Absatz.

Es ist übrigens unmöglich alle Umstände zu berühren, glaube auch ganz gewiß, daß die herauskommende Neuländer und zum Theil Menschendiebe, niemals solche elende, beschwerlich und dabey höchst gefährliche Reise mit solchen Umständen und gründlichen Warheiten werden entdecket haben.

Pennsylvanien oder andern Englischen Colonien werden denen Neuländern welche heraus reisen, öfters viele Briefe mitgegeben. Wenn sie damit nach Holland kommen, lassen sie diese Briefschaften aufbrechen, oder brechcn sie selbst auf, und so jemand lamentabel und die Warheit geschrieben, so wird ein solcher Brief entweder fälschlich decupirt, oder gar hinweg geworfen. Ich habe in Pennsylvanien von solchen Menschen-Dieben selbst hören erzehlen, daß sich in Holland Leute und zwar Juden genug befänden welche ihnen um geringes Geld alle Pettschafften abstechen, und alle Handschriften perfecl nachschreiben können, wie man es verlange. Sie wissen alle Züge und Buchstaben Zeichen und Merkmale so ähnlich nachzumachen, daß derjenige, dessen Handschrift sie nachgemacht, selbst bekennen mußte, es wäre seine Handschrift. Durch solche Streiche betrügen sie auch Leute, die eben nicht leichtgläubig sind, und üben ihre bösen Streiche desto verdeckter aus. Sie sagen selbst bey ihren Vertrauten: Dieses seye ihr bester Vortheil, damit sie die Leute eher beschwätzen und fortbringen können. Ich bin selbst beynahe betrogen worden.


In Holland nemlich haben große Kaufleute getrachtet, mich nicht vollende heraus zu lassen sondern mich wiederum mit List und Gewalt zurück nach Engelland und Amerika beschwätzen wollen. Denn dieselbe haben mir nicht nur mündlich in Rotterdam vorgebracht, sondern auch noch aus Amsterdam schriftlich bewegen wollen, daß meine Frau und Kind nebst einer Schwägerin, auch vielen Landsleuten im letzten Sommer mit dem letzten Transport seyen zur See nach Philadelphia gegangen. Sie haben mir dabei vollkommen erzehlet, wie meine Frau, Kind und ich mit Namen heißen, wie groß und alt sie seyen, und daß meine Frau gesaget habe, daß ihr Mann schon 4. Jahre Organist in Pennsylvanien seye; haben mir auch dabei meiner Frau Namen in einem Brief gezeigt, und gesagt, mit was für einem Schiff und Capitain diese Personen von Amsterdam abgefahren wären, wie auch, daß meine Frau in der Bettstatt Num. 22 mit noch 4. Weibs-Personen logieret sey, welches mich ganz ungemein verwirrt und unschlüssig gemacht. Ich habe ihnen meiner Frauen Briefe entgegen gehalten, worinnen deutlich gemeldet, daß sie ihr Lebtage nicht ohne mich dahin ziehe, sondern vielmehr mit Verlangen auf mich warte, und daß ich ihr auch wiederum Nachricht gegeben hätte, wie ich nun mit Gott entschlossen wäre, nechstes Jahr nach Deutschland heraus zu kommen, deßwegen ich ohnmöglich dieses glauben könne. Worüber aber die Kaufleute es mit Zeugen behaupten wollen, welches mich zwar sehr consternirt gemacht, daß ich auch nicht gewußt, was ich glauben oder thun sollte. Endlich aber nach reifer Ueberlegung, und ohne Zweifel göttlicher Direction, habe ich den Schluß gefaßt, sonderheitlich weilen ich damals schon den größten Theil meiner beschwerlichen Reise, nemlich 1400 Stunden zurück geleget, und nunmehr an Deutschland angelanget war, in Gottes Namen vollends meine Reise fortzusehen, welches dann auch geschehen, bin also, dem Höchsten seye Dank, dieser großen Versuchung entronnen. Dann ich habe gesehen, daß alles nicht wahr gewesen, was man mir in Holland von denen Meinigen vorgeschwatzt und gezeiget hatte, weil ich Frau und Kind glücklich zu Hause angetroffen habe. Wenn also ich denen Verführern des Volks geglaubet hätte, und wiederum zur See nacher Engelland und Amerika zurück gegangen wäre, so würde durch mein Rückbleiben nicht nur diese Nachricht nicht so bald vielleicht bekannnt worden seyn, sondern ich und die Meinigen wären schwerlich oder gar nicht mehr in dieser Welt zusammen gekommen. Es haben aber die oft bemeldte Menschen-Diebe, wie ich hernach erfahren, den Kaufleuten in Holland mich und meine Frau mit Namen vollkommen beschrieben, und die Neuländer haben meine Frau zum zweytenmal mit beschwätzen wollen. Die Kaufleute haben ohne Zweifel gedacht, daß, wenn ich wiederum heraus käme, so würde ich ihren ganzen Kram und den jämmerlichen Zustand der in so großer Menge dahin gezogenen und verunglückten Familien entdecken, und ihnen dadurch künftig an der Seefahrt und Menschen-Handel einen großen Schaden verursachen. Ich muß hier noch etwas nachholen, das ich oben vergessen habe. So bald die Schiffe, die Leute aus Europa bringen, vor Philadelphia den Anker geworfen haben, werden den nechsten Vormittag alle Mannspersonen von 15 Jahren an aus dem Schiff in ein Boot gesezt, und in die Stadt Paarweiß auf das Court- oder Stadt-Haus geführet. Daselbst müssen sie der Krone Großbritannien huldigen. Wenn dieses geschehen, werden sie eben so wider in die Schiffe geführet. Hierauf gehet erst der Menschenhandel an, wie ich oben erzehlet. Ich setze nur noch dieses hinzu, daß man bey dem Kaufen der Leute weder nach einem Abschied noch ehrlichen Namen fraget. Wenn einer dem Strick entlaufen wäre, und hätte ihn noch am Halse hängen, oder wenn er auch seine beyde Ohren in Europa gelassen hätte, so würde ihm doch deßwegen in Pennsylvanien nichts in Weg gelegt. Wenn er aber sich wider aus Excessen betreten läßt, so ist keine Rettung mehr für ihn vorhanden. Für Galgen- und Radmäsige Leute ist also Pennsylvanien ein erwünschtes Land.