Abschnitt 12

Postwesen 1785-1842-Landespost-1785-1837


Die für die Taxreform bestellte Kommission, auf deren Thätigkeit der Erbgroßherzog weitreichenden persönlichen Einfluß übte, konnte schon zu Ende des Jahres 1816 ein neues Taxregulativ vorlegen. In demselben war der Grundsatz durchgeführt, daß mit der Progression der Entfernung die Höhe der Taxe zunehmen solle, und daß für die Festsetzung der Gebühren je nach der Entfernung der Orte bestimmte Zonen mit gleichen Taxen gebildet wurden. Der uralte Gebrauch, die Gebühren von Station zu Station zusammenzurechnen, war also endlich verlassen worden.


Um sicher zu gehen, daß die neue Taxe auch auf gesunder Grundlage beruhte, ließ der Erbgroßherzog noch das Erachten einer auswärtigen Autorität, des Legationsraths Rudloff in Hannover, einholen. Dieser empfahl die Taxe als durchaus zweckmäßig und brauchbar, sodaß der Erbgroßherzog mit Befriedigung auf die Frucht seiner Arbeit sehen konnte. Bevor die Taxe in Kraft trat, sollte sie noch einer gründlichen Revision unter der Leitung des Generalpostmeisters unterzogen werden. Dazu kam es aber leider nicht. Die zunehmende Kränklichkeit des Erbgroßherzogs und endlich sein 1819 eintretender Tod verhinderten bedauerlicher Weise die Einführung der neuen Taxe. Der Generalpostmeister von Lehsten hatte augenscheinlich kein Interesse für den Gegenstand, er fürchtete auch wohl eine Schmälerung der Einnahmen; genug, unmittelbar nach dem Tode des Erbgroßherzogs ließ er die umfangreichen Entwurfsarbeiten bei Seite legen.

Wesentlich besseren Erfolg und schnelleren Fortgang hatte die nächste Aufgabe der Kommission: die Regulirung der Postkurse. Das Postkurswesen, die Grundlage des Postdienstbetriebes, lag nach Beendigung des Krieges außerordentlich im Argen. Vergegenwärtigen wir uns, daß damals selbst auf den Hauptkursen nach Hamburg wöchentlich nur zwei Posten in jeder Richtung verkehrten. Während lange Dezennien vorher die Postverwaltung mit Recht den Nachdruck auf die Regelmäßigkeit der Beförderung legte, hätte nach Maßgabe der Zeitverhältnisse längst ein zweiter Faktor hinzutreten müssen: die Schnelligkeit der Beförderung, ein häufigerer Gang der Posten auf einem Kurse. Die Nothwendigkeit dieser Maßnahme war von den Nachbarstaaten, besonders von Preußen, längst erkannt worden und seit geraumer Zeit schon zur Durchführung gekommen. In Meklenburg rnühte sich dagegen der Kaufmann jahrzehntelang schon vergeblich mit dem Problem, seine gesammte Korrespondenz mit "wendender Post" zu bearbeiten, da die Haltezeit der an großen Orten sich kreuzenden Posten zu kurz bemessen war und das Warten bis zum nächsten Posttage unliebsame Versäumnisse zur Folge hatte.

Und auch sonst fand sich viel zu klagen. Das Kursinventar der Postverwaltung hatte sich seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wenig gebessert.

Da das Minuslicitationsverfahren noch unverändert bei Verdingung der Fuhrleistungen in Gebrauch war, so konnte man auch jetzt von peinlicher Regelmäßigkeit im Betriebe im eigentlichen Sinne des Worts noch nicht sprechen. Das Pferdematerial ließ manches zu wünschen übrig.

Der Wagenbau hatte bis 1810 keine Fortschritte gemacht. Auf den großen Kursen waren noch immer die ungefügen, offenen Wagen mit fester Axe in Gebrauch, über deren Einrichtung und langsamen Gang die Klagen im Publikum so alt wie berechtigt waren. Erst im Jahre 1810 hatte die Postverwaltung sich zu einer ungewöhnlichen Neuerung aufgeschwungen: sie führte nämlich auf dem Rostocker und Schweriner Kurse nach Hamburg verdeckte Wagen ein; aber der ganze vielgerühmte Fortschritt bestand darin, daß über die alten, schweren Wagen ein auf Tonnenbügeln ruhendes Planleinen gespannt wurde, welches den Reisenden nothdürftig Schutz vor Wind und Wetter bot

Das Kurswesen bildete daher ein dankbares Feld der Thätigkeit für die Kommission. Auch hier ging der Erbgroßherzog leitend vor und schon am 2. März 1818 meldete er dem Großherzoge in längerem eigenhändigen Bericht, daß die Regulirung des Postkurswesens in der Hauptsache beschafft sei. Thatsächlich waren in kurzer Zeit wesentliche Neuerungen und Verbesserungen eingeführt worden. Vornehmlich waren die Anschlüsse und damit der Gang der einzelnen Kurse zweckmäßiger geregelt; auf den Hauptkursen traten den auch jetzt noch zweimal wöchentlich verkehrenden Fahrposten zahlreiche Reitposten hinzu, deren Einrichtung zwischen den größeren Orten des Landes und mit Hamburg seitens des Handelsstandes mit großer Anerkennung begrüßt wurde. Im Jahre 1818 trat auch der erste Postwagen mit festem Verdeck in Kurs, ein für damalige Verhältnisse außerordentlicher Fortschritt. Auf allen Kursen wurden neue Fuhrkontrakte auf gesunderer Grundlage abgeschlossen, die der Postverwaltung größere Freiheit ließen, ohne doch die Fuhrunternehmer mehr zu drücken, als es vorher der Fall gewesen war. Das Minuslicitationsverfahren blieb zwar auch jetzt bestehen, aber man war doch vorsichtiger in der Wahl der Fuhrunternehmer, und die Fuhrlöhne waren wesentlich höher und reichlicher bemessen als früher, so daß die Verwaltung jetzt größere Ansprüche stellen konnte.

Auch auf den Dienstbetrieb bei den Postanstalten, der bei der Noth der Kriegsjahre, wo eine Kontrole nicht möglich war, unter einem Schlendrian ohne gleichen zu leiden gehabt hatte, auf die Personalfragen, auf die Anbahnung besserer Beziehungen zu auswärtigen Verwaltungen übte die Komrnission befruchtenden Einfluß aus. Viele Verbesserungen kamen zur Ausführung; eine lange Reihe von Neuerungen sollten in den nächsten Jahren folgen. Die Konkurrenz der fremden Posten hatte wesentlich an Schärfe verloren. Die schwedischen und Lübecker Posten hatten aufgehört zu bestehen; die Hamburger Stadtreitpost war ohne Bedeutung und zu dem preußischen Postkurse auf der Berlin - Hamburger Straße bestanden freundschaftliche Beziehungen, die für die wirthschaftlichen Interessen des Landes von hohem Werth waren.

Die Bemühungen des Erbgroßherzogs, engere postalische Beziehungen zu Meklenburg-Strelitz zu schaffen und auf diese Weise den Verkehr dieses Landes nach Hamburg über die Schweriner Kurse zu leiten, mißlangen zur großen Enttäuschung des Erbgroßherzogs, da Meklenburg-Strelitz durch Verträge an die Benutzung der preußischen Postkurse für seine auswärtige Korrespondenz gebunden war.

Dagegen gelang es der rastlosen Fürsorge des Erbgroßherzogs, eine ernste Gefahr, welche wieder einmal dem Bestande der Meklenburg - Hamburger Kurse drohte, ohne großen Nachtheil für Meklenburg abzuwehren.

Die mit der Krone Hannover im Jahre 1792 auf 25 Jahre abgeschlossene Konvention wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch das Herzogthum Lauenburg war im Jahre 1817 zu Ende gegangen. Durch den Wiener Frieden war Lauenburg an Dänemark gefallen, das sofort Schwierigkeiten wegen des Transits der meklenburgischen Fahrposten erhob. Das ganze Streben Dänemarks ging offensichtlich dahin, alle fremden Posten, auch die preußischen, aus Lauenburg zu verdrängen, um dann alle Posten nach Hamburg für eigene Rechnung anzulegen. Alle Vorstellungen der meklenburgischen Regierung verhallten wirkungslos, und von den sonst interessirten Staaten, besonders von Preußen, war keine Hülfe zu erlangen. In dieser Noth ging von Lehsten nach Harnburg, um mit dem daselbst eingetroffenen dänischen Kommissar in der Angelegenheit zu verhandeln. Infolge seines gewandten Auftretens hatte er auch den Erfolg, daß durch die zwischen beiden Kommissaren am 30. Juni 1817 abgeschlossene Konvention der Durchgang der meklenburgischen Posten auf 2 Jahre gegen eine Rekognition von 1500 Rthlr. Hmb. Crt. zugestanden wurde. Dieser Betrag sollte angeblich dem Ertrage der meklenburgischen Fahrposten auf lauenburgischem Gebiet entsprechen.

Während der Dauer dieser Konvention hatte die dänische Postverwaltung aber Erhebungen über den wirklichen Ertrag der meklenburgischen Fahrposten anstellen lassen und weigerte sich kurz vor Ablauf der zweijährigen Frist, eine weitere Konvention abzuschließen. Erst dem Hofmarschall von Oertzen aus Ludwigslust, welcher nach Kopenhagen abgeordnet wurde, gelang es, die Sache in annehmbarer Weise zu ordnen. Es kam am 30. Dezember 1818 eine neue Konvention zu stande, derzufolge die meklenburgischen Fahrposten auf lauenburger Gebiet zwischen Homfelde und Gadebusch, sowie zwischen Escheburg und Boizenburg als dänische Posten mit Postillonen in dänischer Montirung wie bisher verkehren konnten; auf der übrigen Wegstrecke nach Hamburg und innerhalb Meklenburgs galten die Posten als großherzogliche Posten. Neben sonstigen Abmachungen war ausbedungen, daß mit den Posten nur Sendungen von und nach Meklenburg oder Pommern befördert werden, und daß die dänischen und meklenburgischen Posten sich des Kolligirens aller Sendungen enthalten sollten, die nicht für die direkten Posten beider Länder geeignet waren. Die Rekognition für den Durchgang der Posten wurde auf 2000 Rthlr. festgesetzt; die Konvention sollte vorerst auf 4 Jahre abgeschlossen werden und demnächst mit einjähriger Kündigung fortlaufen. In einem geheimen Separatartikel war der dänischen Postverwaltung schließlich für den Fall, daß sie von der Hamburger Postverwaltung die bisherige Hamburg - pommersche Reitpost übernehmen würde, das Recht von der meklenburgischen Regierung eingeräumt, mit der Reitpost in der bisher üblichen Weise Briefe für Meklenburg und Pommern zu befördern.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens