13. Die Klöster

Die Klöster.



Wenn wir hier von der Trinklust und dem Saufgeist der Bürger, Studenten, Ritter und Fürsten reden, so wäre es höchst unbillig, nicht der Mönche zu gedenken. Wie die Wirtshäuser, Trinkstuben, Ratskeller, Burgen und Schlösser, so waren auch die Klöster nicht selten die Schauplätze tumultuarischer Orgien. Denn daß der Wein eigentlich gar nicht für die Geistlichkeit geschaffen sei, galt schon früh, für eine abgeschmackte Meinung, Kaum waren unter Karl dem Großen die ersten öffentlichen Schenken entstanden, so wurden sie auch schon von den Geistlichen besucht, was wir daraus ersehen, daß diesen auf den damaligen Kirchenversammlungen das Wirtshausgehen verboten Ward, ut monarchi et clerici tabernas non ingrediantur edendi vel bibendi caussa, ein Gesetz, welches Karls Nachfolger oft erneuern mußten. Daß die Äbte ihren Mönchen bei Gelagen öfters in sancta caritate zutranken, bezeugt der ehrliche Eckhard selbst. Im 10. Jahrhundert trank jeder von den Mönchen in St. Gallen täglich fünf Maß Bier, und dazwischen beim Frühstück, Mittag und Abendessen Wein und Obstwein. Eigne Verordnungen bestimmten das Strafmaß für die verschiednen Grade pfäffischer Trunkenheit. Nicht häufig dürfte die Tafel der Klöster Veranlassung zu ähnlichen Klagen gegeben haben, wie sie der deutsche Minnesänger Walther von der Vogelweide nach seinem Besuch in der bairischen Abtei Tegernsee führte:


Ich nam da wazzer,
also nazzer
muost ich von des münches tische scheiden.




Auch mag es nicht oft vorgekommen fein, was dem strengen Bernhard von Clairvaux 1091 —1153 passiert sein soll, welcher, vertieft in das Lesen heiliger Schriften, einstmals, da ihn eben dürstete, zu einem neben ihm stehenden Kruge griff, der zufällig Öl enthielt, daraus trank, aber erst dann selber merkte, daß er Öl getrunken, als ein Freund zu ihm kam und sich darüber wunderte, daß sein Mund mit Öl beschmutzt wäre. Derselbe heilige Bernhard konnte gar nicht begreifen, daß Jemand, sobald er Mönch geworden, noch über Magenbeschwerden klagen könne. Eine Kirchenversammlung zu Canterbury fand sich 1236 veranlaßt, das Wettsaufen der Geistlichen in Wein und Bier zu verbieten (Raumer, Gesch. d. Hohenst. Reutlingen 1829. VI. p. 197); und vom Bischof Salomo zu Konstanz sagt die Geschichte, daß an der kaiserlichen Tafel niemand war, der so geistreich scherzte und mit so viel Anstand soff, als er. Wenn die Weine reden könnten, so würden sie ausgerufen haben: „Diener Gottes, trinket ihr uns, damit wir nicht, dem Leibe der Gottlosen einverleibt, dereinst mit diesen in die Hölle fahren.“ Das Sprichwort: „Wenn die Mönche reisen, regnet es“ legte schon im Mittelalter ein schlichtes Bäuerlein so aus: „Die Mönche haben stets viele Dünste im Kopf, von dem vielen Wein, den sie trinken; diese Dünste werden dann von der Sonnenhitze herausgezogen und steigen in die Luft, wo sie zu Regenwolken werden.“ Hemmerlin in Zürich klagte über die Weinfässer in den Klöstern, die größer wären, als die Zellen, und über die besoffnen Mönche, die mit lallender Zunge Buße predigten und mit vollem Dickbauch die Fasten einschärften. In Bern soffen drei Pfaffen in einem Jahr 4.800 Maß Wein. Im Kloster Johannisberg betranken sich die Mönche so viehisch in ihrem köstlichen Wein, daß sie 1453 durch eine Kommission reformiert werden mußten. Johannes von Goch in Mecheln sagte: „Was der Teufel selbst sich nur zu denken schämt, das thun die Mönche.“ (W. Menzel, Gesch. d. Deutsch. III. p. 6.) Der große Erasmus von Rotterdam geißelt 1508 in seinem berühmten „Lob der Narrheit“ mit sarkastischem und unnachsichtlichem Witz das Gebaren der mittelalterlichen Geistlichkeit. Wie es mit demselben bestellt war, beweisen auch die zahllosen Verordnungen der Kurie und erzbischöflichen Stühle selbst, wodurch verboten ward, daß die Geistlichen Kirchengeräte in der Schenke versetzten, liederlichen Tänzen beiwohnten, bei Zechgelagen unzüchtige Schwänke erzählten und unflätige Mummereien aufführten, die Leute zum Kampf herausforderten, unmittelbar vom Lager ihrer Konkubinen an den Altar träten, unmittelbar nach der Messe Saufmetten veranstalteten. (J. Scherr, Deutsche Kultur- u. Sittengesch. Leipzig 1858. p. 136.) Wenn es in einer preußischen Acciseordnung von 1766 heißt, daß den Predigern nicht mehr als 3 Eimer Wein jährlich accisefrei passieren sollten, so könnte auch diese Verordnung allerdings sonderbare Vorstellungen von der damaligen Lebensweise der Geistlichen erwecken, die sich zu Friedrichs des Großen Zeit doch allein vom himmlischen Manna ernährten, wenn wir nicht annehmen müßten, daß nur einzelne Pfarrstellen mit solchem Vorrecht der Accisefreiheit begünstigt waren und die Prediger gewiß auch gute Freunde an derselben Teil nehmen ließen. (Biedermann, Deutsch!, i. 18.Jahrh.I.p.353.)





Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Weins und der Trinkgelage
Bernhard von Clairvaux

Bernhard von Clairvaux

Erasmus von Rotterdam

Erasmus von Rotterdam

Walther von der Vogelweide, (1170-1230), deutscher Lyriker des Mittelalters, Minnesänger und Meistersinger

Walther von der Vogelweide, (1170-1230), deutscher Lyriker des Mittelalters, Minnesänger und Meistersinger

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