Das Züchtigungsrecht in den Schulen

Das Züchtigungsrecht in den Schulen wurde im Dresdener Lehrerverein in der Weise besprochen, dass ein Gegner und ein Befürworter der körperlichen Züchtigung in den Volksschulen Referate hielten, worauf sich der Verein nach eingehender Diskussion allerdings nur unter gewissen Bedingungen für die Beseitigung des Züchtigungsrechtes aussprach. Der Referent für bedingungslose Beseitigung wies nach, dass der § 47 der Ausführungsverordnung den Lehrern nur ein Scheinrecht zur körperlichen Züchtigung einräume. Er verlangte mit allem Nachdruck die Beseitigung der körperlichen Züchtigung, da sie nicht mehr als Erziehungsmittel in Betracht kommen könne. Für die Schulstrafen schlug er, wie wir der „Kommun. Praxis“ (Nr. 44) entnehmen, folgende Stufenleiter vor:

Erinnerung und Verweis durch den Lehrer; Aufgabe einer häuslichen Arbeit; Zurückbehalten in der Schule oder Wiederbestellen in dieselbe; Anweisung eines besonderen Platzes; schriftliche Anzeige an die Eltern oder Pfleger mit der Verpflichtung der Empfangsbestätigung; Erinnerung und Verweis durch den Leiter der Schule bzw. Bezirksschulinspektor, nach Befinden im Beisein der Lehrerschaft, der Schule und der Eltern oder Pfleger; zeitweise Ausschließung vom Unterricht durch den Lehrer und Nachholen der versäumten Schulzeit in besonderen Stunden; Verlängerung der Schulzeit durch die Schulinspektion wegen sittlicher Unreife; beschleunigte Unterbringung sittlich verwahrloster Schüler in besonderen Erziehungsanstalten auf Verfügung der Bezirksschulinspektion.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit und Erziehung 1908