Verunreinigung des Meissner Elbwassers

Die schmutzige Beschaffenheit des Meissner Elbwassers hat schon seit zwei Jahren den Badenden und den an den Ufern der Elbe Spazierengehenden oder auf ihm Fahrenden zu Klagen Veranlassung gegeben, ist ja auch bekanntlich in den beiden Kammern des sächsischen Landtages infolge mehrerer Petitionen Gegenstand der Verhandlung gewesen. Volle Abhilfe ist freilich noch nicht geschaffen, indes hat das sächsische Landes-Medizinal-Kollegium, ebenso wie die sächsischen Ministerien des Innern und des Kultus, dieser Angelegenheit, die wohl als eine Lebensfrage für Meissen und Umgegend bezeichnet werden kann, volle Aufmerksamkeit und Fürsorge zugewandt. Am 18. Juni vorigen Jahres ist eine Besichtigung der Örtlichkeit der Meissner Badeanstalt durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Kollegiums und den Vertreter des beurlaubten Direktors der Zentralstelle für öffentliche Gesundheitspflege in Sachsen vorgenommen und an diesem Tage und nochmals am 27. Juni das Wasser der Elbe in der Weise untersucht worden, dass zuerst viermal Proben aus der Mitte und je eine in der Nähe des rechten und linken Ufers zu verschiedenen Tageszeiten und an dem zweiten Tage solche stündlich aus der Mitte geschöpft und in dem chemischen Laboratiorium der Zentralstelle zu Dresden einer wissenschaftlichen Prüfung unterworfen worden sind. Dieselbe hat eine bedeutende Steigerung des Bakteriengehaltes im Elbwasser ergeben, die von 1 Uhr Mittags beginnt und besonders deutlich zwischen 6 und 7 Uhr Abends sich zeigt; doch wird von Seiten der Behörden mit Sicherheit angenommen, dass die in Dresden in die Elbe abgelassenen Fäkalienmengen durch das Plankton, sowie die sesshafte Fauna und Flora des Flusses längst aufgezehrt sind, bevor das Elbwasser Meissen erreicht; der Grund der Verunreinigung des Meissner Elbwassers wird vielmehr in dem Zustand von sonstigen Abfallwässern aus den oberhalb von Meissen an und in der Nähe der Elbe gelegenen Ortschaften vermutet. Demnach sind vom sanitären Standpunkte aus gegen das Baden in der Elbe von der Medizinal-Behörde Bedenken nicht erhoben worden. Es wird zur Beruhigung der Einwohner Meissens dienen, dass die genannte Zentralstelle die Elbwasseruntersuchungen fortsetzen und insbesondere auch noch die Abwässer aus der Kölitzer Strohstofffabrik untersuchen und Erörterungen über deren etwaigen Einfluss auf die Beschaffenheit des Elbwassers vornehmen wird.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit 26. Jahrgang 1901