Abschnitt 7

Postwesen 1785-1842-Landespost-1785-1837


Es komme jetzt nur allein auf die sorgfältigste Fassung der Erklärung an, da die Aufopferung der meklenburgischen Privilegien jedenfalls auf immer erfolgen dürfte. Die Abtretung derselben sei schließlich der einzige Verlust Meklenburgs, während andere Staaten ihre Existenz hätten preisgeben müssen. Ueberdies ertrüge das herzogliche Postprivileg in Hamburg keine strenge Prüfung und da das Postregal überhaupt ein Gegenstand der Begehrlichkeit des kaiserlichen Hofes wäre, so sei ein aktiver oder auch nur passiver Widerstand der Lage nicht angepaßt. Lehsten betonte schließlich, daß der Augenblick, sich aller beschwerlichen und nachtheiligen Servitute zu entledigen, jetzt gekommen sei und benutzt werden müßte.


So wenig überzeugend auch die Darlegungen von Lehsten's waren, so mußten sie doch als richtig gelten, da der Regierung eine Wahl überhaupt nicht freistand. Sie beschloß daher, im Sinne von Lehsten's Votum die Angelegenheit weiter zu behandeln. Bevor indeß noch die nöthigen Vorkehrungen getroffen werden konnten, lief am 28. Januar von Julliac bei Pauly die Mittheilung ein, daß in Folge einer, vom General-Postdirektor des französischen Reiches, Grafen de la Vallette, gegebenen Weisung Pauly unter keinen Umständen irgend eine Briefpost von Hamburg expediren oder empfangen dürfe, daß vielmehr hierzu allein das französische Postamt befugt sei.

Lehsten eilte wieder nach Hamburg. Nach langem, fruchtlosem Bemühen mußte er am 7. Februar in eine Konvention mit Julliac willigen, deren Inhalt im Wesentlichen darauf hinauslief, daß die meklenburgischen Postämter in Hamburg und Lübeck aufgehoben wurden und fortan der Wechselverkehr zwischen meklenburgischen und französischen Posten durch Grenzpostämter beider Verwaltungen wahrgenommen werden sollte. Jedenfalls war der Postdirektor Gonze, welcher sich inzwischen in Paris aufgehalten hatte, die treibende Kraft dieses unerwarteten, energischen Schrittes der französischen Regierung gewesen, da er aus seinem Aufenthalt in Hamburg am besten wußte, welche Maßregeln im Interesse der französischen Posten am Platze waren.

Auch die dänische Briefpost gelangte um diese Zeit zur Aufhebung.

Die meklenburgischen Fahrposten nach Hamburg ließ man mangels eigener französischer Postkurse einstweilen noch bestehen. Auch das meklenburgische Wappen am Posthause in Hamburg wurde weiter geduldet, doch mußte die Unterschrift entfernt werden.

Auch das westfälische Fuhramt in Hamburg rnit seinem Kurse bis Lenzen blieb bestehen. Dasselbe mußte aber vom 1. Januar ab bereits mit dem französischen Postamte in Hamburg liquidiren. Auf besonderen Befehl Napoleons wurden in Hamburg und Lübeck geborene Franzosen als Postdirektoren eingesetzt, da hierdurch die beste Gewähr für eine genaue Kontrole der englischen und schwedischen Korrespondenz gegeben war.

Am 26. Februar 1811 lief bei Pauly eine weitere Mittheilung von Julliac ein, daß nach einem neuen Befehl aus Paris die meklenburgischen Fahrposten sofort den Betrieb einzustellen hätten, da vom 1. März ab von Hamburg bis zur meklenburgischen Grenze französische Posten kursiren sollten. Pauly erhielt daher Anweisung, den Dienst der fahrenden herzoglichen Post zum 1. März an das kaiserlich französische Ober-Postamt abzutreten, die dortigen Beamten ihres Dienstes zu entlassen und entweder um ihre Wiederanstellung bei dem kaiserlichen Postamte nachzusuchen oder sie sonst angemessen zu entschädigen. Ferner sollten die Fuhrkontrakte aufgerufen und die bisherigen Posthalter an die französischen Behörden verwiesen werden. Die bis dahin gezahlte Transitabgabe für den Durchgang der herzoglichen Posten durch Lauenburg wurde vom 1. März ab einbehalten. Pauly wurde gleichfalls seines Dienstes mit einem Ruhegehalt von 600 Rthlr. entlassen. Er behielt seine Wohnung in dem bisherigen herzoglichen Posthause bei. Das meklenburgische Postamt in Hamburg hatte damit nach mehr als hundertjährigem Bestehen seine Thätigkeit eingestellt.

Den veränderten Verhältnissen gegenüber traf die meklenburgische Regierung nunmehr ihre Maßregeln, und zwar in erster Linie zur Regelung des Wechselverkehrs. Das Postamt in Boizenburg behielt auch jetzt seine Eigenschaft als vornehmstes Grenzpostamt unter dem Postrath Wildfang bei; hinzu kam ein Grenzpostamt in Gadebusch unter Postkommissär Griestop, welches im Wesentlichen den Grenz- und Wechselverkehr zu besorgen hatte; der Lokaldienst und die Verbindung zum übrigen Lande verblieb wie vorher schon dem zweiten herzoglichen Postamte 6) in Gadebusch unter Postmeister Köppen. Endlich wurde ein drittes Grenzpostamt















in Dassow 7) eingerichtet, zu welchem Zweck daselbst 1 Postmeister, 1 Postschreiber und 1 Litzenbruder in Funktion traten. Boizenburg stand zu Lauenburg, Gadebusch zu Ratzeburg und Dassow zu Lübeck in Beziehung, da an diesen fremden Orten französische Postämter eingerichtet waren. Die meklenburgischen Postämter erhielten Anweisung, alle über die westliche Landesgrenze fließende Korrespondenz über eines der Grenzpostämter zu leiten.




6) Die Stellung der beiden Postämter in Gadebusch war staats rechtlich und posttechnisch sehr verwickelt, weshalb wegen der gegenseitigen Befugnisse präzise Vorschriften erlassen werden mußten. Gadebusch hatte mit den Städten Boizenburg, Wittenburg und Rehna zu den früheren hannoverschen Pfandämtern gehört. Nachdem diese von Hannover wieder eingelöst worden waren, wurde die Reluitions-Kommission bestellt, welche die Auslösungssumme allmählich aus den Aufkünften der Aemter zu amortisiren hatte. Zu diesen Aufkünften gehörten auch die auf Grund der Konvention von 1735 bei den Postkontors in Boizenburg, Wittenburg, Gadebusch und Rehna erzielten Reineinnahmen; letztere flossen demnach der Reluitions-Kommission zu. Das war die Sachlage, als im Jahre 1811 die Errichtung der Grenzpostämter erfolgte. Bis dahin hatten für die Postämter innerhalb der Hypothek zur Erleichterung der Abrechnung immer besondere Brief-Charten angefertigt werden müssen; hierauf wollten sich aber die französischen Postämter nicht einlassen, und die meklenburgische Regierung mußte ihnen zu Willen sein. Lehsten glaubte jetzt aber die Genauigkeit der Verrechnung der Postgefälle aus den Hypothek-Postämtern gefährdet, weshalb er die Reluitions-Kommission zu bewegen versuchte, ihre Ansprüche aus dem Postregal gegen eine nach einem zehnjährigen Durchschnitt der Portoaufkunft fixirte Abfindungssumme fahren zu lassen. Die Reluitions-Kommission bat aber, hiervon Abstand zu nehmen, da der Krieg und die jetzige Lage alle Verhältnisse in Handel und Verkehr umgestaltet hätte, so daß eine genaue Fixirung des Aversums schwierig sein würde. Damit zerschlug sich Lehstens Plan überhaupt. Zur Sicherstellung der Postgefälle wurden daher andere Maßregeln getroffen. Da sich nun die Sachlage nur in Gadebusch geändert hatte, so wurden bezüglich der Verrechnung der Postaufkünfte bei den Postämtern daselbst folgende Bestimmungen getroffen:
• Portoaufkünfte für Passagiere, Packete, Gelder und Briefe von Hamburg nach Schwerin und weiter sollten zur Renterei fließen, mithin die Expedition auch dem Grenzpostamte zufallen,
• Portoaufkünfte für Passagiere u. s. w. von Hamburg nach Rehna, Grevesmühlen und Wismar gehörten zur Berechnung der Reluitionskasse, also die Expedition dem Lokalpostamte,
• Portoaufkünfte für Passagiere u. s. w. von Gadebusch nach Schwerin, Wismar und weiter gehörten nach wie vor der Reluitionskasse, also die Expedition dem Lokalpostamte,
• dieselben Verhältnisse griffen Platz bei der Rückbeförderung in der Richtung nach Hamburg,
• Accidenzien aus dem Orte sollten dem Lokalpostamte zufließen.
7) In Dassow war von Alters her wegen der zwischen Lübeck, Wismar und Grevesmühlen kursirenden Posten eine Postexpedition unter einem Postexpediteur eingerichtet, die dem Postkontor in Grevesmühlen unterstellt war; sie kam jetzt in Fortfall.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens