Über die Hygiene der Mädchenerziehung

Über die Hygiene der Mädchenerziehung sprach in der letzten Sitzung des Berliner Vereins für Schulgesundheitspflege Frl. Dr. med. Alice Profé. Sie wies auf den auffallenden Unterschied zwischen der gesundheitlichen Erziehung der Knaben und der Mädchen hin. Knaben sollen Soldaten werden, Männer gelten mehr als Frauen, darum geschieht für Knaben viel und für Mädchen wenig. Drei Viertel der höheren Mädchenschulen sind privat, bei den Knabenschulen ist es umgekehrt. Dabei sind fast alle Privatschulen in jeder Beziehung unhygienisch. Viel zu viel Zeit wird auf den ungesunden Handarbeitsunterricht verwendet, und der Turnunterricht hat bei den Mädchen mehr Entwicklung zur Grazie als zur Gesundheit im Auge. Auf die gesundheitsgemäße Kleidung beim Unterricht und beim Turnen wird fast gar kein Wert gelegt. Der Minister bestimmt zwar, dass beim Turnen kein Korsett getragen werden darf. Das steht aber auf dem Papier, da die Privatschule viel zu abhängig von den Eltern ist. Weniger Unterricht in Religion, Handarbeit, mehr vernünftiges Turnen, Schwimmen, Ausflüge ins Freie und gesunde Kleidung!

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit und Erziehung 1908