Bourguignons salés

Bourguignons salés

Ein Volksschimpf heiterer Art sind aber die eingesalzenen Burgunder „Bourguignons salés“. Auf unsern Feldern stehen, zur Schweinefütterung bereit, große, fette Rüben, die wir auch Burgunder nennen. Was aber sind die gesalzenen Burgunder? Ist's Fleisch oder Fisch, Kraut oder Rübe? Sind es Dinge aus dem Lande der „Tochter des Nebels“ oder ist es etwas — zum Essen?


Es bestehen drei Erklärungen, von denen nur die Eine appetiterregend ist, die nachfolgende aber durchaus nicht. Es soll im J. 1422 der Prinz von Oranien im Namen des Herzogs von Burgund die Stadt Aigues-mortes unter Karl VII. eingenommen und einige Kompagnien Burgunder als Besatzung hineingelegt haben. Die Einwohner, über sie erbittert, sollen die armen Kerle umgebracht und förmlich eingepökelt haben, entweder um sie als Siegestrophäe länger aufzubewahren oder um die verpestende Ausdünstung fern zu halten.

Etwas feiner und auch wahrscheinlicher klingt die Deutung, dass die Burgunder, als die erste germanische Völkerschaft die das Christentum angenommen, von ihren Nachbarn spottweiße die Gesalzenen genannt wurden, weil ihnen bei der Taufe, wie das noch heute geschieht, Salz in den Mund gelegt ward (sal sapientiae).

Geistreich und fast am wahrscheinlichsten lautet die Erklärung, welche wir in den „Ducatiana“ finden, wo es heißt:

Bourguignons salés ist eine Anspielung auf die Träger einer Art kleiner alter Helme, welche man Salade nannte (petit casque ancien qu’on appeloit salade), daher das Wortspiel, wozu diese Redensart die Veranlassung gab; ein altes Volkslied lautet nämlich:

„Bourguignon salé,
L’épée au côté,
La barbe au ménton,
Saute, Bourguignon.“


Deutsch etwa:

Die Salatschüssel auf dem Kopf,
An der Seite die Kling',
Den Bart um das Kinn,
Burgunder, jetzt spring!


Das Bourguignon salé scheint eben die Anspielung auf die vorerwähnte salatschüsselähnliche Kopfbedeckung zu sein.*)

So wäre denn das Bourguignon salé vielleicht ein Spottwort auf die alte Burgunder Miliz; ja man will es auch auf die Dickköpfigkeit der Burgunder deuten, welche schon d’Aubigné in seiner Redensart: „Burgundische Köpfe" (Bourguignons testus) verspottet.

Im Gegensatze zu dem Spottworte Bourguignon salé steht aber der ganz ernstlich gemeinte „Schlag eines Burgunders“, coup de Bourguignon, welche Redensart verschieden angewendet wird und einen interessanten historischen Ursprung hat. Charles de Gontaut, Herzog von Biron, ließ sich von einem berühmten Astrologen seiner Zeit das Horoskop stellen. Der Astrologe warnte ihn nun, er möge sich nur vor einem Schlage von hinten, den ihm ein Burgunder versetzen würde, in Acht nehmen, denn dieser würde seinen Tod zur Folge haben. Als in der Folge Biron überwiesen wurde, gegen den Staat konspiriert zu haben, wurde er verurteilt, in der Bastille zu Paris geköpft zu werden. Gleich nach dem ersten Verhör hatte Biron gefragt: was für ein Landsmann der Henker von Paris sei. Als er vernommen, dass es ein Burgunder sei, gab er sich verloren. Aus dieser Zeit stammt die Redensart des „coup de Bourguignon“, von der oft eine von ihrer Entstehung ganz abweichende Anwendung gemacht wird. So sagt man auch: „Après le coup Bourguignon sage“ nun ja wohl, im Grabe macht man keine Dummheiten mehr.

*) Gesellschafter von Gubitz (Berlin 4°) 1853, Nr. 138, S. 663.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 1