Sorgfalt auf die Färbung und Patinierung der Bronzen verwandt haben, dass die Augen der erzgegossenen Gestalten aus farbigem Stein besonders eingesetzt und ihre Lippen mit sanfter Silberfolie belegt waren.

Das alte lebensvolle Bild kann nie wiedergewonnen werden, denn die wenigen verblassten Farbreste, die in Tiefen und Rillen von Gewandfalten und Gelock entdeckt sind, und die wenigen wohlerhaltenen Bronzen reichen nur gerade aus, uns die Größe des Verlustes rechtfühlbar zu machen.

                                                        IX.

Die griechische Kunst ist nur als ein Ganzes richtig zu verstehen, man muss alles zusammennehmen, was erhalten blieb, um über das einzelne Kunstwerk Licht zu bekommen, um die großen Verluste auszugleichen und den strengen kühlen Eindruck der Bildwerke mit der wundervollen griechischen Sinnlichkeit zu beleben.

Am besten vermögen das die Reste der antiken Wandgemälde, die hier und dort, zumeist aus den verschütteten Städten Campaniens ans Licht gekommen sind. Da scheint das edle Blut noch durch die Adern zu strömen und leuchtet rötlich. Und daneben lassen die zahllosen Werke der Kleinkunst noch heute den echt griechischen Sinn für den festlichen stark zum Auge sprechenden Glanz und die Kostbarkeit edler Stoffe erkennen, der in den großen Bildwerken aus Elfenbein und Gold den machtvollsten Ausdruck fand. Die geschnittenen vielfarbigen Edelsteine, die aus dünnem Golddraht geflochtenen Halskettchen mit tropfendem, perlendem Behang, der mannigfaltige Ohrschmuck (wo etwa um eine Weintraube, deren gedrängte Beeren aus rötlichem Karneol geschnitten sind, sich gezackte Blätter und gerollte Reben aus weichem Gold legen). Endlich die Unzahl der griechischen Münzgepräge in Silber und Gold. Sie allein würden genügen, uns von der Lauterkeit, der Zartheit und der hellen, sicheren Intelligenz des griechischen Kunstgeistes den höchsten Begriff zu geben. Diesem unbegrenzt reich empfindenden Volk war auch das Kleinste, ein paar Weizenkörner, eine Muschel, ein Taschenkrebs, eine Gerstenähre wertvoll genug, um die ganze künstlerische Kraft an ihre feine und treue Nachbildung zu setzen.

Wie ein reiner Himmel mag sich zuletzt die durchsichtige Klarheit des griechischen Denkens über dieser Kunstwelt wölben, und die jeder Empfindung und jedem Zustand gerechten Rhythmen der griechischen Dichtung müssen hereinklingen.

                                                        X.

Unter den nach Tausenden zählenden antiken Bildwerken unserer Museen verschwinden die originalen Arbeiten griechischer Künstler. Das meiste von dem, was erhalten blieb, ist handwerklich schlechte Kopistenarbeit, die das Leben der Oberfläche getötet hat und, wo es sich um Kopien von Bronzewerken in Marmor handelt, auch die ursprüngliche Gesamterscheinung fälscht. Diese Nachbildungen stammen aus einer Zeit, in der das Empfinden für die stilistischen Bedingungen der Marmor- und der Bronzearbeit bereits geschwächt oder ganz geschwunden war.

Jede künstlerische Arbeit rechnet mit dem Stoff, in dem sie ausgeführt werden soll, und darum kann man Marmor und Bronze nicht einfach vertauschen, ohne den ursprünglichen Charakter des Werkes zu beeinträchtigen; um so weniger, je vorzüglicher das ursprüngliche Werk war, das heißt, je mehr es von vornherein in dem Geist eines bestimmten Materials erfunden war.

Die dunkelfarbige Bronze setzt sich scharf von der Luft ab, in sich ganz gleichartig zeigt sie eine gleichmäßig glatte, scharf bestimmte Oberfläche, die das Licht nirgendwo aufsaugt oder in breiter Verteilung annimmt, sondern es entweder blank abfließen oder in scharf begrenzten Glanzlichtern herausspringen lässt. Die Bronze fordert daher einen knappen deutlichen Umriss, klar gegliederte und konzentrierte Modellierung, die dem Schatten und dem Licht von vornherein bestimmt umgrenzte Bezirke anweist.

Den körnigen hellen Marmor dagegen umfasst die Luft sanfter, das Licht haftet an seiner weicheren Oberfläche, es scheint in die Poren des Steines einzudringen und spielt in leichter Verstreuung mit sanfteren Übergängen vom Licht zum Schatten hinüber, und diese schwebenden Nuancen zwischen Licht und Schatten werden zu um so größerer Wirkung kommen, je feiner die Beugungen und Wendungen aller Flächen ineinanderfließen.

Ein Marmorwerk in Bronze übertragen wird daher unruhig, flimmernd und willkürlich umrissen erscheinen, weil der weiche Zusammenhang der Innenzeichnung durch zu dunkle Schatten und zu helle Lichter zerrissen wird. Ein Bronzewerk in Marmor umgesetzt muss die ursprüngliche Präzision seiner Modellierung verlieren, weil die Formen nun ineinanderfließen und sich überall in die ursprüngliche Disposition Mitteltöne einschleichen; es wird schwächlich im Umriss erscheinen, weil das Spiel von Licht und Schatten die gerade so gewollte Schärfe des originalen Konturs abrundet.

Ganz verschlossen bleibt endlich dem Ziseleur die weiche Behandlung der Oberfläche, dem Bildhauer die scharfe Eleganz der Ziselierarbeit, die dem Bronzewerk erst die letzte metallmäßige Vollendung gibt.

Dlt Bronzegießer bossiert sein Modell in Ton oder Wachs, aber er denkt schon an das starre Metall, wenn er die weiche Masse mit spitzigen oder breiten Werkzeugen modelliert. Es ist ein abstrakteres, überlegenderes, zugleich ein kühleres Arbeiten. Fehler lassen sich noch beseitigen, Versehen leicht ausgleichen, es fehlt der erhitzende Anreiz, den das echte Material immer auf den Künstler ausübt.

Anders beim Marmor. Hier tut jeder Hieb endgültige Wirkung, jede Furche, die der laufende Bohrer gräbt, muss bleiben, wie sie einmal gerillt ist, und der kristallische Stein zeigt alle seine Tugenden und Tücken unter der arbeitenden Hand.

Die Vortrefflichkeit eines Bronzewerkes beruht offenbar mehr auf dem feinen künstlerischen Verstände, die Vollkommenheit der Marmorarbeit weit unmittelbarer auf der Sicherheit augenblicklicher Inspiration, auf der Fehllosigkeit des technischen Genies.

Die Bronze ist der herbere mehr männliche und verschlossene, der Marmor der zartere, mehr weibliche und offene Stoff. Überall in Griechenland wurde meist von den gleichen Künstlern in Alarmor und in Bronze gearbeitet, doch haben augenscheinlich von Anfang an die beweglichen Ionier den anmutigen Marmor, die bedächtigen Dorer die ernsthafte Bronze vorgezogen.

Von besonderer Bedeutung ist endlich noch ein Unterschied im Charakter von Marmor und Bronze in der Entwicklung des plastischen Stils geworden, der den Aufbau und die Erscheinung der Bildwerke im großen mitbestimmt.

Die hohlgegossene, daher verhältnismäßig leichte Bronze verträgt und fordert eine luftige ausgreifende Gliederung der Figur (denn es ist allgemein gültiges Stilgesetz, dass die Möglichkeiten jedes Materials bis aufs Äußerste ausgenutzt werden, weil erst dann sein eigentümlicher Charakter ganz zur Geltung kommt). Der massive lockere Marmor dagegen widersetzt sich allzu kühnen Durchbrechungen und Ausladungen.

Freilich haben auch die Griechen schon den Marmor gestückt, etwa einen ausgestreckten Arm dem Torso angefügt, das blieb aber Ausnahme. Regel ist, dass der Bildhauer sich sparsam innerhalb der Grenzen des Blockes hält, und aus diesem freiwillig übernommenen Zwang folgt „das großartige Zusammensein, die Ruhe der plastischen Formen", die den griechischen Bildwerken den selbstgenügsamen Zug gibt. Das Auge ist überall imstande, den ganzen plastischen Gehalt mit einem Blick zu umfassen.

Fast überall, wo ein Bronzewerk in Marmor kopiert wurde, musste der Kopist sich entschließen, den Eindruck störende, ja vernichtende Stützen anzubringen, oder Verbindungsstücke stehen zu lassen, die den Stand beengen und die Glieder fesseln.

Naturgemäß haben sich die Besonderheiten des Bronze- und Marmorstiles erst im Laufe der Entwicklung so klar herausgebildet. Es geschah in dem Maße, wie die Künstler mit der Natur ihres Materials vertraut wurden. Eine Zeitlang floss beider Art ineinander, ja die freiere Haltung der Bronzewerke hat augenscheinlich mitgeholfen, die Marmorfigur aus ihrer anfänglichen Starrheit zu befreien: die offen gegliederten äginetischen Figuren weisen nach der ganzen Art der Formbehandlung darauf hin (5. 6. 9).

Später trennten sich die Wege immer klarer. Der Diskuswerfer Myrons (28), der Speerträger Polyklets (58), der Apoxyomenos des Lysipp (95) — uns alle nur in Marmorkopien bekannt — , sind Werke im reinen Bronzestil: bei aller Verschiedenheit des Einzelnen, die sich aus den Unterschieden der Entstehungszeit und dem verschiedenen Temperament der Künstler erklärt, ist ihnen die Knappheit der Modellierung, die offene Haltung und die zeichnerische Klarheit des Umrisses gemein. Ihnen stehen die Giebelfiguren des Parthenontempels als klassische Marmorarbeiten gegenüber (43 — 46), mit ihrer zusammengehaltenen Fülle, mit der zarten Modellierung des Nackten und mit dem lebendigen Strömen der Gewandung, die sehr stark mit spielender Licht- und Schattenwirkung rechnet.

Dass bei Werken dieser klassischen Zeit Marmor- und Bronzewerke sich so streng innerhalb der Bedingungen des jeweiligen Materials gehalten haben, ist wieder durchaus in dem ethischen Charakter der Griechen begründet, wie denn überhaupt hier ethische und ästhetische Begriffe in der engsten Wechselbeziehung stehen. Der griechische Wille hat auch hier „das Gesetz der Notwendigkeit", das ihm in diesem Falle die Natur der Stoffe vorschrieb, frei befolgt.

Am Ende der Epoche, mit Praxiteles, der die Feinheit der Marmorarbeit aufs höchste gesteigert hat, beginnt die Feinheit des Stilgefühls zu erlahmen. Jetzt erscheinen Stützen auch bei originalen Steinskulpturen. Freilich zunächst noch wohlmotiviert und in die figürliche Komposition als wesentliche Stücke einbezogen. Doch darf man fragen, ob damit nicht doch schon die dem Marmor eigentlich gesetzten Grenzen überschritten sind.

                                                        XI.

Der großen Zahl aus dem Altertum erhaltener Bildwerke steht eine vergleichsweise kleine Zahl von Künstlernamen gegenüber, die mit bestimmten Werken in Verbindung gebracht werden können. Offenbar konnten die Griechen der guten Zeit zur Legitimation der Schönheit leichter auf die Beglaubigung durch eine Meisterbezeichnung verzichten, als es heute gewöhnlich ist. Sie sahen im Kunstwerk auf die Kunst, ohne nach dem Künstler viel zu fragen.

Diese von den griechischen Künstlern mit aller Selbstverständlichkeit geübte Zurückhaltung ist übrigens ein ganz allgemeiner Charakterzug der Antike. Auch Dichter und Historiker wollen nur die Sache. Aus dieser Sachlichkeit erklärt sich Thukydides' strenge Sparsamkeit in der Charakteristik selbst der bedeutendsten Männer. Uns freilich scheint es sonderbar, dass sogar in einem Memoirenwerk, wie es die Erzählung von dem Kriegszug der zehntausend Griechen ist, der Autor Xenophon sich nur in der dritten Person wie einen Fremden einführt. Es ist griechischer Stil der klassischen Zeit.

Aus dieser Zurückhaltung folgt, dass für uns wohl große Gruppen verwandter Bildwerke unterscheidbar zusammentreten, dass wir Schulzusammenhänge wahrnehmen, ohne überall einzelne Künstler namhaft machen zu können. In der Kunst ordnet der Einzelne sich dem allgemeinen Gesetz naturmäßiger Entwicklung unter. Die Geschichte der antiken Kunst wird darum immer wesentlich eine Darstellung künstlerischer Probleme bleiben müssen, wenn man will, bleiben können.

Lange Zeit haben sich auch die Griechen ohne eine große statuarische Kunst beholfen, wenigstens sind uns die frühesten künstlerischen Versuche nur in Tonfigürchen und kleinen Vollgussbronzen erhalten. Wir wissen nicht, wann und wie die ältesten Symbole, Steinhaufen, eckige Pfeiler, rohe Balken und Säulen, die in frühester Zeit Statuen der Götter vertreten mussten, zu organischer Gestalt umgebildet sind. Auch der sicher langwierige Prozess der Veredelung der rohesten Bildungen, der Vermenschlichung des Grässlichen und Grotesken liegt vor der Zeit, die durch Monumente bekannt ist. Nur aus der schriftlichen Überlieferung ist die versprengte Kunde von dem Holzbilde einer pferdeköpfigen Demeter von Phigalia zu uns gekommen, das um die Wende des VI. Jahrhunderts v. Chr. verbrannte und dann erst durch eine menschliche Bronzestatue ersetzt wurde.

Wo die statuarische Kunst der Griechen für uns greifbar wird, hat sie schon rein menschliche Gestalt und nationalen Charakter, nur in Kentauern, Satyrn und ähnlichen niederen Dämonen lebt eine Erinnerung an die frühesten Erfindungen der erschreckten Phantasie fort.

                                                        XII.

Nicht das Streben nach einem absoluten Schönheitsideal, sondern die Folgerichtigkeit naturmäßiger Entwicklung ist der Grundzug der griechischen Kunst. Der griechische Künstler stand immer befriedigt an seinem Platz, kaum einer mag das Bedürfnis empfunden haben, etwas anderes zu leisten, als gerade seiner Kraft angemessen war. Darum fehlt der griechischen Kunst jedes sehnsüchtige oder gar sentimentale Element, das in der neueren Kunst oft so peinlich hervortritt. Die Entwicklung der griechischen Kunstprobleme hat den Charakter eines sich geräuschlos und eigentlich schmerzlos vollziehenden Naturvorganges.

Das Bedürfnis, auch in geistigen Dingen einen festen Anfang zu setzen, zugleich das deutliche Bewusstsein, dass immer im entscheidenden Moment die Fähigkeiten einer Epoche sich in dem Geiste eines überragenden Mannes zusammenzufinden pflegen, hat die Griechen dazu geführt, die ersten wirklich organisch durchgebildeten Statuen den Händen eines bestimmten Mannes zuzuschreiben. Mythisch oder halbmythisch hebt mit dem Namen des Dädalos die Überlieferung der griechischen Kunst an, wie die Kunde von der ältesten Poesie sich in den Mythus von Orpheus verliert.

Dädalos, heißt es, hat zuerst die Beine der Bildsäulen zur Schrittstellung geöffnet und ihnen die Arme vom Körper gelöst. Die Jünglingsstatue aus Tenea (1) mag diesen dädalischen Typus verkörpern. Das Grundschema ist das ägyptischer Bildwerke, der Geist, in dem die Figur geschaffen ist, ist in jeder Einzelheit griechisch.

Die schurzbekleideten ägyptischen Steinskulpturen sind durch einen Pfeilerblock tektonisch gebunden, leblos trotz der Wahrheit der Körpermodellierung, der stolz nackte griechische Jüngling steht aus eigener Kraft auf seinen Füßen, nicht festgewurzelt, sondern mit leichten Sohlen auftretend: die Fersen sind frei gerundet mit der Leichtigkeit des griechischen Idealismus, der sich um einer höheren Bedeutung willen mit kleinen Zügen unbekümmert über die Wirklichkeit hinwegsetzt.

Bei den ägyptischen Figuren sind die Arme steif gestreckt, hier ist wenigstens der Versuch gemacht, sie in den Gelenken hängend zu bilden, dort sind die Augen mit schmaler Lidspalte nur halb geöffnet, hier dem „lieben Licht der Sonne" in weiter Rundung aufgetan. Wieder soll erst Dädalos die bis dahin geschlossenen Augen der Statuen offen gebildet haben. Das mag Missverständnis oder Übertreibung sein, die Nachricht beweist, dass die Griechen der späteren Zeit den Beginn wirklicher Kunst von dem Augenblick ab rechneten, wo ihren Künstlern der Wert des Auges, des am meisten ästhetisch empfindenden Organs, ins Bewusstsein trat.

Bei so vielen Unterschieden bleibt doch eine wichtige Übereinstimmung zwischen der Jünglingsfigur aus Tenea und den ägyptischen Werken bestehen, die strenge Gebundenheit in die reine Frontstellung und damit die vollkommene Symmetrie der rechten und linken Körperhälfte.

Hier musste die weitere Entwicklung einsetzen, die Haltung musste gelöst, die strenge Entsprechung durch freies Gleichgewicht ersetzt werden, wenn überhaupt der Anschein wirklichen Lebens gewonnen werden sollte.

Diesen scheinbar so einfachen Schritt in die Freiheit haben nur die griechischen Künstler zu tun vermocht, weder im antiken Orient noch in Ägypten ist an das entscheidende Problem mit Entschiedenheit gerührt worden.

                                                        XIII.

Die Belebung der Körperformen bei ruhigem Stand der Figur wird gewonnen, wenn der Künstler sich entschließt, die Körperlast ungleich auf beide Füße zu verteilen. Der Gegensatz von Stand- und Spielbein wirkt auf den ganzen Körper, die Glieder lösen sich, die Muskeln schieben sich auf der einen Seite vorquellend zusammen und straffen sich auf der andern Seite, die ganze Oberfläche des Leibes gerät in Bewegung, wie das lose und dichte Ringgefüge eines Kettenpanzers. Über ein Jahrhundert lang hat sich eine Folge von Künstlergenerationen an der Lösung dieser Aufgabe abgemüht, die alle andern Aufgaben der lebensgemäßen Darstellung des menschlichen Leibes in sich schließt. Denn eine wirkliche Lösung des Problems ist nur möglich, wenn der Künstler von der Architektur des Knochengerüstes, von den Funktionen der Muskeln und Sehnen und von dem Zusammenhang der einzelnen Glieder eine deutliche Vorstellung hat.

Leichter als das überaus verwickelte Formensystem des Körpers war der tektonische Fall der Gewandfalten aufzufassen und nachzubilden, und darum gelang auch die Darstellung gelösten Standes bei den bekleideten weiblichen Figuren früher als bei den nackten männlichen, in denen aber schließlich doch das Problem erst wirklich gelöst wird.

Die mannigfaltige und lebhafte Aktion der ägynetischen und olympischen Giebelgruppen, die energische Ausfallstellung der Tyrannenmörder (15), die Fixierung des Augenblicks „wo eine Bewegung schwunghaft in die andere übergehen soll" in dem Diskuswerfer Myrons (28) sind Momente des Ringens um die künstlerische Bewältigung des menschlichen Leibes. Anfangs verstehen die Künstler nur Arme und Beine ihrer Figuren frei zu bewegen, allmählich lernen sie auch die Formen des Rumpfes beherrschen, bis endlich in dem Doryphoros Polyklets (58) die vollkommene Form gefunden ist.

Hier ruht die Last des Körpers entschieden auf dem Standbein, der entlastete Fuß ist leicht zurückgestellt; nun schiebt sich die rechte Hüfte kräftig gegen die linke hoch, die rechte Schulter aber liegt tiefer als die linke, an die Stelle gleichmäßiger Anspannung und Zeichnung ist das freie rhythmisch bewegte Muskelspiel, ein fließender Umriss getreten.

Der Doryphoros Polyklets hält im Schreiten inne, er steht. Der Apoxyomenos Lysipps (95) aber hat wirklich den Anschein momentaner Bewegtheit, eben ist er, scheint es, im Begriff, die Last des Körpers von dem linken auf den rechten Fuß zu übertragen.

Das ist das Neue. Auch der Myronische Diskuswerfer ist nicht in dem Sinne bewegt wie diese Figur. Dort ist immer noch ein Augenblick der Ruhe festgehalten, freilich ein Augenblick, eingeschlossen zwischen zwei mächtige Bewegungswellen, aber eben doch ein Augenblick der Ruhe, wie der ausschlaggebende Pendel eine Sekunde lang stille steht, ehe er zurückschwingt.

Es ist eine ganz andere Art innerer Bewegtheit, die Lysipp wiederzugeben vermocht hat, indem er seinen Jüngling eine leichte Rechtsdrehung des Oberkörpers ausführen lässt.

Die Möglichkeiten der Eigenbewegung der freistehenden menschlichen Figur sind damit im Prinzip erschöpft.

Lysippos ist der Zeitgenosse Alexanders des Großen, dem er auch persönlich nahestand; er allein durfte das Porträt des Königs bilden.

Neben der energischen Frische seines Apoxyomenos steht die verträumte Sanftheit der praxitelischen Gestalten, die letzte zarteste Blüte der attischen Marmorkunst

Mit deutlicher Vorliebe lässt Praxiteles seine Figuren sich an eine feste Stütze lehnen, so dass man ihm am liebsten die Erfindung dieses neuen statischen Motivs zuweisen möchte. Bei dem Hermes aus Olympia (79), bei dem eidechsentötenden Apolloknaben (84), bei dem Satyrburschen (83) ist der Baumstamm nicht nachträgliche Kopistenzutat, er gehört als wesentliches Stück der ursprünglichen Konzeption.

Dadurch, dass ein Teil der Last auf die feste Stütze übertragen ist, wird dem Körper selbst ein Teil seiner Schwere abgenommen, die Muskeln sind physischer Kraftanspannung überhoben und werden dafür in einem Maße beseelt, wie es die frühere Kunst nicht gekannt hat. Wie spielt das feinste geistige Leben auch nur auf dem Rücken und in der zarten Gliederung der linken Hand der olympischen Figur, von dem Leibe und dem glänzenden Haupt zu schweigen.

Es ist der höchste Triumph der griechischen Kunst und ein Zeugnis bis ans Ende reinerhaltener Gesundheit, dass sie noch im Augenblick, wo Griechenlands politische Rolle ausgespielt war, so adelige, ohne einen Geschmack der Süßigkeit sanfte und zarte Bildungen, so scheue und kecke Jugend, so unantastbare Frauenschönheit hervorbringen konnte.

Was nach Praxiteles kam, ist nicht mehr ungemischt griechische Kunst. Mit der Epoche Alexanders begannen die Länder um das östliche Mittelmeerbecken, lange schon von griechischer Kultur angerührt, sich zu einem neuen Kulturkreis zusammenzuschließen. Den pathetisch vordringenden Geist dieser kriegerfüllten Zeit empfinden wir am deutlichsten an Werken wie der Nike von Samothrake (105) und dem Fries des Götter- und Gigantenkampfes vom Altar des Zeus in Pergamon (106, 107), dem letzten Denkmal eines machtvollen künstlerischen und ethischen Enthusiasmus.

                                                        XIV.

Jede einzelne Epoche der griechischen Kunst hat ihren unersetzlichen Wert. Die Formbestimmtheit der nackten Helden aus den äginetischen Giebelfeldern ist so einzig wie die lächelnde Grazie der gleichzeitigen ionisch-attischen Frauenbilder, so einzig wie die arkadische Anmut der praxitelischen Gestalten. Und doch mag alles das zugrunde gehen, wenn nur die Skulpturen des Parthenon erhalten bleiben. Zerbrochen, trümmerhaft, bleiben sie das Größte, was die Kunst des Altertums hervorgebracht hat.

Davon kann kein Bild und kein Abguss eine Vorstellung geben. Der Gips zerstört den Zauber der Marmorarbeit, er entgeistigt die Figuren, indem er den Eindruck der Masse vergrößert.

Der Parthenontempel auf der Burg von Athen ist mit seinem gesamten Skulpturenschmuck das Werk der Epoche des Phidias und des Perikles. Um die Mitte des V. Jahrhunderts v. Chr. begann der Bau, im Jahre 438 wurde das Athenabild aus Gold und Elfenbein dem Kultus übergeben, als der peloponnesische Krieg begann, waren auch die Skulpturen vollendet.

An diesen Arbeiten hat die attische Marmorkunst sich zur Reife entwickelt. Man spürt das Wachsen des künstlerischen Vermögens in der Reihe der Metopen, von denen einige neben der gleichmäßigen Freiheit des Frieses noch streng und gebunden erscheinen.

Die annähernd quadratischen Relieftafeln stellen in Einzelgruppen aufgelöste Kämpfe dar, der Götter mit den Giganten, der Athener mit asiatisch gekleideten Feinden, vielleicht den Amazonen, der Lapithen mit den mädchenräuberischen Kentauern. Diese letzten sind die vollständigst und best erhaltenen. Der Sieg gehört bald den Griechen, bald den Kentauren. Welche Freiheit des Geistes und welche Gewissheit innerer Überlegenheit beweist dies Volk, indem es sich mit gleicher Unbefangenheit bald siegend, bald besiegt darstellt. Und welche Wahrhaftigkeit in dieser Kunst.

Auch der Festzug, der als Fries das Tempelhaus innerhalb der Säulenhalle oben umläuft, ist keine Selbstverherrlichung, nichts weniger als ein Siegeszug; es ist eine schlichte Selbstdarstellung ohne einen Gedanken von Selbstgefälligkeit. Das Volk von Athen, das sich selbst gleichsam den Göttern darbringt. Denn die Götter, einfache Ebenbilder der Menschen, sind auf schlichten Sesseln sitzend, an der Sonnenaufgangsseite des Tempels gegenwärtig dargestellt, nicht mächtiger gebildet, als dass die stehenden Menschen die Größe der sitzenden Götter erreichen, und vor ihnen endet der lange Zug von Jungfrauen mit Opfergerät, von Männern und Jünglingen. Einige leiten die willigen oder widerspenstigen (aber nicht störrischen) Opfertiere, andere gehen zu Fuß, wieder andere lenken das feurige Dreigespann oder reiten die Rosse, deren Hufschlag klingen soll wie der Klang gegeneinandergeschlagener Metallbecken. Die letzten endlich, auf der Westseite, vollenden und rüsten erst Kleidung und Schirrung. Das Volk Athens, der Stadt, die Thukydides in Perikles' großer Leichenrede wenige Jahre später die Erzieherin von ganz Griechenland genannt hat.

Man spricht bei den Figuren des Frieses von typischer Bildung, weil alle den gleichen großen Zuschnitt haben, dessen Eindruck dadurch verstärkt wird, dass jeder Einzelne ganz bei der Sache ist: ein gleichmäßig feierlicher Ernst beseelt alle in der Erfüllung der einen heiligen Pflicht des Zuges zu den Göttern. Es bleibt kein Raum zu Äußerungen persönlichen Wollens und Wünschens, wenn alle Gedanken auf einen Zweck gerichtet sind, wie hier. Aber trotz der bewussten Beschränkung individueller Charakteristik und trotz der durch den Gegenstand gebotenen Gleichmäßigkeit der Empfindung ist jede Gestalt ein bestimmter unvergesslicher Mensch. Nur prägt sich die Besonderheit jedes Einzelnen nicht in den Zügen des Gesichtes aus — wo wir den Ausdruck der Persönlichkeit fast allein zu suchen und zu sehen gewohnt sind, sie erfüllt die ganzen Gestalten; hier aber in einem Maße, dass man für jeden Einzelnen den Namen suchen möchte, auf den er hört. Ja jedes Tier ist in Haltung und Gang ein Individuum. Nicht ein Mädchen trägt das faltenreiche Gewand ganz wie die Nachbarin, nicht ein Jüngling fasst den Opferkrug, den schönen, wie der Nachbar, nicht ein Reiter sitzt so zu Pferde wie die Genossen, obwohl sie alle vollendete Reiter sind, so dass man Wesen und Sinn dieser edlen Kunst ihrem Sitz und ihrer Haltung ablernen könnte, kein Gespann wirft so die Köpfe und hebt und setzt so die Füße wie das voraussprengende oder nachfolgende.

Mit spielender Leichtigkeit ist der wahrhaftungeheure Reichtum plastischer Motive der glatten Marmorfläche aufgezwungen, ohne dass man einen Augenblick ein Nachlassen der Erfindungskraft spüren könnte. Das ganze Werk ist mit dem sichersten Sinn für das menschlich und künstlerisch Wohlanstehende entworfen und vollendet.

Endlich die Giebelgruppen. Nur geringe Reste von beiden sind erhalten. Im Gefolge der schrecklichen Pulverexplosion, die im Jahre 1687 die Flanken des Tempels zerriss, müssen auch diese Teile gelitten haben. Aber das Erhaltene ist so überwältigend, dass man vergisst, nach dem Verlorenen zu fragen, zumal es doch einmal unersetzlich bleibt.

Welch Sturm in den hochgeworfenen Häuptern der Sonnenrosse im südlichen Winkel des Ostgiebels, welches Feuer in dem abwärts gebeugten Haupt, dem einzig erhaltenen aus Selenes nächtlichem Gespann in der nördlichen Giebelecke. Der Knabenhaftigkeit des arg verstümmelten Ilissos mit der weichen schimmernden Haut sieht die männliche Jugend des Theseus gegenüber. Hier erst sind die Figuren nicht durch gegenständliche Motive aufeinander bezogen, sondern durch die von der rein plastischen Phantasie des Künstlers erfundene Notwendigkeit zu unlöslichen Gruppen gefügt. Der mit aufgerichtetem Oberkörper gelagerte Gott im Westgiebel, an den sich die kniend zurückweichende Göttin erschreckt anschmiegt, seinen Nacken zutraulich mit einem Arm umfassend, die beiden thronenden Göttinnen im Ostgiebel und die ihnen entsprechende große Gruppe der Schicksalsgöttinnen, oder wie man sie sonst benennen will, mädchenhaft anmutig aneinandergeschmiegt und wieder jede einzelne in vollkommener Entwicklung des herrlichen Leibes sitzend oder offen gelagert, zierlich trotz der vollkommenen Reife jeder Form.

Das Unendliche dieser Gestalten liegt nicht darin, dass sich in ihnen vereinigt zeigt, was wir im Leben nur getrennt anzutreffen hoffen dürfen, sondern in der ergreifenden Bescheidenheit, womit der Reichtum künstlerischer Form vorgetragen wird, und in der außerordentlichen Ruhe und Sicherheit, womit den Empfindungen Gestalt gegeben ist, der unaussprechlichen Hoheit und dem doch so tröstlich Anteilnehmenden, freundlich sich Zuneigenden dieser Göttinnen. Kein Gedanke an den Künstler taucht auf, man steht ganz allein den Marmorbildern gegenüber, deren Anblick tröstet, „wie einen seine Mutter tröstet".

                                                        XV.

Den Forschungen und Ausgrabungen des verflossenen Jahrhunderts verdanken wir mehr von unserer Kenntnis der antiken Kunst, als den früheren Jahrhunderten zusammengenommen. Ägina, Olympia, Athen, Halikarnaß, Pergamon, die großen Etappen in der Entwicklung der griechischen Kunst, sind uns erst im Verlauf der letzten hundert Jahre bekannt geworden.

Diese außerordentliche Bereicherung unseres Besitzes musste das Urteil im Großen und im Einzelnen beeinflussen. Wir sind nicht mehr geneigt, die Mannigfaltigkeit der Formen unter ein charakterisierendes Schlagwort zusammenzufassen, das den griechischen Künstlern irgend eine formale Tendenz unterschieben würde, die ihnen gewiss ferngelegen hat. Aufrichtigkeit aber und Gesundheit waren die Lebenselemente der griechischen Kunst.

                                MAX SAUERLANDT.

000. Griechische Bildwerke

000. Griechische Bildwerke

000. Grablekython des Philurgos

000. Grablekython des Philurgos

000. Jüngling

000. Jüngling

001. Jünglingsfigur aus Tena, Um 600 v. Chr. Parischer Marmor, München

001. Jünglingsfigur aus Tena, Um 600 v. Chr. Parischer Marmor, München

002. Athena von der Akropolis in Athen, Zeite Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. Athen. Knidus

002. Athena von der Akropolis in Athen, Zeite Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. Athen. Knidus

003. Weibliche Fifur von der Akropolis in Athea, Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. Athen

003. Weibliche Fifur von der Akropolis in Athea, Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. Athen

004. Jünglingskopf, Zeite Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. Kopenhagen, Tarent

004. Jünglingskopf, Zeite Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. Kopenhagen, Tarent

005.-006. Giebekfiguren vom Tempel der Aphaia auf Ägina, Anfg. des 5. Jahrhunderts v. Chr.

005.-006. Giebekfiguren vom Tempel der Aphaia auf Ägina, Anfg. des 5. Jahrhunderts v. Chr.

007. Jünglingskopf aus Herkulaneum. Bronze. Anfg. d. 5. Jakrh. Neapel, Caulonia

007. Jünglingskopf aus Herkulaneum. Bronze. Anfg. d. 5. Jakrh. Neapel, Caulonia

008.-009. Giebelfiguren vom Tempel der Athaia auf. Ägina, Anfg. d. 5. Jahrhh. v. Chr.

008.-009. Giebelfiguren vom Tempel der Athaia auf. Ägina, Anfg. d. 5. Jahrhh. v. Chr.

010. Grabrelief zweier Mädchen. Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. Paris. Louvre

010. Grabrelief zweier Mädchen. Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. Paris. Louvre

011. Relief vom Ludovisischen Thron. Marmor. Anfang des 5. Jahrh. v. Chr. Rom

011. Relief vom Ludovisischen Thron. Marmor. Anfang des 5. Jahrh. v. Chr. Rom

012. Kopf des Wagenlenkers aus Delphi. Erste Hälfte des 5. Jahrhundert. v. Chr. (Nach einem Gipsabguss des Bronzeoriginals)

012. Kopf des Wagenlenkers aus Delphi. Erste Hälfte des 5. Jahrhundert. v. Chr. (Nach einem Gipsabguss des Bronzeoriginals)

013. Wagenlenker aus Delphi, Erste Hälfte des 5. Jahrhunderts

013. Wagenlenker aus Delphi, Erste Hälfte des 5. Jahrhunderts

014. Jünglingskopf von der Akropolis in Athen. Anfg. des 5. Jahrhunderts v. Chr. Athen, Leontini

014. Jünglingskopf von der Akropolis in Athen. Anfg. des 5. Jahrhunderts v. Chr. Athen, Leontini

015. Harmodios und Aristogeiton. Gleich nach 480 v. Chr. (herzogliches Museum in Braunschweig)

015. Harmodios und Aristogeiton. Gleich nach 480 v. Chr. (herzogliches Museum in Braunschweig)

016. Diana und Aktäon. Metope vom Heratempel in Selinus. Kalkstein und Marmor, zweites Viertel des. 5. Jahrh. v. Chr. Palermo, Akanthus

016. Diana und Aktäon. Metope vom Heratempel in Selinus. Kalkstein und Marmor, zweites Viertel des. 5. Jahrh. v. Chr. Palermo, Akanthus

017. Hera sich dem Zeus entschleiernd, Metope vom Heratempel in Selinus.

017. Hera sich dem Zeus entschleiernd, Metope vom Heratempel in Selinus.

018.-019. Aus dem Westgiebel des Zeustempels in Olympia. 18 Kopf des Apollo, 19 Kentaur und Lapithin

018.-019. Aus dem Westgiebel des Zeustempels in Olympia. 18 Kopf des Apollo, 19 Kentaur und Lapithin

020. Apollo aus dem Ostgiebel des Zeustempels in Olympia

020. Apollo aus dem Ostgiebel des Zeustempels in Olympia

021. Herakles bringt der Athena die stymphalischen Vögel. Metope vom Zeistempel in Olympia, Olympia und Paris. Eretria

021. Herakles bringt der Athena die stymphalischen Vögel. Metope vom Zeistempel in Olympia, Olympia und Paris. Eretria

022.-023. Metopen vom Zeustempel in Olympia. Zweites Viertel des V. Jahrhunderts v. Chr.

022.-023. Metopen vom Zeustempel in Olympia. Zweites Viertel des V. Jahrhunderts v. Chr.

024. Wettläuferin. Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Marmorkopie, Rom, Naxus

024. Wettläuferin. Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Marmorkopie, Rom, Naxus

025. Dornauszieher, Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Bronze, Rom

025. Dornauszieher, Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Bronze, Rom

026. Apollo aus Pompeji, Bronzekopie, Neapel, Naxus

026. Apollo aus Pompeji, Bronzekopie, Neapel, Naxus

027. Jünglingsfigur aus Subiaco. Mitte des V. Jahrhunderts v. Chr. Marmorkopie, Rom

027. Jünglingsfigur aus Subiaco. Mitte des V. Jahrhunderts v. Chr. Marmorkopie, Rom

028. Myrons Diskuswerfer. Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Marmorkopie aus Castel Porziano. Rom

028. Myrons Diskuswerfer. Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Marmorkopie aus Castel Porziano. Rom

029. Myrons Diskuswerfer. Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. ERgänzung in Gips von G. E. Rizzo, Rom

029. Myrons Diskuswerfer. Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. ERgänzung in Gips von G. E. Rizzo, Rom

030. Kopf des sogen. Idolino, Bronze, Florenz. Akragas

030. Kopf des sogen. Idolino, Bronze, Florenz. Akragas

031. Idolino, Bronze, Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Florenz

031. Idolino, Bronze, Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Florenz

032. Apollokopf der Sammlung Baracco, Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Rom, Abdera

032. Apollokopf der Sammlung Baracco, Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Rom, Abdera

033. Apollo. Mitte des 5. Jahrhundert v. Chr. Marmorkopie, Rom

033. Apollo. Mitte des 5. Jahrhundert v. Chr. Marmorkopie, Rom

034. Kopf der Athena Lemnia des Phidias. Um 450. Marmorkopie, Bologna, Athen

034. Kopf der Athena Lemnia des Phidias. Um 450. Marmorkopie, Bologna, Athen

035. Athena Lemnia von Phidias. Um 450. Marmorkopie, Dresden

035. Athena Lemnia von Phidias. Um 450. Marmorkopie, Dresden

036. Kentaur und Lapithe. Um 445. Pentelischer Marmor. Metope vom Parthenontempel in Athen. London

036. Kentaur und Lapithe. Um 445. Pentelischer Marmor. Metope vom Parthenontempel in Athen. London

037. Vom Ostfries des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor. Poseidon. Apollo und Artemis, London

037. Vom Ostfries des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor. Poseidon. Apollo und Artemis, London

037.-038. Vom Ostfries des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor.

037.-038. Vom Ostfries des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor.

038. Vom Ostfries des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor. Athenische Mädchen und athenischer Bürger. Paris

038. Vom Ostfries des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor. Athenische Mädchen und athenischer Bürger. Paris

039. Vom Nord- und Westfries des Parthenontempels in Athen. Jünglinge, Opfertiere leitend

039. Vom Nord- und Westfries des Parthenontempels in Athen. Jünglinge, Opfertiere leitend

039.-040. Vom Nord- und Westfries des Parthenontempels in Athen.

039.-040. Vom Nord- und Westfries des Parthenontempels in Athen.

040. Vom Nord- und Westfries des Parthenontempels in Athen. Reiter, pentilischer Marmor, Athen

040. Vom Nord- und Westfries des Parthenontempels in Athen. Reiter, pentilischer Marmor, Athen

041.-042. Vom West- ind Nordfries des Parthenontempels in Athen. Reitergruppen. Pentilischer Marmor, Athen

041.-042. Vom West- ind Nordfries des Parthenontempels in Athen. Reitergruppen. Pentilischer Marmor, Athen

043. Pferdekopf. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Um 435 v. Chr. Pentilischer Marmor. London

043. Pferdekopf. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Um 435 v. Chr. Pentilischer Marmor. London

044. Theseus.. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Um 435 v. Chr. Pentilischer Marmor. London

044. Theseus.. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Um 435 v. Chr. Pentilischer Marmor. London

045. Nike. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor. London

045. Nike. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Pentilischer Marmor. London

046. Drei Göttinnen. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Um 435 v. Chr. Pentilischer Marmor. London

046. Drei Göttinnen. Aus dem Ostgiebel des Parthenontempels in Athen. Um 435 v. Chr. Pentilischer Marmor. London

047. Orpheus und Eurydike. Zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Kopie. Neapel. Ägina

047. Orpheus und Eurydike. Zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Kopie. Neapel. Ägina

048. Die Eleusinischen Gottheiten Demeter Kore und Triptolemos. Zweite Hälfte d. 5. Jahrh. v. Chr. Pentelischer Marmor. Athen

048. Die Eleusinischen Gottheiten Demeter Kore und Triptolemos. Zweite Hälfte d. 5. Jahrh. v. Chr. Pentelischer Marmor. Athen

049. Perikles, 5. Jahrh. v. Chr. Marmorkopie, London, Thurium

049. Perikles, 5. Jahrh. v. Chr. Marmorkopie, London, Thurium

050. Mädchen vom Erechtheion auf der Burg in Athen. Um 415 v. Chr. London

050. Mädchen vom Erechtheion auf der Burg in Athen. Um 415 v. Chr. London

051. Amazonenherme. 5. Jahrh. v. Chr. Bronzekopie, Neapel, Terina

051. Amazonenherme. 5. Jahrh. v. Chr. Bronzekopie, Neapel, Terina

052. Die Matteische Amazone im Vatikan nach Phidias. Marmorkopie, Rom

052. Die Matteische Amazone im Vatikan nach Phidias. Marmorkopie, Rom

053. Grabstelle. Zweite Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr. Pentelischer Marmor. Berlin. Terina

053. Grabstelle. Zweite Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr. Pentelischer Marmor. Berlin. Terina

054. Grabstelle der Hegeso. Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. Pentelischer Marmor, Athen

054. Grabstelle der Hegeso. Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. Pentelischer Marmor, Athen

055. Kopf eines Knaben mit Siegerbinde. Bronze, Ende des 5. Jahrh. v. Chr. München. Messana

055. Kopf eines Knaben mit Siegerbinde. Bronze, Ende des 5. Jahrh. v. Chr. München. Messana

056. Kopf eines Knaben mit Siegerbinde. Bronze. Ende des 5. Jahrh. v. Chr.

056. Kopf eines Knaben mit Siegerbinde. Bronze. Ende des 5. Jahrh. v. Chr.

057. Hermenbüste des Doryphoros nach Polyklet. Bronzekopie von Apollonis aus Athen. Neapel. Aenus

057. Hermenbüste des Doryphoros nach Polyklet. Bronzekopie von Apollonis aus Athen. Neapel. Aenus

058. der Doryphoros des Polyklet. Zweite Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr. Marmorkopie. Neapel

058. der Doryphoros des Polyklet. Zweite Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr. Marmorkopie. Neapel

059. Kalathiskostänzerin. Marmor. Ende des 5. Jahrh. Berlin. Kgl. Museum

059. Kalathiskostänzerin. Marmor. Ende des 5. Jahrh. Berlin. Kgl. Museum

060. Amazone des Polyklet. zweite Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr. Berlin

060. Amazone des Polyklet. zweite Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr. Berlin