Sankt Othmars Legel

Sankt Othmars Legel

Bei Gastereien, wo die Flaschen truppweise aufmarschieren, heißt es, da ist ja Othmars Legel. Was ist Legel? Wer ist Othmar? Legel, Lägel, ist ein kleines hölzernes Fässchen, aus dem lateinischen lagena, mittellateinisch legula. Othmar aber war Abt von St. Gallen; später auf Wörd bei Stein am Rhein verwiesen, starb er alldort im Jahre 759. Als in der Folge sein Leichnam von da nach seiner Abtei geführt wurde, erhob sich ein furchtbarer Sturm auf dem Obersee und die Schiffer hatten bei ihrer Arbeit zur Erquickung nur ein „Legel“ mit Wein, das aber wunderbarer Weise, soviel sie auch daraus tranken, nicht leer wurde.


Othmars Legel spielt auch in der Redensart: „Er hat des Helden Legel bekommen“, was so viel bedeutet, als geprellt werden, eine Rolle. Man erzählt sich die Geschichte so: Zwei fahrende Schüler kamen einst auf die raue Alp in Schwaben, wovon der eine, so Held hieß, Abends in die Stube eines bemittelten Bauern trat und um Nachtessen sowohl, als um Herberge bat, was ihm gewährt wurde. Während des Essens langte er zum Fenster der Hütte herein seine Weinflasche, die er dorthin gesetzt hatte, und brachte es seinen Wirtsleuten zu. So oft die Flasche leer war, setzte er sie wieder zum Fenster hinaus, damit sein Kamerad sie aus dem „Legel“ füllen konnte. Die Leute taten sich gütlich und waren verwundert, dass die Flasche nie leer wurde, daher sie fragten, wie das zugehe? Das ist, sprach der fahrende Schüler, Sankt Othmars Fläschlein, das nie leer wird. Der Bauer wünschte dieses Wundergefäß zu kaufen, und erhielt es für 100 fl., aber es hat sich hernach nie wieder von selbst mit Wein angefüllt.

Hier gab der Name des schlauen fahrenden Schülers Held Anlaß zu dem Sprichworte: „Er hat des Helden Legel bekommen“, d. h. er ist geprellt worden; er glaubte was Wunder erschachert zu haben und hatte nichts.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 1