Abschnitt 1

Uebergangszeit 1758-1803.

Die Lehrer.


Als um Ostern 1758 durch Nusbaums Berufung nach Wismar (S. 43) das Cantorat erledigt war, machte Superintendent Hartmann in einer Eingabe an Herzog Friedrich den Vorschlag, da die Einkünfte so gering seien, daß sich „schwerlich ein habiles subjectum“ dazu finden werde, dem neu zu berufenden Cantor in Aussicht zu stellen, daß nach dem in Bälde zu erwartenden Abscheiden des Rektors Plötz Rektorat und Cantorat vereinigt, zum zweiten Lehrer aber der Küster bestellt werden sollte. Der Herzog würdigte ihn keiner Antwort. Statt dessen erhielt Präpositus Ehrenpfort zu Sternberg, der als Vertreter des Pietismus persona grata war, den Auftrag, „zur Wiederbesetzung des erledigten Cantorates ein geschicktes subjectum in Vorschlag zu bringen.“ Erst auf erneute Anfrage nach einem Vierteljahr erhielt Hartmann hievon abschriftliche Mittheilung. Ehrenpfort aber mußte berichten, daß alle seine Bemühungen vergeblich seien, da wegen des unerhört niedrigen Einkommens alle, an die er sich gewendet, abgelehnt hätten. Darauf erfolgte nichts, und auch, als Hartmann nach einem Jahre seine Vorstellungen in Erinnerung brachte, erhielt er wieder keine Antwort. Inzwischen blieb die Schule lediglich dem altersschwachen Rektor Plötz überlassen. Als nun auch dieser am Anfang des Jahres 1760 starb, erneuerte Hartmann seine Vorschläge, jedoch wieder ohne eine Antwort zu erhalten. Nach einem Vierteljahr wendete sich der Magistrat an den Herzog mit einer beweglichen Klage über die Verwahrlosung der Jugend, mußte aber dieselbe erst noch zweimal wiederholen, bevor endlich im Juli 1760 ein Rescript des Herzogs an Hartmann erfolgte, worin derselbe angewiesen wurde, seinen Vorschlägen gemäß die Neuordnung der Schule zu regulieren, oder besser, um die Reisekosten zu sparen, durch Ehrenpfort regulieren zu lassen.


Nunmehr wurde denn die Einrichtung getroffen, welche bis 1803 bei Bestand geblieben ist: der Rektor als einziger studierter Lehrer sollte die größeren Kinder „im Schreiben, Rechnen, im größeren Catechismus, im Beten, Singen, Uebungen in der Bibel, in der Latinité u.s.f.“ unterweisen, während der Küster, unter Aufsicht des Rektors, die kleineren, etwa bis zu 9 Jahren, „im Lesen, kleinen Catechismus, Beten etc.“ zu informieren hatte.

Damit war nun die völlige Umgestaltung des Charakters und Zweckes der öffentlichen Schule angebahnt.

1) Die Lehrer.


A. Rektoren.


1) Magister Conrad Plötzius 1760-64, Nachfolger seines Vaters. Superintendent Hartmann, als er ihn in Vorschlag brachte, rühmte seine „vorzügliche Geschicklichkeit im Teutschen, Lateinischen, Griechischen, Hebräischen und Französischen.“ 1764 wurde er zum Informator des Prinzen Friedrich Franz designiert, und an seiner Statt cand. Brekenfelder zum Rektor ernannt. Doch wurde aus mir unbekannten Gründen jene Anstellung nicht perfekt, und es war schon verfügt, daß er Rektor bleiben sollte; da resignierte er freiwillig. Anscheinend hat er es später überhaupt nicht zu einer festen Stellung gebracht. Im hiesigen Kirchenregister der Verstorbenen findet sich die Notiz: „1794 Sept. 28. Conrad Plötzius, Magister, vormals Rektor hieselbst, kam aus Mirow, woselbst er Hauslehrer gewesen, hieher zu seinen Anverwandten und starb nach wenigen Tagen.“

2) Johann Heinr. Aug. Brekenfelder, 1764-68, Sohn eines Försters in Freyenholtz, erkrankte um Pfingsten 1768 und starb im November desselben Jahres. - Vakanz bis zum April 1769.

3) Friedrich Christian Schmiedekampf, 1769-71, cand. min. zu Parum bei Wittenburg, wurde im September 1771 zum Pastor in Warnemünde gewählt. - Vakanz bis zum Februar 1772.

4) Thomas Günther, 1772-74, vorher Candidat zu Hohen-Lukow, wurde im December 1774 zum Pastor in Camin bei Laage gewählt. - Vakanz bis zum Januar 1776, also über ein Jahr lang!

5) Dietrich Andreas Gottvertrau Sickel, 1775-79, vorher Candidat zu Gültzow, wurde im Mai 1779 Pastor zu Lüdershagen und Lübsee. - Vakanz bis zum September.

6) Carl Joachim Kaysel, 1779-83, vorher Candidat zu Boltz, ward im Februar 1783 zum Pastor in Lübow gewählt. - Diesmal erfolgte die Wiederbesetzung schon zu Ostern.

7) Johann Joachim Brinckmann, 1783-84, Sohn des Rehnaer Präpositus Andreas Brinckmann. Er hatte vorher sechs Jahre lang zu Eutin in Basedowschem Geiste ein Privaterziehungsinstitut geleitet, sich auch als pädagogischer Schriftsteller bekannt gemacht. Ohne sein Zuthun erhielt er den Ruf nach Sternberg und folgte demselben in der Voraussetzung, die öffentliche Schule gleichwie sein bisheriges Institut als höhere Bildungsanstalt ausgestalten zu können. Darin sah er sich jedoch völlig getäuscht. Daher legte er schon nach einem Jahre das Rektorat nieder und errichtete nun hier in Sternberg eine Privatanstalt, welche er durch eine kleine Druckschrift „Nachricht von der Einrichtung eines Erziehungs-Instituts in der Meklenburgischen Stad Sternberg vornemlich zum Nuzen des Vaterlandes, 1784“ in der Oeffentlichkeit zu empfehlen suchte. Er machte sich anheischig, Kinder höherer Stände vom 9. bis zum 15. oder 16. Jahre zu bilden. „Besonders wird es mein vornehmstes Augenmerk sein, die Jugend mit der Würde der menschlichen Natur und mit dem eigentlichen wahren Werte des Lebens recht vertraulich und bekannt zu machen.“ Als Unterrichtsgegenstände nennt er nächst der Religion in erster Linie Realien, unter den fremden Sprachen in erster Linie Französisch und Englisch; doch „kan es keinem Menschen schaden, wenn er ohne viel Angst und Qual etwas Latein zu lernen Gelegenheit und Anweisung hat.“ Unter Umständen ist er auch bereit, in der griechischen Sprache, und zukünftige Theologen erst in der arabischen, dann in der hebräischen Sprache zu unterrichten. Die jährliche Pension beträgt 130 Thlr.; wer aber Bett, Wäsche, Licht und Heizung selbst besorgt, bezahlt nur 100 Thlr. Er begann mit drei Zöglingen, von welchen der eine durch ihm bis zur Universität vorbereitet werden sollte. Ueber die weitere Entwicklung der Sache habe ich leider keine Nachricht. Daraus, daß Cleemann - irrthümlich - angiebt, er sei bis 1791 Rektor in Sternberg gewesen, schließe ich, daß er das Institut bis 1791, also 8 Jahre lang, fortgeführt hat. Doch hat er es, wie es scheint, auf die Dauer nicht halten können, da er sich 1791 zum Rektor in Boizenburg berufen ließ.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Sternberger Schulwesens