Abschnitt 13

Postwesen 1785-1842-Landespost-1785-1837


Dieses Ergebniß war günstiger, als die Schweriner Regierung nach der Lage der Verhältnisse überhaupt erwarten konnte. Die für Meklenburg außerordentlich wichtige, direkte Verbindung mit Hamburg blieb auch jetzt erhalten. Demgegenüber konnte der Verlust mancherlei Postgerechtsame in Lauenburg überhaupt nicht in Frage kommen. Schmerzlich allein war die verhältnißmäßig hohe Abgabe von 2000 Rthlr., die vön Meklenburg alljährlich für den Transit durch Lauenburg gezahlt werden mußte, aber auch über diesen Punkt setzte sich vor allem der Generalpostmeister von Lehsten leichten Herzens mit dem Bemerken hinweg, daß die rasche Steigerung des Verkehrs schon für ausreichende Deckung des Ausfalls sorgen würde.


Diese Voraussage traf nur in gewissem Umfange zu. Der allgemeine Verkehr im Lande war bald nach Beendigung des Krieges lebhaft aufgeblüht, und, dadurch veranlaßt, hatte auch die Thätigkeit der Posten erheblich an Umfang zugenommen. Die reinen Ueberschüsse aus den Posten beliefen sich im Jahre 1816/17 auf über 35000 Rthlr., aber diese Anspannung war nicht von langer Dauer, da im Jahre 1820/21 nur 22000 Rthlr, und erst 1826/27 wieder 28200 Rthlr. erzielt werden konnten. Zum Theil waren die Ursachen für diese Schwankungen in den Veränderungen der allgemeinen Verkehrslage zu suchen, großen Antheil hatte aber auch die Postverwaltung selbst an dem auffallenden Niedergang der Einnahmen, denn mit dem Tode des Erbgroßherzogs im Jahre 1819 war jeder Impuls zu neuen Verbesserungen und zu weiterer Entwickelung innerhalb der Postverwaltung erlahmt. Der Generalpostmeister begnügte sich, den Dingen ihren Lauf zu lassen, wenn nur die bestehenden Vorschriften beachtet wurden - darüber hinaus unterblieb jegliche Neuerung, als den Zeitverhältnissen unangemessen. Mäßige, gesunde Taxen, die den Postverkehr auch bei ruhiger Geschäftslage vermehrt hätten, hielt man für unzweckwäßig, weshalb auch die Einführung der noch von dem Erbgroßherzog entworfenen Taxvorschriften nie erfolgte. Dafür blieb die alte Taxe von 1805 mit ihren drückenden Einzelsätzen in Geltung und nur an Orten, wo die Handelswelt besonders lebhafte Klagen erhob, erfolgte vereinzelt eine Ermäßigung der Taxe. Diese Aenderungen machten aber Umgestaltungen an anderen Orten nothwendig und die Folge war, daß der innere Zusammenhang des allgemeinen Taxsystems zerrissen wurde, und hier und da sogar sinnwidrige Ungleichheiten entstanden, die zu lebhafter Unzufriedenheit Anlaß gaben. Der fiskalische Standpunkt des Herrn von Lehsten ließ aber eine durchgreifende Taxreform nicht zu, denn von Lehsten war ganz ein Vertreter der alten Schule und jeder Neuerung durchaus abgeneigt. Aus dieser Auffassung heraus setzte er auch dem Chausseebau im Lande heftigen Widerstand entgegen, obgleich gerade der Chausseebau auf die Erschließung und Entwicklung Meklenburgs wesentlichen Einfluß geübt hat.

Unter solchen Verhältnissen begreift es sich, daß in dem Dezennium von 1820 bis 1830 von Fortschritten innerhalb der Postverwaltung nicht die Rede sein konnte.

Erst das Jahr 1830 brachte einen Umschlag zum Besseren. In diesem Jahre erfolgte nämlich die Aufhebung des Generalpostdirectoriums. Die Postverwaltung wurde wieder dem Kammerkollegium unterstellt. Im Kollegium aber wurde für Postangelegenheiten ein besonderer Referent, der Postrath von Pritzbuer, bestellt. Er nahm an Sessionstagen, wenn Postsachen vorzutragen waren, seinen Sitz am Sessionstische. Das Generalpostmeister-Amt von Lehsten's bestand daneben noch zur Leitung derjenigen Geschäfte fort, die für dessen leichteren Betrieb mehr geeignet waren, vor Allem Disciplinarsachen, Beschwerden und Verhandlungen mit auswärtigen Behörden."

Dieses Commissorium für den Generalpostmeister von Lehsten war aber nicht von langer Dauer. Vielleicht sagte ihm das Unbefriedigende seines jetzigen Amtsbereichs nicht zu, vielleicht mochte er auch bei seinem vorgeschrittenen Alter - er stand damals im 71. Lebensjahre - das Bedürfniß nach Ruhe haben, genug, er suchte im September 1830 um Enthebung von seinem Amte als Generalpostmeister nach. Unter dem 8. Oktober 1830 ging ihm daraufhin eine allerhöchste Verordnung sehr gnädigen Inhalts zu, die ihn von der Stelle eines Generalpostmeisters in Gnaden entband. Er starb kurz danach, am 25. November 1830.

Trotzdem die Kollegialverfassung der Kammer für die Bearbeitung der Postsachen wiederholt verhängnißvoll geworden war, erwies sich die jetzige Organisation von Anfang an als zweckfördernd, zumal da in der Person des neuen Referenten eine außerordentlich glückliche Wahl getroffen war.

Der Postrath von Pritzbuer trat in einem verhältnißmäßig jungen Alter von 34 Jahren in das Amt ein, dennoch besaß er in Postangelegenheiten eine reife Erfahrung, da er der Postverwaltung bereits seit 1823 angehörte. Er war in diesem Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienste als Accessist angestellt und im Jahre 1825 zum Referendar befördert worden. Zu seiner besseren Ausbildung im Postdienste hielt er sich im Jahre 1827 längere Zeit in Preußen auf, wo er durch Vermittlung des Generalpostmeisters von Nagler zunächst in Magdeburg, später in Berlin den Postverwaltungs- und Betriebsdienst eingehend kennen lernte. Nach seiner Rückkehr legte er der Regierung einen längeren Bericht über die von ihm gesammelten Erfahrungen vor, der Zeugniß ablegt dafür, daß er die preußischen Einrichtungen mit Verständniß beobachtet hatte. Der Großherzog sprach sich mit Anerkennung und Zufriedenheit über den Bericht aus. Im Juli 1829 wurde von Pritzbuer zum Postrath im Kammer-Kollegium befördert.

Postrath von Pritzbuer verhehlte sich bei Uebernahme seines neuen Amts nicht, daß innerhalb der Postverwaltung Vieles veraltet sei und längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit stehe, aber um den Lauf des Postwesens durch rasch und zahlreich einsetzende Neuerungen nicht empfindlich zu stören, ging er nur Schrittweise mit seinen Verbesserungen vor.

Sie beschränkten sich im Großen und Ganzen zunächst auf Schaffung festerer Orbnung im Betriebe, denn bei den Postanstalten hatte sich während der zwanziger Jahre eine für den Dienst nachtheilige, beschauliche Ruhe fühlbar gemacht. Im Postkurswesen wurden wesentliche Veränderungen und Neubildungen vorgenommen. Die ersten Schnellposten kursirten vom 1. Oktober 1830 ab zwischen Schwerin und Ludwigslust; in den nächsten Jahren wurden auch nach Güstrow, Wismar, Rostock, Neubrandenburg Schnellpostkurse eingerichtet - in Meklenburg ein außergewöhnlicher Fortschritt, der als solcher vom Hofe dadurch anerkannt wurde, daß die Schnellposten nach Ludwigslust durch das Haselholz bei Schwerin auf fürstlichem Privatwege fahren durften. Pritzbuer führte auch die ersten auf Federn ruhenden Postwagen in Meklenburg ein. Die um 1835 üblichen Postwagen hatten im Aeußern schon ganz die Form der heutigen Postwagen.

Neue Kurse traten zahlreich zu den alten hinzu; sie verkehrten aber durchweg wöchentlich nur zwei Mal. Zwischen Schwerin und Ludwigslust, Doberan und Wismar, sowie Doberan und Rostock waren aber schon häufigere Verbindungen eingerichtet, zum Theil allerdings durch Botenkurse, die überhaupt um diese Zeit beliebt waren. Im Jahre 1837 verkehrten z. B. wöchentlich zwischen Schwerin und Ludwigslust 3 Schnellposten, 4 Fahrposten und 2 Fußposten.

Während so im Kurs- und Betriebswesen erfreuliche Verbesserungen eintraten, blieb die Taxreform trotz aller Anregungen aus Handelskreisen eine ungelöste Frage. Daß die Nothwendigkeit zu Taxreformen vorlag, erkannte auch die Regierung an, aber es bestanden über die Grundsätze der Reform so zahlreiche abweichende Meinungen, daß die Angelegenheit immer wieder verschoben wurde. Inzwischen half man sich durch Abänderung der Taxen auf einzelnen Kursen, durch Schaffung neuer Taxen zwischen nahe gelegenen Orten, die in lebhaftem Verkehr standen. Ueber den Rahmen dieser Taxänderungen hinaus gestand die Regierung noch einzelnen Personen, Firmen und Gesellschaften für ihren Postverkehr Taxermäßigungen zu, die sich bis zu 25 % der ordnungsmäßigen Gebühren steigerten, eine Vergünstigung, der sich gerade die zahlungskräftigeren Kreise im Publikum erfreuten, während die breite Masse der Bevölkerung die alten hohen Sätze nach der Taxe von 1770 bezw. 1805 zahlen mußte.

Ueber die Unzuträglichkeiten des herrschenden Taxsystems konnten auch die Vortheile nicht hinwegtrösten, die durch die Anbahnung engerer Beziehungen zu den Nachbarpostverwaltungen von Preußen, Meklenburg-Strelitz und Lübeck gerade in den dreißiger Jahren gewonnen wurden; denn der Postverkehr Meklenburgs war, wie es bei einem Ackerbaulande kaum anders sein konnte, mehr lokaler Natur, und die Vergünstigungen, welche aus dem engeren Postverhältniß zu den Nachbarstaaten entsprangen, kamen somit vornehmlich dem an Zahl geringen Handelsstande zu Gute, für den ohnehin schon durch Taxvergünstigungen gesorgt war.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens