Das gute Aussehen

Wie er doch so gut aussieht, hieß es von einem Kranken, den Gotthold so eben besuchte, man möchte wohl meinen, es könne ihm einmal nichts fehlen; und es stund doch sehr gefährlich mit ihm. So geht es gar zu oft, dachte Gotthold, auch in der Welt zu: die Reichsten sind oft die Ärmsten, und die Unglücklichsten; ein Schiff, das gar zu schwer geladen ist, geht leicht zu Grunde. Manchem Menschen gelingt zwar alles, und sein Vermögen mehrt sich täglich, deswegen darf er aber nicht glauben, er sitze Gott im Schooße; vielmehr, desto gefährlicher steht’s dann um seine Seligkeit. So ein Mensch dürfte wohl auf der Hut sein, dass nicht auch er hören müsse: Sohn, denke, dass du dein Gutes im Leben empfangen hast. — Mein Gott! du magst mir vom Zeitlichen geben, was dir gefällig ist, so gib mir nu: ein Herz, das beim Wenigen nicht kleinmütig, und beim Vielen nicht hochmütig wird, sondern in allen Dingen sich gnügen lässt.