Abschnitt 6

Postwesen 1785-1842-Landespost-1785-1837


Die meklenburgische Regierung protestirte gegen dieses Verfahren auf das Entschiedenste und wies darauf hin, daß sie die konventionsmäßige Durchgangsgebühr von 300 Rthlr. immer pünktlich bezahlt habe; aber ob der protest Erfolg haben konnte, sei dahingestellt, vorläufig behielt es indeß den Anschein, was bei den Zeitverhältnissen schon als Erfolg von der meklenburgischen Regierung angesehen werden mußte.


Wie bereits vorhin erwähnt, hatte die Stadt Hamburg 5) konventionsmäßig am 8. Dezember 1807 ihre Postgerechtsame auf 25 Jahre gegen bestimmte Rekognition an die bergische Postverwaltung abgetreten. Nach der Konvention hatte sich der Großherzog von Berg ausdrücklich verpflichtet, alle diejenigen Verpflichtungen zu erfüllen, welche Seitens der Stadt gegen fremde Staaten übernommen worden waren.

Der Hamburger Senat zeigte diese Cession der meklenburgischen Regierung an. Wenn auch klar vorlag, daß die Stadt rechtlich nicht befugt war, ohne Genehmigung der meklenburgischen Regierung ihre bis Wismar gehende reitende Post an den Großherzog von Berg abzutreten, so nahm man doch an, daß der Senat durch die Ungunst der Verhältnisse zu diesem Schritt gezwungen worden sei und stand deshalb von einer weiteren Erörterung der Sache vor der Hand ab.

Aber die bergische Postverwaltung dachte nicht daran, die nach dem Vertrage vom 23. Dezember 1780 von Hamburg zu zahlenden 1200 Banko Transitporto zu berichtigen. Anfangs hatte sich die herzogliche Regierung noch der trügerischen Hoffnung hingegeben, daß sich jetzt vielleicht die Beseitigung aller fremden Posten im Lande und somit auch der Stadtreitpost erreichen ließe, und war in dieser Voraussetzung schon entschlossen, auf die Zahlung des Transitportos nicht zu dringen, aber bald erkannte sie das Unrichtige dieser Erwartung und forderte nun energisch die Zahlung des Transitportos. Wider Erwarten hatte dieses Verlangen Erfolg, denn das französische Ober-Postamt zahlte im Januar 1809 die für das Jahr 1808 fällige Summe thatsächlich aus. Aber ob auch in den folgenden Jahren das Transitporto gezahlt worden ist, muß Aktennachrichten zufolge billig bezweifelt werden.

Alle bisher wegen Aufrechterhaltung der meklenburgischen Postgerechtsame in Hamburg mit den französischen Behörden geführten Unterhandlungen, die fast sämmtlich einen für Meklenburg glücklichen Ausgang nahmen, bildeten aber nur das Vorspiel ernsterer Ereignisse, die dem herzoglichen Postamt in Hamburg und den meklenburgischen Postkursen nach Hamburg ein Ende rnachten.

Durch kaiserliches Dekret vom 18. Dezember 1810 wurden die bisherigen Hansestädte Lübeck, Hamburg und Bremen mit dem vormaligen Herzogthum Lauenburg und einem Theile des westfälischen Nieder-Elb-Departements (Lüneburg) dem französischen Reiche unter dem Namen des Departements der Elbmündung einverleibt. Die Schweriner Regierung besorgte sofort, daß es jedenfalls nun um die Hamburger Postkurse und das Postamt in Hamburg geschehen sei, und suchte dem drohenden Verluste nach Kräften Einhalt zu thun. Herzog Friedrich Franz berief daher den General-Postmeister von Lehsten nach Ludwigslust und sandte ihn mit umfassenden Instruktionen nach Hamburg, um hier mit der französischen Regierung Rücksprache zu nehmen.

Bei seinem Eintreffen war der französische Postorganisations-Kommissar daselbst noch nicht anwesend, wohl aber der westfälische, frühere hannoversche General-Postdirektor von Hinüber, welcher in derselben Angelegenheit wie Lehsten nach Hamburg gekommen war. Letzterer besprach mit Hinüber die Sachlage, ohne indeß zu diesem - wie es mit Rücksicht auf die früher gemachten Erfahrungen sich auch von selbst verstehen mußte --über seine letzten Zwecke etwas verlauten zu lassen. Jedenfalls stand Lehstens Absicht von vornherein fest, lieber zuerst selbständig vorzugehen und erst später je nach Bedarf Hinübers Hülfe zu erbitten.

Endlich traf auch der französische Postkommissar Julliac in Hamburg ein. Er erließ sogleich an sämmtliche fremden Postämter gleichlautende Verfügungen des Inhalts, daß

• mit dem 10. Januar 1811 der Dienst der fremden Postbüreaux aufzuhören hätte,
• der Dienst vom 11. Januar ab mit dem französischen Hauptpostamte daselbst verbunden würde,
• die fremden Postoffizianten für die Zeit vom 1. bis 10. Januar ihre Rechnungen besonders aufzumachen und den reinen Ueberschuß an die kaiserliche Postkasse abzuliefern hatten, und
• dem kaiserlichen Kommissar von den fremden Offizianten anzuzeigen wäre, wohin die Grenzbüreaux innerhalb des eigenen Landes verlegt würden.

Diese Verfügung ließ keinen Zweifel zu, wohin sie gerichtet war. Lehsten suchte aber das Aeußerste zu vermeiden und wies Julliac darauf hin, daß die meklenburgischen Postkurse nach Hamburg lediglich die Kommunikation Hamburgs mit dem Innern Meklenburgs aufrecht erhalten sollten. Dem hielt Julliac entgegen, daß das in allen kaiserlichen Provinzen "etablirte principe d'un service unique des postes" bereits der westfälischen und dänischen Post gegenüber zur Anwendung gebracht sei und eine Rettung der herzoglichen Posten außer dem Bereiche der Möglichkeit läge. Julliac glaubte schließlich, andeuten zu müssen, daß er bei irgend welchem Widerstand Verhaltungsmaßregeln aus Paris erbitten müßte. Lehsten wollte den Bogen nicht zu straff spannen und lenkte nun ein. Er glaubte aber, noch eine Entschädigung für das Aufgeben der bisherigen Postrechte für seinen Hof reklamiren zu müssen und legte Julliac offen die Sachlage dar; überdies wies er letzteren auf die Unmöglichkeit hin, bis zum 10. Januar (die Unterredung fand am 8. Januar 1811 statt) alle Vorbereitungen dergestalt treffen zu können, daß ohne Schädigung der öffentlichen Interessen der Dienst der meklenburgischen Posten aufhören und die französischen Posten den Betrieb in vollem Umfange vom 10. Januar ab wahrnehmen könnten. Diesen Einwand erkannte Julliac als berechtigt an, und Lehsten benutzte die Gunst des Augenblicks, um Julliac vorzuschlagen, vorläufig das meklenburgische Postamt in Hamburg und ebenso das Postamt in Lübeck, das gleichfalls eingehen sollte, von Bestand zu lassen, bis über die gegenseitigen Beziehungen eine schriftliche Konvention abgeschlossen sei. Nachdem noch von Julliac bedungen war, daß die Erträge beider meklenburgischen Posten aus französischem Gebiet ganz zur französischen Postkasse fließen sollten, waren beide Kommissarien im Wesentlichen einig. Die mündlichen Abmachungen galten einstweilen als Konvention.

Bei seiner Rückkehr nach Schwerin konnte Lehsten dem Herzoge daher von einem unerwartetet günstigen Ergebniß seiner Unterhandlung Bericht erstatten. Der Herzog genehmigte die Abmachungen und sprach Lehsten noch besonders seine Zufriedenheit über das Erreichte aus.

In einem ausführlichen Memorial legte Herr von Lehsten demnächst seine Ansichten über die gegenwärtige Lage nieder. Er betonte, daß die Aufhebung des Postamts in Hamburg und die Beschränkung der herzoglichen Fahrposten innerhalb des eigenen Landes nur eine Frage der Zeit sein könnten und sofort eintreten würden, wenn die französische Verwaltung erst einigermaßen Ordnung in Hamburg geschaffen hätte. Der Verlust sei aber, wie Lehsten mehr tröstend, ohne anscheinend selbst von seinen Worten überzeugt zu sein, darlegte, geringer, als es den Anschein hätte. Die theuren Fuhrkontrakte im Auslande, die Büreau- und Hauskosteu, die Transitgebühr an Hannover u. s. w. stellten zusammen sehr hohe Beträge dar, die den größeren Theil der Erträge aus dem Betrieb der Posten auf fremdem Gebiet absorbirten, und der scheinbare Verlust würde gänzlich wett gemacht, wenn die Aufhebung der letzten fremden - Hamburger und Lübecker - Posten im Lande erreicht würde. Falls Meklenburg aber noch die Beförderung der Hamburg - Lenzener Postkurse auf meklenburgischem Gebiet, das lang ersehnte Ziel der meklenburgischen Postverwaltung, erhalten sollte, so stände ein erheblicher Gewinn in sicherer Aussicht.




5) Ebenso hatte auch Lübeck die Postgerechtsame unter gleichen Bedingungen abgetreten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens