Das heilige Grab hüten

Das heilige Grab hüten

Mit dieser frommen Phrase umschreibt man die trostlose Situation, wenn man für Nichts und wieder Nichts eine Arbeit verrichtet hat. Einen historischen Nachweis gibt es für diesen Volksschimpf nicht. Und doch muß ihm etwas zu Grunde liegen. Es scheint demnach, man stellt sich das Hüten des h. Grabes, welches sich bis auf die Gegenwart erhalten hat, als eine Aufgabe vor, die Niemand umsonst leisten will, höchst wahrscheinlich zunächst mit Beziehung auf das Undankbare derselben, indem der auferstehende Herr die Hüter zu Schanden machte und ihnen das Grab leer hinterließ. Der alte Bebelius mit seinem Satze: „Nemo custodit gratis sacrum sepulcrum Christi“ führt uns auf obige Fährte. Das heilige Grab als einen Gegenstand allgemeinen Interesses zu hüten, nämlich für alle übrigen, und zwar auf seine Kosten Wache dabei zu stehen, kann nicht irgend ein Einzelner ohne Weiteres verhalten werden. Jedenfalls ist die Redensart ziemlich alt, denn schon Luther sagt ausdrücklich: „Niemand will das heilige Grab umsonst hüten.“



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 1