Habt ihr meiner auch gedacht?

Habt ihr meiner auch gedacht?

Diese ganz einfach vom Gefühle der Freundschaft, Liebe, der Theilnahme diktierte und mit dem gewöhnlichen Sprachgebrauche innig zusammenhängende Redensart hat auch einen historischen Hintergrund, der sich in sehr ferne Zeiten verliert und zur obigen Ableitung von Gefühlen der Teilnahme keine Beziehung hat. Ein Herzog von Braunschweig hatte zu Wolfenbüttel einen Vogt, der, um den Anforderungen seines Gebieters in Kleidern und anderen Geräten zu genügen, viel Schulden machte. So geschah es denn, dass ihn die Gläubiger selbst baten, ihrer, wenn er mit dem Fürsten spräche, zu gedenken und durch seine Fürsprache ihre Bezahlung zu erwirken. So oft nun der Vogt nach der Stadt und über die Schlossbrücke ritt, sprach er zu sich: Alle Plagen sollen den treffen, welcher mich heut' mahnen wird! Fragte ihn nun Jemand: „Habt ihr meiner auch gedacht“, so war die Antwort des Vogtes: „Ja, ich habe deiner gedacht, als ich heut' über die Schlossbrücke ritt!“



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 1