Abschnitt 2

Die nachreformatorische Zeit bis zur Aufhebung des Cantorats 1758

Die Schulcollegen

B. Cantoren


13) Johannes Vorast 1694-1699, „aus Malchin, dessen Vater von Gebuhrt ein Schottländer gewesen war. Da Er noch ein Schüler war, hatte Er zu Bützow, wo sein Sohn jetzo Pastor ist, ein herümsingendes Chor angefangen; so aber auch mit Ihm wieder aufgehöret. Zu Rostock hatte Er, unter D. Andr. Dan. Habichhorst publice disputiret; hatte also Geschicklichkeit genug einem Schuldienste vorzustehen. Damahls informirte Er des Senioris Sukow Söhne, welcher Ihn auch zum Cantorat recommendirte, und den 17. Apr. geregten 1694sten Jahres an sein Ambt wieß. Er führte dasselbe 5 Jahr. In welchen Er sich mit einer Wittwe allhie verheyrathete, dadurch Er in ziemliche Nahrung, und nach ihrem bald erfolgten Tode, zu ansehnlichen Mitteln gelangte. Weil Er nun, durch vieles Singen, in seiner Jugend, Schaden an der Lunge bekommen hatte: so merkte Er wohl, daß Ihm dieser Dienst mit der Zeit zu schwer fallen wolte. Daher Er sich Ao. 1699 zum Rahts-Herrn wählen ließ, auch endlich BürgerMeister ward; in welcher qualitaet Er Ao. 1717 gegen Ostern starb.“ Das Visitationsprotokoll von 1705 meldet von ihm, daß er „tempore Visitationis mit zimlichem Anstande geprediget“ habe; weiter: „Er hat eine Ehe-Frau und 2 Söhne lebend, ist alt 36 Jahr.“ Erwähnenswerth ist, daß Vorast noch als Rathsherr im Jahre 1705 seine Anhänglichkeit an die Schule durch eine Stiftung zum Besten der Prediger und Lehrer bethätigte. 27)


14) Hartwig Diederich Selschap 1699-1711, aus Ratzeburg. „Er hatte zu Raceburg, in der Dom-Schule, und zu Lubek frequentiret, und darauf, zu Jena, 2 Jahr die Theologie getrieben. War ein unverdrossener Schul-Mann, der die Jugend in guter Disciplin erhielte, Ihr die Bibel bekannt machte, und nicht allein auf nützliche Wissenschafften, sondern auch auf einen ehrbaren Wandel, und Hochachtung Ihrer Obern, fleißig drang. Gegen seine Vorgesetzten brauchte Er selbst alle gebührliche Ehrerbietung; fand auch wieder derselben Wehrt Achtung und erfoderliche Beyhülffe. - - - Bey der Bürgerschafft war er gleichfalls sehr beliebt, als welche wohl sahn, daß, wegen Blödigkeit des Rectoris (Wendeker), alles auf Ihn ankäme. Daher Sie Ihm viele Güte erwiesen, wie man derselben billig den Ruhm lassen muß, daß Sie die Treue der Schul-Bedienten jederzeit liebreich erkannt habe. Er verheyrathete sich, und Gott segnete Ihn mit Söhnen. Weil nun, bey der Dom-Schule zu Raceburg, ansehnliche Schüler-Stipendia sind, so zog Er wieder nach seinem Vater-Lande, und ließ sich, an gedachter Schule, zum Praeceptor bestellen; nachdem Er der hiesigen biß in’s 12te Jahr vorgestanden. Dessen Söhne erlangten zwar, mit der Zeit, die verhofften Stipendia, die hiesigo Schule aber ging, mit seinem Abzuge, fast ganz unter.“ An andrer Stelle erzählt Franck noch weiter von ihm: „Als nun der Cantor Selschap wohl sahe, daß das beste Mittel wieder eine Neben-Schule (eine solche hatte sich damals aufgethan und that der ordentlichen Schule viel Abbruch) sey, wenn man der öffentlichen wohl vorstünde: so ließ Er sich sein Ambt mit unermüdetem Fleiß angelegen seyn; kam dem Rectori in der disciplin zu Hülffe, und war nicht ferne, wenn es die muhtwilligen Buben zu grob machten; zumahlen er auf der Schulen wohnte, und also hören konnte, was in des Rectoris Stunden vorging. Weil Er in seiner Jugend nicht hatte Rechnen gelernet; so ließ Er sich darinn noch jetzo unterweisen; indem Er wohl merkte, daß es hier darauf am meisten ankäme. Womit Er sich also viel Liebe und die Menge von Privatisten erwarb. Da Er auch mit seiner Frauen einige Mittel geheyrathet und diese eine arbeitsame Wirthin war: so fand er ein hinlängliches Außkommen. Indessen so ging Er doch, aus obangeregter Ursach, Ao. 1711 um Pfingsten nach Raceburg.“ 28) Die Wiederbesetzung des Cantorates verzögerte sich 1/4 Jahr bis Michaelis. Mehrere Bewerber wurden als ungeeignet abgewiesen, schließlich kam es auf die oben (S. 23) erwähnte Weise zur Berufung des vollends ungeeigneten

15) Joachim Christian Mundt 1711-1714, „aus Güstrow gebürtig; wohlgewachsen und von guter Gesichts-Bildung, schrieb einen ziemlichen lateinischen Briev, konnte sehr dehmüthig und ehrlich thun, hatte aber im Hertzen lauter Betrug, Stoltz und Frevel, war auch dazu dem Gesöff ergeben. Im Strelitschen hatte Er, nicht weit von Neu-Brandenburg, bey einem Verwalter conditioniret, und sich, mit eines Predigers Tochter, die mit Ihm fast gleichen Gemühtes war, verehlichet. Darauf er im Lüneburgischen eine Zeitlang herümgestrichen und sich nun zu Swerin aufhielte, woselbst Er eine Kinder-Schule angefangen.“ Die Zeit seiner hiesigen Amtsführung ist mit den ärgerlichsten Streitigkeiten ausgefüllt, deren Mittheilung zu weit führen würde. Von Interesse aber dürfte sein, die Gravamina kennen zu lernen, welche die Bürgerschaft wider ihn schon 1712 erhob:

„1) Beschweret sich die Bürgerschafft daher über den Cantorem Mundten, daß derselbe ihre Kinder nicht ordentlich zur Kirche und Schule führet, wie hiebevor geschehen.

2) Daß der Cantor nicht hinter die Knaben mit einem Mantel, sondern mit einem Stecken in der Hand, und gelbe Hosen und weiße. Strümpfe tragend, gehet.

3) Daß der Cantor nicht in der Kirche bleibet, sondern allemahl, sobald die Predigt angehet, aus der Kirche gehet, und dadurch denen Kindern ein Scandalum giebet.

4) Daß der Cantor nur selten, sowohl vor als nach seiner Krankheit, in der Schule sich sehen lasse, und wenn Er ja komme, solches erstlich, wenn seine Stunde bereits verflossen, geschehe, auch so bald die Uhr sich hören lasse, die Knaben dimittire, und also seine Stunden öffters nicht halb abwarte.





27) Die Stiftungsurkunde bei Franck, Schulgeschichte, Beilage Nr. 9: „Ich Johannes Vorast hiermit urkunde und bekenne, für mich, meine Erben und Erbnehmer, daß Ich, Gott dem allerhöchsten zu schuldigen Ehren, wie auch seiner Christlichen Kirchen zu Aufnahm und Besten, aus freyen ungezwungenem Gemühte, und zur kindlichen Danckbarkeit, für alle mir erzeigte Gaben und Wohlthaten, denen jetzigen und künftigen Herrn, Herrn Predigern zu Sternberg, hiemit zwanzig Reichsthaler verehret, solchergestalt, daß dieselbe jährlich und jedes Jahr davon besonders das Interesse, als zwey Gülden, allemahl am heiligen Oster-Tage, sollen zu genießen haben. - - -

Den jetzigen und künfftigen Herrn Schul-Collegen zu Sternberg aber ein Stück, von meinen Aeckern bey der großen Stein-Beek, zwischen des Färbers Wiese und Hinrich Soltown Acker belegen, von zwey Scheffel Saat geschencket, also daß jetzige und künfftige Herren Schul-Collegen sothanen Acker entweder selber gebrauchen, oder auch an andere verheuren, und die Acker-Heur davon geniessen mögen; wie denn gedachtes Stück Ackers die Herren Schul-Collegen Michaelis 1706 zum erstenmahl in Besitz nehmen und gebrauchen sollen.

Es solle aber niemand respective solches Legats sich, zur Ungebühr und eigenthätiger Weise, dasselbe vor sich gantz oder zum Theil inne zu behalten, anmaßen, wiedrigen falls Gott solches augenscheinlich straffen und es demselben an seinem Vermögen hundertfältig abkürzen wird. Indessen werden die Herren Prediger dienstfreundlich ersucht, diese meine Stifftung ins Kirchen-Buch aufzuschreiben, und darüber ernstlich und nachdrücklich zu halten. Das wird Gott einem jeden reichlich vergelten. Dessen Gnade und Barmherzigkeit wir uns alle befehlen. Urkundlich habe diese Stifftung eigenhändig geschrieben, und unterschrieben, auch mit meinem gewöhnlichen Pittschaft bekräfftiget. So geschehn Sternberg, nach Jesu Christi Geburt Ein Tausend sieben hundert und fünf. Den 13. Augusti.“
28) Auch Selschap bekundete nach seinem Abgang sein Interesse für die hiesige Schule durch eine Stiftung, indem er von Ratzeburg aus 1716 „ein beneficium von 20 Thlr. vermachte, üm für die Zinsen Catechismos, Evangelien-Bücher, auch wohl eine Bibel, zu kauffen; und beym Oster-Examine den Kindern, zu ihrer Freude, außzutheilen.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Sternberger Schulwesens