Anzeige der Ansteckungsquelle

In Norwegen sind die Ärzte verpflichtet, der Behörde Name und Adresse derjenigen Person anzuzeigen, welche ihren Patienten angesteckt hat. Dies erscheint wegen der Unsicherheit nicht praktisch.

In den übrigen Ländern wird die Anzeige der Ansteckungsquelle nur von den Soldaten gefordert. Über die Zuverlässigkeit dieser Anzeigen gibt eine Zusammenstellung von Carry und Seard (Lyon) Aufschluss: man fand 1 Fall von syphilitischer Erkrankung unter 10 angezeigten Insassen von Bordellen, 1 Fall unter 32 angezeigten einzeln vorhandenen Dirnen, 30 Fälle unter 100 angezeigten heimlichen Prostituierten.


Medizinische Untersuchungen außerhalb der Prostitution. Lässt sich in den meisten Ländern nur in Bezug auf gewisse Menschengruppen anwenden, so in den Armeen, wo monatliche Untersuchungen der Soldaten stattfinden, aber nicht immer mit der nötigen Strenge in Finnland kann die Polizei männliche und weibliche Personen jeder Stellung einer ärztlichen Untersuchung unterwerfen, in Norwegen auf grund der genannten Anzeige. Geschehen wird solches in der Praxis selten. In Russland sind gewisse Arbeitergruppen periodischen ärztlichen Untersuchungen unterworfen. In Bosnien und der Herzegowina muss ein Arzt, wenn er in kurzer Zeit mehrere Syphilitische aus einer arztlosen Örtlichkeit kommen sieht, die Behörde benachrichtigen, welche ihn dann auf Staatskosten zur Untersuchung und unentgeltlichen Behandlung der Erkrankten entsendet.

Nur in Dänemark kann eine längere Beobachtung der Erkrankten stattfinden. Das Gesetz sagt: „Wenn eine syphilitische Erkrankung eine solche ist, dass nach der Heilung das Wiedererscheinen einer ansteckenden Affektion zu fürchten ist, so kann der behandelnde Arzt dem Krankgewesenen aufgeben, entweder sich ihm an einem bestimmten Zeitpunkte wieder vorzustellen oder durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen, dass die Symptome des alten Leidens nicht wiedererschienen sind.“ Diese Vorschrift scheint unangewendet geblieben zu sein.

Einige Länder haben Gesetze, welche aufgehoben werden sollten, da sie die Angesteckten zwingen, ihr Leiden zu verheimlichen. So gestattet das Gesetz in Deutschland die sofortige Entlassung, ohne Entschädigung, von Dienstboten, Arbeitern, Seeleuten und Angestellten. In Russland gibt die Gesetzgebung den Unternehmern von Fabriken und Metallindustrien das Recht, mit dem angesteckten Arbeiter den Kontrakt aufzuheben und sich von der Verpflichtung, ihn behandeln zu lassen, zu befreien.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit 26. Jahrgang 1901