Das wohlangelegte Almosen

Gotthold reichte einem armen Menschen aus gutem Herzen ein kleines Almosen, und hatte dabei wohl den guten Willen: dass die linke Hand nicht wissen sollte, was die rechte gäbe. Indes rühmte aber der Arme doch bei jedermann auch diese an sich ganz geringe Wohltat sehr hoch; er wünschte seinem Wohltäter Vergeltung, und Gottes reichen Segen: Nicht nur über ihn, rief er, sondern über seine Kinder triefe des Herrn Segen herab, wie eine Tauwolke: Gotthold hörte es nicht ohne innige Freude: Mein Gott, sagte er, nicht über den Ruhm meiner geringen Wohltat freu' ich mich, denn was wäre diese Kleinigkeit gegen die Summe, die ich dir, und meinen Brüdern schuldig bin? aber darüber freu' ich mich, dass so ein kleines Körnlein einen so guten Acker gefunden hat. Es ist mir lieb, nicht dass ich diesem Menschen was geschenkt habe, sondern, dass deinem Kinde mein geringes Geschenke so angenehm war, und dass ich mir um eine solche Kleinigkeit die Fürbitte eines armen Gläubigen für mich und die Meinigen bei dir erkauft habe. Diese Fürbitte schätz ich hoch, denn ich bin’s versichert: ein Gebet, das ein Christ für den andern mit dankvoller Freudigkeit im Glauben, und in Liebe verrichtet, kann bei dir, o Gott! gewiss viel zu Wege bringen: eine Gabe, auch einem Unwürdigen um deinetwillen gereicht, kann nicht verloren sein; wird sie aber einem frommen, und dir wohlgefälligen Christen gegeben, so kann sie nicht anders, als hundertfältige Früchte bringen.