Prophylaxe gegen die Übertragung der Syphilis durch Säugung

In Frankreich untersagt das Gesetz vom 23. Dezember 1874 („Loi Roussel“) zum besten der Kinder des ersten Lebensjahres den Lohnammen, ohne ärztliches Attest über ihr Freisein von ansteckenden Krankheiten sich zu vermieten, bestimmt andererseits eine wöchentliche Medizinalinspektion für Ammensäuglinge.

Analog sagt das dänische Sanitätsgesetz § 2: „Ein syphilitisches Kind kann nur an der Mutterbrust gesäugt werden. Eine Amme, welche weiß oder vermutet, dass sie venerisch ist, darf nur ihr eigenes Kind säugen Zur Bezahlung eines entsprechenden Schmerzensgeldes und des Schadenersatzes wird verurteilt, wer einer Amme ein Kind übergibt, von dem er weiß oder vermuten muss, dass es venerisch krank ist, ohne vorher die Leute oder die Amme, denen er es anvertraut, benachrichtigt zu haben, an welcher Krankheit das Kind leidet oder vermutlich leidet. Dieselben Strafen treffen die Behörden, welche die Kinder der Amme übergeben oder zum Säugen bringen. Ein Kind soll als venerisch krank angesehen werden, selbst wenn es augenblicklich kein Symptom darbietet, von dem Augenblick, dass seine Mutter krank ist oder Zeichen der konstitutionellen Form dieser Krankheit darbietet während 3 Monate nach ihrer Entbindung.“


Schutzmaßregeln gegen die Syphilis der Ammen und Säuglinge existieren in einer großen Zahl anderer Länder, aber sie werden meist kaum beachtet.

Das ist aber alles, was seither gegen die Syphilis geschehen ist, obwohl „die nicht venerische Syphilis“ so viele Opfer fordert, zumal im Orient, und zwar mindestens 50 % der Syphilisfälle in Serbien und in der Türkei und 80 % in Russland. Die Untersuchungen, welche auf dem Kongress 1897 über die Syphilis in Russland veröffentlicht wurden, und diejenigen des Sanitätsrates in Ungarn vom selben Jahre fordern spezielle Reglements für die Industrie, so für die Glasbläserei, eine Sanitätsinspektion für Friseurläden und Bäder, das Personal der Esswarenläden, der Hotels, Restaurants, Kaffees, das Verbot, gemeinsame Tischgegenstände in den Schulen anzuwenden, die obligatorische Gegenwart eines Arztes bei der Beschneidung, den ausschließlichen Gebrauch der animalischen Lymphe, das Verbot des Tätowierens — nichts ist eingeführt.*)

Die Verbreitung der elementaren Kenntnisse über die Syphilis, ihre direkte oder hereditäre Verbreitung, über die Notwendigkeit einer lang fortgesetzten Behandlung würde segensreich sein.

Sehr gut sind auch die Vereinigungen zur moralischen Hebung, doch scheint es, als ob diejenigen nützlicher sind, welche die vom Lande in die großen Städte kommenden Mädchen von einem Geraten auf Abwege abhalten, als diejenigen, welche die Prostituierten zur Arbeit zurückführen wollen; letzteres gelingt erfahrungsgemäß nur selten.

*) Für den Regierungsbezirk Danzig ist unter dein 5. 5. 1900 eine Polizeiordnung, betreffend „die Ausübung des Frisier-, Barbier- und Haarschneidegewerbes“ erlassen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit 26. Jahrgang 1901