Abschnitt 1

Die Zeit der Reorganisation 1803-1850.

Die Schulreform 1839-1850.


Der Ursprung derselben ist aus den Akten nicht völlig klar zu stellen. Anscheinend hat die Regierung bezw. der Schulrath Meyer in der Absicht, die Schule aus einer Kirchenanstalt zur Staats- und Communal-Anstalt umzuwandeln, die Initiative ergriffen und im Jahre 1839 den mehrfach erwähnten Bericht von Dietz erfordert. Der Bericht lautet im Allgemeinen ganz befriedigend: die Lehrer tüchtig und von löblichem Wandel; der Schulbesuch im Allgemeinen, besonders im Winter gut, im Sommer freilich nicht; gute Schulzucht; wenig Klagen; Nebenschulen fast nur noch für die Kinder der höheren Stände. Nur bezüglich der Schulgebäude hatte Dietz einen empfindlichen Uebelstand zu constatieren: zwar die Küsterschulstube mit der vor 10 Jahren geschehenen Erweiterung (s. oben S. 111) gut; auch die Stube im städtischen Schulhause genügend; dagegen das Rektorhaus von schlechter Beschaffenheit und die beiden Klassenzimmer viel zu klein. Daraufhin referierte Meyer an die Regierung (1840, Januar 27.): dieser Uebelstand sei „als Anlaß zu nehmen“, um eine Verbesserung des Schulwesens auf Grundlage der „Verpflichtung der Commune“ in Angriff zu nehmen. Allerdings berichtete das städtische Departement (1841, Mai 1.), daß der dermalige Zustand der Cämmereikasse keine günstigen Aussichten gewähre; da jedoch der jetzige Bürgermeister Wulffleff „sich für die Schule sehr interessiere“, so mochte eine commissarische Verhandlung nicht ohne Erfolg sein; allerdings habe Wulffleff seine Ansicht von vornherein dahin geäußert, daß eine Schulreform „nur auf Kosten der Hospitäler“ geschehen könne. Daraufhin wurden durch Commissorium vom 15. Nov. 1841 Canzleirath Boccius und Schulrath Meyer beauftragt, welche im Juni 1842 unter Zuziehung des Schulinspektors Dietz mit dem Magistrate verhandelten.


Als Hauptmängel constatierte die Commission: die Unzureichlichkeit der Schullokale in drei verschiedenen und von einander entfernten Häusern, Ueberfüllung der Klassen, erschwerte Aufsicht. Ihre Vorschläge lauteten: Erbauung eines gemeinsamen Schulhauses auf Kosten der Stadt, Anstellung einer Industrielehrerin, Fixierung des Schulgeldes und Erhebung desselben durch den Magistrat, Errichtung einer Schulkasse. Die Kosten wurden auf ca. 200 Thlr., nach Abtrag des Baukapitals nur 100 Thlr. jährlich veranschlagt.

Diese Belastung der Commüne lehnte der Magistrat von vornherein ab; und die Commission überzeugte sich, daß die Stadt nicht sofort das Ganze übernehmen könne; immerhin könnten die Einwohner „schon ein ziemliches mehr geben“. Ihr Vorschlag beschränkt sich nun auf Herstellung des Schulhauses, und der jährliche Mehrbedarf an städtischen Schulaufwendungen wird auf 88 Thlr. berechnet, welche Summe durch Erhöhung der unter dem Namen „Speisegeld“ von Alters her gewohnten Schulabgabe gedeckt werden soll.

Hierüber verhandelt der Magistrat mit der Bürgerschaft, und - es erfolgt Ablehnung. Die Verbesserungsbedürftigkeit der Schule sei vielleicht anzuerkennen, aber noch nicht nachgewiesen; die Schulstuben keineswegs überfüllt; eine Verbindlichkeit der Stadt sei nicht anzuerkennen; die Cämmerei leistungsunfähig; die Stadtabgaben so hoch, daß eine Vermehrung unzulässig sei. Die einzige Möglichkeit, die Mittel für die Schulreform zu gewinnen, bestehe darin, daß - die Ländereien der pia corpora der Stadt in Erbpacht gegeben würden.

Die Commission nun, indem sie erklärte, zu Verhandlungen über letzteren Punkt nicht befugt zu sein, schloß mit dem Ausdruck des Bedauerns über die Erfolglosigkeit ihrer Mission. Doch stellte sie weitere Verhandlungen in Aussicht. Und wirklich erfolgte schon unter dem 4. Juli 1842 seitens der Regierung ein Rescript, worin zuerst zwar mißbilligend bemerkt war, daß der Magistrat seine Geneigtheit, etwas für die Schule zu thun, aller billigen Erwartung zuwider so wenig bethätigt habe, dann aber zu näheren Vorschlägen wegen Vererbpachtung der Ländereien der pia corpora aufgefordert wurde. Hierüber nun entstanden weitere Verhandlungen, welche fast 4 Jahre dauerten und mit großen Kosten verbunden waren. Die pia corpora einigten sich mit dem Magistrate über einen Vererbpachtungsplan, wobei die Absicht bestand, daß die Summe, um welche die künftige Erbpacht die bisherige Zeitpacht überstiege, zur Verbesserung des Schulwesens verwendet werden solle. Der Magistrat seinerseits verband damit weit aussehende Pläne für die Hebung der städtischen Feldwirthschaft. Als nun aber das Projekt schließlich am 5. März 1846 an die repräsentierende Bürgerschaft gelangte, - wurde es von dieser abgelehnt.

Inzwischen waren nun aber die aus der Ueberfüllung der Klassen erwachsenden Uebelstände so offenbar geworden, daß irgend etwas geschehen mußte. In Voraussicht neuer Verhandlungen erstand der Magistrat schon Ende 1846 auf Kosten der Stadt für 2205 Thlr. N 2/3 ein Haus, das s. g. „Oldenburgsche Haus“, welches eventuell zum Schulhause aptiert werden möchte. Und Anfang Mai 1847, als nach Küster Krügers Tode ein geeigneter Anlaß gegeben schien, ergriff Superintendent Kleiminger die Initiative, mit dem Magistrate zu verhandeln. Als er diese seine Absicht an Dietz mittheilte und dessen Erachten erforderte, erwiderte derselbe, daß er zwar davon einen Erfolg nicht erwarte, weil die bisherige Erfahrung gezeigt habe, daß der Magistrat gar nicht ernstlich die Absicht habe, etwas für die Schule zu opfern; wenn aber der Versuch gemacht werden solle, so gingen seine Vorschläge dahin: der Magistrat, welcher als Vertreter der Schulgemeinde eigentlich rechtlich verpflichtet ist, für ein Schulhaus zu sorgen, giebt das Oldenburgsche Haus dazu her und deckt den Kaufpreis zum großen Theil durch den Verkauf des bisherigen städtischen Schulhauses; den Ausbau übernehmen die pia corpora; es wird ein fünfter Lehrer für die neu zu errichtende Elementarklasse berufen; das Patronat über die vierte Lehrerstelle tritt der Magistrat ab, da demselben doch „niemals ein tüchtiger Seminarist wird von dem Curatorio überlassen werden“; zu den erwachsenden Mehrkosten von 420 Thlr. für Lehrergehälter zahlt die Stadt jährlich 300 Thlr., deckt aber diese Ausgabe fast ganz dadurch, daß der Magistrat für eigene Rechnung das Schulgeld für zwei Klassen vereinnahmt und die bisher aus der Armenkasse gezahlte Abschlagssumme für Armenschulgeld zurückbehält; das übrige zahlen die Hospitäler; die Inspektion verbleibt ausschließlich dem Pastor, da demselben nicht zugemuthet werden kann, sie mit solchen zu theilen, „die von der Sache nichts verstehen“.

Im Sinne dieser Vorschläge, welche Kleiminger als „billig“ bezeichnet, verhandelt derselbe mit dem Magistrate, welcher dieselben jedoch sofort und entschieden (Mai 6.) als „den diesseitigen Interessen und dem bestehenden Rechtsverhältniß widersprechend“ zurückweist.

Nunmehr wendet sich Kleiminger (1847, Mai 20.) an die Regierung mit der Klage, daß die Stadt sich auf nichts einlassen wolle, und mit der Bitte, den Magistrat zu zwingen oder die Commisston zu erneuern, da der bisherige Zustand nicht länger zu ertragen sei. Die Regierung erfordert (Juni 23.), da die Sache schlechterdings nicht aufgeschoben werden könne, vom Magistrate Bericht, was er zu thun gedenke und stellt Beihülfe aus Hospitalmitteln in Aussicht. Keine Antwort. Die Regierung maturiert zum ersten Male (Sept. 11.) und zum zweiten Male (1848, Januar 31.), worauf denn der Magistrat mittheilt, daß er mit dem inzwischen für Dietz eingetretenen Pastor Gaedt „zu fast völligem Einverständniß“ verhandelt habe und baldmöglichst berichten werde (Februar 15.).

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Sternberger Schulwesens