Abschnitt 1

Postwesen 1785-1842-Landespost-1785-1837


IV. Das Postwesen in Meklenburg-Schwerin von 1785 bis 1842.


1. Die Landespost in Meklenburg-Schwerin.

a. Unter Herzog, nachmaligem Großherzog Friedrich Franz I. (1785-1837).

Der Nachfolger des Herzogs Friedrich, Herzog Friedrich Franz I., leitete mit seiner Thronbesteigung im Jahre 1785 eine zwanzigjährige glückliche Zeit der Ruhe und Erholung für Meklenburg ein. Da auch wirthschaftliche Krisen von Bedeutung während dieser Periode ausblieben, so waren alle Bedingungen gegeben, die weitere Entwicklung der Landespost günstig zu beeinflussen.

Dennoch sind aus dieser Zeit nur wenige bemerkenswerthe Einzelheiten aus dem Entwicktungsgang des Postwesens zu berichten. Im Großen und Ganzen behielt Verwaltung und Betrieb unverändert das Gepräge, welches Herzog Friedrich dem Postwesen aufgedrückt hatte. Die fiskalische Verwaltung blieb durchaus in Geltung und erfuhr sogar noch eine fühlbare Verschärfung durch den Erlaß neuer Taxvorschriften vom Jahre 1805, die aus den Postgebühren eine drückende Steuer für Handel und Verkehr schufen. Das ganze Streben der Regierung ging dahin, möglichst große Erträge aus den Posten zu erzielen. Was Herzog Friedrich nicht dauernd hatte erreichen können, die Postüberschüsse auf 16000 Rthlr. zu treiben, gelang seinem Nachfolger schon im Jahre 1786. Dann trat zwar für 1794/95 ein Sinken der Erträge auf 14420 Rthlr. ein, sonst aber brachten die Posten alljährlich im Durchschnitt 20000 Rthlr. aus, sodaß in den zwanzig Jahren von 1785 bis 1805 über 360000 Rthlr. an reiner Einnahme aus den Posten erzielt wurden.

Der Kampf gegen die fremden Posten im Lande wurde mit unverminderter Schärfe und Hartnäckigkeit fortgeführt, und die Regierung hatte die Genugthuung, in diesem Kampfe nicht unwesentliche Vortheile errungen zu haben.

Die mit Hannover wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg abgeschlossene Konvention wurde durch Vertrag vom 5. Mai 1792 auf fernere 25 Jahre fast unverändert verlängert. Die Postbefugnisse Meklenburgs im Herzogthum Lauenburg und der freie Weg für die meklenburgischen Posten auf der alten Straße nach Hamburg waren damit aufs Neue anerkannt und auf lange Zeit zugestanden.

In der inneren Organisation der Postverwaltung traten in der Zeit von 1785 bis 1805 wesentliche Veränderungen nicht zu Tage. Ueber die Postverwaltung hatte sich eine beschauliche Ruhe gelagert, die allem Neuen, jeder Verbesserung abhold schien und fast einer Erstarrung gleich kam.

Um so fühlbarer und nachhaltiger war der Eindruck, den die kriegerischen Ereignisse des Jahres 1806 infolge der Napoleonischen Invasion auch innerhalb der meklenburgischen Postverwaltung hervorriefen.

Nach der Schlacht bei Jena überschwemmten französische Truppen auch die meklenburgischen Lande, weil Meklenburg auf Seiten der Gegner Frankreichs gestanden hatte. Am 11. November 1806 erging ein Tagesbefehl des Marschalls Soult für die vierte französische Armee, in den Staaten des Herzogs von Meklenburg die Einwohner zu Schützen, besonders aber die Posthäuser unter ihre Obhut zu nehmen. Auch sollte der durch die kriegerischen Ereignisse vollständig in Verwirrung gerathene Postenlauf möglichst bald wieder hergestellt werden. Der Befehl lautete dahin, "in den Posthäusern Sauvegarden zu errichten und die Posten, soviel es in den Kräften der Militair-Kommandanten stände, auf alle mögliche Art und Weise zu befördern." Am 27. November zeigte der französische Gesandte bei den niedersächsischen Ständen in Hamburg dem herzoglichen Ministerium an, daß Meklenburg nicht für neutral erklart werden könnte, vielmehr wegen der Hülfe, welche es den Feinden Frankreichs geleistet, so betrachtet werden müßte, als wenn es mit denselben gemeinsame Sache gemacht hätte.

Schon am folgenden Tage nahm General Michaud auf Befehl des Reichsmarschalls Mortier im Namen des Kaisers der Franzosen die meklenburgischen Lande in Besitz und am 13. Dezember traf der zum Gouverneur ernannte Brigadegeneral Laval in Schwerin ein. Es erging nun, nachdem am 16. Dezember sämmtliche Ortsbehörden für Napoleon in Eid und Pflicht genommen waren, unter dem 18. an alle Amts-, Forst- und Postbeamten die Weisung, ihre Dienste im Namen des Kaisers zu verwalten und die Einkünfte für denselben zu berechnen.

Infolge des Krieges hatte die Regierung noch im Nooember 1806 öffentlich bekannt machen lassen, daß Gelder und Werthsachen nur auf Gefahr des Absenders mit den meklenburgischen Posten befördert werden könnten - ein harter Schlag für Handel und Verkehr im Lande. Da glücklicher Weise eine Beraubung der Posten in den nächsten Wochen nicht stattfand, so wurde die Verordnung am 9. Dezember zur großen Genugthuung des Publikums wieder aufgehoben.

Im Januar 1807 beauftragte die Kammer alle Kontore, das herzogliche Wappen ordnungsmäßig von den Posthäusern zu entfernen und dafür den Kaiserlichen Adler (Schild mit goldenem Adler auf weißem Felde mit der Unterschrift Meklenburg-Schwerinsches Postamt, Postkontor) aufzustellen. In Boizenburg war schon am 28. Dezember 1806 die bisherige herrschaftliche Kasse geschlossen worden. Tags darauf erfolgte bereits die Verwaltung im Namen Napoleons. Der Postmeister, Postrath Wildfang, erhielt von der Kammer Anweisung, dem dorthin kommenden französischen Kommissar die Verhältnisse der dortigen Kasse darzulegen und dahin zu wirken, daß wie bisher ein Theil der Kassengelder an die Reluitionskasse (caisse d'amortissement) nach Schwerin einzusenden sei, der andere Theil für die preußischen Posten nach Berlin abgeführt werden müßte. Das paßte dem französischen Prinzip der Egalität aber nicht, beide Kassen wurden versiegelt und mitgenommen.

Wenn die Franzosen auch im Allgemeinen auf Mannszucht hielten, so kamen Uebergriffe doch zahlreich vor. Besonders mit dem öffentlichen und herrschaftlichen Eigenthurn sprangen sie wie mit Eigenem um, und der erste Schritt galt beim Eintreffen in einer Stadt der Mitnahme der öffentlichen Kassen. Das Auftreten der Franzosen im Postamt zu Güstrow schildert der Postsekretär Steinmann folgendermaßen: "Am 3. Nooember 1806 rückten die Franzosen unter dem Prinzen Murat hier ein. Noch beschäftigt mit der Besorgung von 30 verlangten Courierpferden traten zu mir mehrere Offiziere ins Kontor und bemächtigten sich sämmtlicher vorhandenen Briefe, wenigstens an 1000 Stück. 6 bis 8 Menschen waren beordert, sie durchzulesen. Der größte Theil von ihnen ward zerrissen, einige wurden ganz zurückbehalten und nur ein kleiner Theil blieb unbeschädigt liegen. Erst am folgenden Morgen erhielt ich die Erlaubniß, die auf den Boden durcheinander geworfenen Ueberbleibsel zu mir zu nehmen und auf meine Vorstellungen an den Prinzen Murat über die Nachtheile, welche für mich aus jenem Verfahren entstehen würden, da das Postgeld, welches auf den zerrissenen und zurückbehaltenen Briefen notirt wäre, in den Postcharten berechnet sei, erhielt ich die tröstliche Antwort, daß ich den Schaden in Rechnung bringen könne. Der Bezug auf diese Antwort genügte der hohen Kammer aber nicht, ich mußte die ganze in den Postcharten berechnete Summe bezahlen.

Als am 13. November die Franzosen von Lübeck zurückkehrten, forderten sie die Postkasse; um größere Nachtheile abzuwenden, lieferte ich einen Theil der herrschaftlichen Postkasse aus. Am 20. Dezember legitimirte sich der Kapitän Esnard zur Versiegelung der Postkasse. Obgleich 1400 Rthlr. in der Kasse habend, leugnete ich die Eigenschaft herrschaftlicher Gelder und mußte unter Androhung von Strafen die Wahrheit meiner Behauptung unter einer Akte in Gegenwart von zwei Zeugen bekräftigen. Ich rettete hierdurch 1400 Rthlr. und bin stolz darauf, daß ich als einziger Postoffiziant im Lande ohne Rücksicht auf Drohungen und Gefahren mir zum zweiten Male die Kasse nicht habe rauben lassen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens