Gibt es eine künstliche Wetterbeeinflussung?

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1929
Autor: Prof. Dr. K. Knoch, Erscheinungsjahr: 1919

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Klima, Wetter, Meteorologen, Sonntagswetter, Regenwetter, Wettermacher, Regenmacher, Plantagenbesitzer, Schwindler, Wolkenbildung, Vulkanausbrüche,
Es war vor etwa fünfzehn Jahren, als beim Preußischen Meteorologischen Institut in Berlin ein Schreiben eines Herrn N. einlief, dass links oben in der Ecke stolz die Worte trug: Institut für Wetterbeeinflussung. Der Leichtgläubige stutzt dabei und nimmt an, dass wieder einmal einer der vielen Träume der Menschheit in Erfüllung gegangen sei. In dem erwähnten Schreiben behauptete der Absender, dass er über eine Methode verfüge, das Wetter zu beeinflussen. In einem Rundschreiben forderte er dann später gewisse Interessentenkreise, das heißt vor allem die Besitzer von Sommerlokalen in der Berliner Umgebung auf, bei ihm für gutes Sonntagswetter zu abonnieren. Dabei war die Preisabstufung in dem gleich beigegebenen Tarif sehr bemerkenswert. Das bereits an dem vorhergehenden Mittwoch beeinflusste Sonntagswetter war am teuersten, und es stufte sich bis zum Samstag ab, wo es dann so billig war, dass auch der Minderbemittelte sich sein Sonntagswetter von Herrn R. hätte fabrizieren lassen können.

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Mit seinem ersten Rundschreiben scheint dieser Wettermacher aber nicht viel Erfolg gehabt zu haben. In einem späteren Schreiben erklärte er sich bereit, eine Probe seiner Kunst zu geben: er wollte die vier nächsten Sonntage verregnen lassen, um die Menschheit wegen ihrer Ungläubigkeit zu bestrafen. Tatsächlich waren diese Sonntage verregnet, und Herr R. triumphierte stolz: „Seht, dies ist mein Werk!“ Aber trotz alledem hat er wohl seine Mitmenschen von seiner Kunst doch nicht zu überzeugen vermocht. Das „Institut für Wetterbeeinflussung“ hat später nichts mehr von sich hören lassen.

Diese verbürgte Tatsache ist ein typisches Beispiel von den mehrfach vorgekommenen Fällen, in denen sich ein Schwindler eines der in der Luft liegenden dringlichen Probleme, deren Erfüllung von vielen herbeigesehnt wird, bemächtigt und einen kühnen Angriff auf den Geldbeutel der vielen, die nicht alle werden, unternimmt. Vielleicht gehören auch manche von den „Regenmachern“ (rain-makers) hierher, die seit Jahren in ackerbautreibenden Distrikten von Kalifornien und Australien, wo sich zeitweise große Dürren einstellen, ihr Wesen treiben und mit pomphaften Anpreisungen den Planlagenbesitzern meist für viel Geld ihre Dienste anbieten. Neben diesem mehr oder minder offenbaren Schwindel hat sich aber auch die abwägende Wissenschaft mit diesem Problem beschäftigt, so dass ein Buch von A. Wendler, das die hierhergehörenden Versuche zusammenfasst und ihre physikalischen Möglichkeiten erörtert, neuerdings viel Beachtung gefunden hat.

Die Frage, ob das Wetter durch menschliche Eingriffe zu beeinflussen ist, wurde besonders rege erörtert, als während der Weltkriegsjahre das häufige schlechte Wetter an der Westfront von nicht sehr kundigen Wetterbeobachtern mit der ungeheuren Tätigkeit der Artillerie in Verbindung gebracht wurde.

Die umfangreichsten Versuche, die zur Wetterbeeinflussung von wissenschaftlicher Seite unternommen worden sind, sind die zur Hagelbekämpfung. Hagelgefährdete Stellen in Frankreich, Italien, Österreich wurden zu diesem Zwecke mit sogenannten Hagelkanonen besetzt, die den bekannten Böllern ähnelten, nur mit dem Unterschied, dass sie mit Hilfe eines langen, nach oben gerichteten Trichters der Explosionswelle eine senkrechte Richtung gaben. Durch die erzeugte Lufterschütterung sollte der der Hagelbildung vorhergehende Witterungszustand zerstört werden. Die in dem Naturvorgang und im Menschenwerk sich gegenüberstehenden Energiemengen stehen aber dabei in einem solchen Missverhältnis, dass die Versuche ergebnislos verlaufen mussten.

Es sind uns trotzdem Fälle bekannt, in denen durch einen künstlich erzeugten Vorgang ein Prozess in der Atmosphäre hervorgerufen wurde. Hierher gehören die Wolkenbildungen über großen Feuersbrünsten, die bei Präriebränden auch zur Regenbildung führen können. Von gewaltigen Explosionen und Vulkanausbrüchen ist das gleiche bekannt. Bei allen diesen Fällen bringt ein plötzlich eintretender Auftrieb die Luftmassen über den Punkt hinaus, wo sich ihr Wasserdampf als Wassertröpfchen ausscheiden muss.

Sehr viel beachtet ist in der Fachliteratur die Tatsache, dass bei einem Flugzeug die Auspuffgase die Veranlassung zur Wolkenbildung sein können. Mit verhältnismäßig kleinen Mitteln lässt sich hier bereits eine sichtbare Wirkung erzielen. Allerdings herrscht auch darüber wohl Klarheit, dass es sich bei solchen Beeinflussungen nur um Eingriffe bei sogenannten labilen Zuständen handelt, bei denen sozusagen der Witterungsvorgang schon dicht bevorsteht und der künstliche Eingriff nur als eine Auslösung oder als eine Beschleunigung des Prozesses aufgefasst werden kann. Solche Prozessbeschleunigungen spielen in den Vorstellungen der modernen Chemie eine große Rolle und werden dort als Katalyse bezeichnet.

Von den ernster zu nehmenden Versuchen, den Regen zu erzeugen, seien vor allem die in Australien erwähnt, die von der Regierung ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung wegen unterstützt wurden. Die eine Methode ging davon aus, die in der Luft schwebenden Wassertröpfchen der Wolken, die elektrisch aufgeladen sind, zur Erde herabzuziehen, indem man zwischen dieser und den Wolken durch Drachen und Ballone eine leitende Verbindung herstellte. Ein anderes Verfahren benutzte mit 300.000 Volt gespeiste Röntgenröhren in Ballonen, um Luftionen zu erzeugen, die dann die Kerne für die Kondensationskörper abgeben. — Die Kondensationskerne hat man auch durch elektrische Entladungen in der Höhe zu vermehren gesucht. In Kalifornien haben kürzlich auf einem Bohrturm in 30 Meter Höhe amerikanische Ingenieure Hochfrequenzströme von 1 bis 1,5 Millionen Volt erzeugt und ausgestrahlt. Dadurch sollten vorüberziehende Wolken gesammelt und zur Abgabe von Regen gebracht werden. Man will mit diesem recht kostspieligen Verfahren auch Erfolge erzielt haben. Durchgreifender Natur waren diese Versuche aber noch nicht. Weitere Studien müssten erst noch vorgenommen werden, und es ist sicher, dass man sich dabei in ausgiebiger Weise des Flugzeuges bedienen wird. Sowohl von deutscher als von amerikanischer Seite sind bereits bestimmte Vorschläge gemacht worden, wie ein solches „Wetterkampfflugzeug“ auszurüsten wäre.

Aber wenn wir nun zum Schluss die Frage aufwerfen, ob es wirklich ein Segen für die Menschheit wäre, wenn es einst gelänge, das Wetter zu beeinflussen, so müssen wir uns vor allen Dingen darüber klar sein, dass damit ein neuer Zankapfel unter die Nationen geworfen wird, es sei denn, dass internationale Abmachungen die vielen Reibungspunkte beseitigen könnten. Es ist von anderer Seite schon darauf hingewiesen worden, dass der Besitz der Schätze des Erdbodens häufig Veranlassung zu blutigen Kämpfen gegeben hat. Sollte es anders sein, wenn nun der Kampf um das „Gold der Atmosphäre“, den Regen, hinzutritt? Im letzten Kriege erlebten wir die Aushungerungsversuche unserer Feinde am eigenen Leibe. Als weiteres Kampfmittel würde die „Austrocknung“ hinzutreten, wenn eine westlich von uns gelegene feindliche Macht im Besitze von Mitteln wäre, die es erlauben, den Wasserdampf der für uns als Regenspender ankommenden Westwinde vorzeitig aus der Luft herauszuholen. Die Wetterbeeinflussung im allergrößten Stile wäre ein Danaergeschenk für die Menschheit.

Klima, Wetter, So ein Wetter

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Klima, Wetter, Regentag in Budapest

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Regenwetter

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Winter, Fröhliches Getümmel auf dem Müggelsee bei Berlin-Friedrichshagen

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Sonne Sand und Meer

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