Der Bock Lamprecht

Der Bock von Lamprecht

Da haben wir es gleich mit drei ganz possierlichen Vorfällen zu tun, von denen zwei der Kulturgeschichte, der dritte zur Geschichte der Dorfdiplomatie gehört, zu welcher letzteren mancher Salon-Diplomat mit Erfolg in die Schule gehen könnte. Der Bock von Lamprecht gehört in der Tat zur derbsten Sorte des Volksschimpfs.


Damit verhält es sich so: die Gemeinde Lamprecht besitzt in den ausgedehnten Waldungen Deidesheims (Hardtgebirge) verschiedene Weide- und Streunutzungsberechtigungen, um deren Anerkennung sie schon seit dem 14. oder 15. Jahrhundert verpflichtet ist, alljährlich diesem Städtchen unter Beobachtung gewisser Förmlichkeiten einen Geißbock zu liefern. Denselben muss am dritten Pfingsttage der jüngste Bürger Lamprechts an einem Stricke über das Gebirge führen und vor Sonnenaufgang nach Deidesheim an das bestimmte Haus bringen, woselbst dann der Führer einen Imbiss erhält. Der Bock selbst wird hierauf versteigert. An Klagen und Prozessen wegen dieses duftigen Tieres fehlte es nicht; Lamprecht wollte schon oft die Bocklieferung in eine Geldleistung umwandeln; es ward nicht angenommen. In Folge eines solchen Prozesses ward die Lieferung von 1851 bis 1858 sistiert, und es kam daher nach Austrag desselben zur Absendung von 8 Stück Böcken auf einmal. An dieser Lieferung im J. 1858 sollen aber wieder Häkchen gefunden worden sein, und die Deidesheimer geben den Gedanken nicht auf, die „Lamprechter dennoch aus dem Walde zu bringen,“ wie sie sagen.*)

*) Rheinische Blätter, 1858, Nr. 126

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 1