Abschnitt 4

Die Zeit der Reorganisation 1803-1850.

Die Schulreform 1839-1850.


Unter näherer Bezeichnung der einzelnen Punkte, bezüglich welcher bei der Neuordnung der Sternberger Schule kirchenseits Garantieen zu fordern seien, beantragte die Kirchen-Commission die Gestattung weiterer mündlicher Verhandlung. Diesem Antrage gab nun die Regierung Folge, und am 26. Juni fand zwischen den beiden Regierungs-Commissarien und dem Superintendenten Kliefoth als Deputierten der Kirchen-Commission eine mündliche Verhandlung statt, welche rasch zur völligen Einigung führte, da die Commissarien „die Forderungen der Kirchen-Commission sachgemäß und die Zugeständnisse aus kirchlichen Mitteln sehr annehmlich“ befanden.


Letztere bestanden darin, daß nicht nur die bisher von der Kirche und den Hospitälern gewährten Leistungen fortdauern, und als Entschädigung für Unterhaltung dreier bisher von der Kirche unterhaltenen Schulstuben ein entsprechender Jahresbetrag aus dem Aerar an die zu bildende Schulkasse gezahlt werden sollte, sondern auch aus dem St. Georgs-Stift als Beihülfe zu den Kosten der Schulreorganisation jährlich 160 Thlr. zunächst auf 6 Jahre bewilligt wurden, deren Weiterbewilligung und eventuelle Erhöhung, falls das Verhältniß der Schule zur Kirche das bisherige bleiben würde, in Aussicht gestellt wurde. Die von der Kirchen-Commission gestellten Bedingungen bezweckten im Allgemeinen, den Charakter der Schule als einen christlichen, näher evangelisch-lutherischen Schule auch für die Zukunft sicher zu stellen und betrafen in der Hauptsache ein vierfaches: 1) die jüdischen Einwohner der Stadt haben zwar gegen Leistung der Schulabgaben das Recht, die Schule für ihre Kinder zu benutzen, bleiben aber von der Einwirkung auf die Schulleitung ausgeschlossen; 2) die von der Bürgerschaft zu deputierenden Mitglieder der Ortsschulbehörde müssen der evangelisch-lutherischen Kirche angehören; 3) „weder die örtliche noch die Oberschulbehörde ist in Bezug auf das Materielle des Religionsunterrichtes competent, sondern allein der oder die Ortsprediger und die Oberkirchenbehörde“; 4) die Besetzung der mit Kirchendienst verbundenen Lehrerstellen erfolgt nur nach Verständigung mit der Oberkirchenbehörde, und auch für die Besetzung der übrigen Lehrerstellen, sofern dabei der Religionsunterricht in Frage kommt, wird der Kirche eine Garantie gegeben, indem dieselbe der Oberschulbehörde verbleibt, solange nicht eine allgemeine Schulgesetzgebung etwas anderes bestimmt.

Mit diesen Zugeständnissen und Bedingungen der Kirchen-Commission und mit dem Entwurf eines provisorischen Regulativs versehen, begaben sich die beiden Regierungscommissare nach Sternberg, woselbst im Anfang Oktober 1849 die Verhandlungen mit dem Magistrat stattfanden. Allein die Haltung des letzteren war eine derartige, daß eine definitive Einigung wiederum nicht erzielt wurde. Schon im Juli, als unter der Hand bekannt wurde, welche Vorlagen die Commission machen werde, war der Magistrat mit dem Bürgerausschuß dahin schlüssig geworden, sich auf den Standpunkt zu stellen, daß zu dem Ausbau, der Einrichtung und Erhaltung des Schulhauses die Cämmerei nicht rechtsverbindlich sei, wie sie denn auch dazu unfähig sei, daß vielmehr alles den piis corporibus aufzulegen sei. Ja, der Magistrat „lebte der Hoffnung, daß der Gemeinde die Verwaltung und Verfügung über das Kirchenvermögen ohne allen Zweifel zufallen werde.“ Solche Auffassungen wurden nun freilich durch die Commission beseitigt. Allein nun knüpfte der Magistrat seine Zustimmung zu dem Regulativ an die zwiefache Bedingung: 1) es müsse eine bindende Zusicherung gegeben werden, daß der verheißene Zuschuß von 160 Thlr. aus der Hospitalkasse für alle Zeit bleiben und bei fortschreitender Besserung der Kassenverhältnisse entsprechend erhöht werden solle; 2) es müsse eine bindende Zusicherung gegeben werden, daß alle sonstigen bisherigen Leistungen der pia corpora für Schulzwecke für die Zukunft bleiben und „ohne verfassungsmäßige Zustimmung der Stadt weder verändert noch eingezogen werden“ sollten. Hierauf ließ sich die Commission nicht ein; dagegen concedierte sie wider die mit der Kirchen-Commission geschlossene Vereinbarung bezüglich der Besetzung der Lehrerstellen, daß zu sämmtlichen Stellen drei Candidaten dem Magistrat präsentiert werden sollten. Ohne zum Abschluß gekommen zu sein, kehrte die Commission zurück und berichtete (Oktober 26.) „Beim Magistrat bemerkten wir eine coquettierende Nachgiebigkeit gegen die unbegründeten Begehrungen des Bürgerausschusses gegen seine bessere Ueberzeugung, da, wo ein dankbares Entgegennehmen angemessener gewesen wäre.“

Es folgte (December 7.) eine erneute mündliche Verhandlung zwischen den Commissaren und Kliefoth als Deputierten der Kirchen-Commission, deren Ergebniß war, daß die Kirchen-Commission bezüglich der Besetzung der Lehrerstellen nachgab und nur die Bedingung beifügte, daß bei Kirchendienerstellen „von der Zeit an, wo die Sternberger Kirchengemeinde einen Aeltestenrath haben möchte, dieser Aeltestenrath zwecks der Wahl mit dem Magistrat oder Schulvorstand zusammen den Wahlkörper bilde“, dagegen im Uebrigen bei ihren früheren Erklärungen beharrte und „die viel weiter gehenden Forderungen der Sternberger Commüne als unzulässig und in den Rechten nicht begründet“ ablehnte. Von dieser Erklärung der Kirchen-Commission gab das Ministerium dem Magistrate Mittheilung (December 15.) mit dem Bemerken: „Mit dem Inhalte derselben muß, nach der sorgfältigsten Prüfung der Verhältnisse, das unterzeichnete Ministerium sich vollkommen einverstanden erklären.“ Daraufhin entschlossen sich (1850, Febr. 14.) Magistrat und Bürger-Ausschuß zur Annahme; das „Regulativ für die verbesserte Einrichtung der Stadtschule in Sternberg“ wurde bestätigt (März 7.), der Ausbau des zum neuen Schulhause bestimmten Oldenburgschen Hauses begann (Februar 25.), und der Beginn der neuen Schuleinrichtung wurde auf Michaelis 1850 in Aussicht genommen.

Das Regulativ enthielt in 23 Paragraphen die Grundzüge einer Schulordnung, trug jedoch den Charakter des Provisorischen und Unvollständigen und mußte durch eine Schulordnung ersetzt werden. Ende August fragte der Magistrat dieserhalb an, ob nicht der früher von ihm eingereichte Entwurf, soweit er nicht durch das Regulativ abgeändert worden, zur Norm erhoben werden solle, erhielt jedoch den Bescheid, daß der Schulrath Meyer mit Abfassung einer Schulordnung beauftragt sei, welcher bei Uebersendung derselben (September 16.) erklärte, daß ihm bei der Abfassung jener magistratische Entwurf „nicht zugänglich“ gewesen, so daß „nur aus der Erinnerung einzelne sachgemäße Bestimmungen desselben“ herübergenommen seien. Der Magistrat erklärte im Allgemeinen seine Zustimmung; über einzelne Punkte wurde weiter verhandelt. Darüber verzögerte sich der Abschluß, wie auch der Ausbau des Hauses sich verzögert hatte. Endlich, am 27. December 1850, erfolgte die landesherrlich und oberbischöflich bestätigte „Schul-Ordnung für die Stadtschule in Sternberg“, und wurde dieselbe nun am 3. Januar 1851 durch den Magistrat in einer Rathssitzung publiciert, worauf am 6. Januar das neue Schulhaus mit großer Feierlichkeit bezogen wurde.

Auf dem Rathhause versammelte sich die ganze Schule, Magistrat, Bürgerausschuß, Geistlichkeit und viele aus der Bürgerschaft. Eröffnungsgesang. „Der Magistrats-Dirigent, Herr Bürgermeister Wulffleff, hieß Anwesende auf das Herzlichste willkommen und wies in einer passenden Rede auf den Tweck der heutigen Feierlichkeit hin, wobei diejenigen Verhältnisse, in welchen bisher die hiesige Stadtschule bestanden, und die nach vielfachen Verhandlungen jetzt endlich zu einer lange gefühlten und nunmehr ins Leben getretenen Verbesserung derselben geführt, treffend und mit herzerschütternder Wärme aus einander gesetzt wurden.“ In Procession unter dem Geläut aller Glocken zog man nach dem Schulhause. Gesang. Weihrede von Pastor Gaedt, worauf Rektor Brunst erwiderte. Gesang und Gebet machte den Schluß. „Alle Anwesende waren auf das Feierlichste gestimmt.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Sternberger Schulwesens