Abschnitt 11

Postwesen 1785-1842-Landespost-1785-1837


Ueberall wurde der Postbetrieb in alter Weise wieder eingerichtet, und schon trug sich Jedermann mit der Hoffnung, daß die Franzosen nie zurückkehren würden, als die Letzteren eines Tages plötzlich wieder im Lande anwesend waren.


Nach der Schlacht bei Gr.-Görschen mußten die Russen Hamburg am 30. Mai räumen, welches Tags darauf von den Dänen und Franzosen unter Davoust besetzt wurde. Im meklenburgischen Posthause erschienen am 1. Juni zwei französische Kommissare und versiegelten das Kontor. Die unter französischer Herrschaft eingerichteten Postverbindungen wurden wieder hergestellt und traten sofort in Thätigkeit. Meklenburg brach in der sicheren Hoffnung auf baldige, endgültige Befreiung von den Franzosen einstweilen jede Kommunikation mit Hamburg ab.

Als dann die Franzosen nach der Schlacht bei Leipzig Meklenburg geräumt hatten, wurden die Postverbindungen sofort bis Ratzeburg, das eben von den Dänen verlassen war, ausgedehnt. Am 8. Dezember lief die erste meklenburgische Post wieder in Lübeck ein. Hamburg wurde erst verältnismäßig spät von den Franzosen geräumt Pauly hatte sich vor dem Feinde rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Er erhielt am 4. Mai 1814 den Befehl, auf seinen Posten zurückzukehren und das herzogliche Postamt wieder herzustellen. Gleichzeitig sollten die alten meklenburgischen Postkurse wieder eingerichtet werden. Am 1. Juni ging die erste Post nach Meklenburg wieder ab. Vom 3. Juni ab trat der alte Postenlauf zwischen Hamburg und Meklenburg wieder vollständig ins Leben.

Auch die Postkurse in Meklenburg traten nach Beendigung des Krieges allmählich wieder in Gang.

Der Güstrow - Hamburger Kurs wurde nur theilweise wieder eingerichtet, indem der während der Kriegsjahre angelegte neue Kurs von Hamburg über Boizenburg nach Ludwigslust (der Residenz des Landesherrn) als Hauptkurs erhalten blieb, während die Strecke Boizenburg - Wittenburg - Schwerin - Güstrow als Seitenkurs betrachtet wurde.

Wenn so im äußeren Bestande des meklenburgischen Kurswesens größere Veränderungen gegen früher nicht in die Erscheinung traten, so hatte im Organismus der Landespost infolge der langen Kriegsnoth, während deren durch die Uebergriffe der französischen Beamten und Offiziere alle Ordnung verschwunden war, doch eine besorgnißerregende Mißwirthschaft Platz gegriffen. Bei kaunr einem Postamt wurde noch nach bestimmten Vorschriften gearbeitet, denn die Franzosen hatten sich um Vorschriften überhaupt nicht gekümmert, und die Beamten mußten froh sein, wenn sie im Verkehr mit den französischen Machthabern sich selbst vor Verantwortung und Verlusten schützen konnten. Man hatte den Dingen ruhig ihren Lauf gelassen, ohne sich die Mühe zu nehmen, den allgemeinen Niedergang aufzuhalten. Im Jahre 1815 herrschte deshalb ein trostloser Schlendrian in der meklenburgischen Postverwaltung. Außerdem hing dem Organismus der Landespost noch eine Menge alten, abgelebten Formenwesens an, das sich den neuen Zeitverhältnissen gegenüber als völlig unhaltbar erwies.

Die Regierung stand demnach vor einer langen Reihe ernster Aufgaben. Der Landesherr selbst, der durch den Wiener Frieden die Würde eines Großherzogs erlangt hatte, wies mehrfach darauf hin, daß unter den vorliegenden Verhältnissen eine bloße Wiederherstellung des früheren Zustandes zu nichts frommen könne, daß vielmehr nur durch tiefgreifende Reformen die Möglichkeit gegeben sei, die Schäden im Postwesen zu beseitigen und die Postanlagen im Interesse von Handel und Wandel im Lande leistungsfähiger zu gestalten.

Der Erbgroßherzog ging auf die Anregung seines Vaters mit großer Wärme und vielem Eifer ein. Um festzustellen, wo die Reformarbeit einzusetzen hätte, mußte der Ober-Postamtsirektor von Plessen in Güstrow eine Revision des Postwesens besonders des Betriebes bei den Postanstalten und des Kurswesens, vornehmen und über seine Wahrnehmungen Bericht erstatten. Sämmtliche Berichte von Plessens liegen vor. Aber sie geben ein außerordentlich trübes Bild von den Postverhältnissen in Meklenburg nach den Befreiungskriegen. An Stelle von Ordnung und Pünktlichkeit, den Haupterfordernissen eines geregelten Betriebes, hatte er überall nur Schlendrian und Unordnung angetroffen; selbst in Schwerin, der Hauptpostanstalt des Landes, fand er eine Mißwirthschaft ohne Gleichen vor: "Was die Beamten in Schwerin arbeiteten, urtheilte von Plessen, sei der reinste Gallimathias und das Ober-Postamt würde bei allen Behörden in und außer Landes lächerlich gemacht."

Das unbefriedigende Ergebniß der Untersuchung bewog den Erbgroßherzog, den Großherzog noch besonders auf die im Postwesen herrschenden Mißstände aufmerksam zu machen. In seinem eigenhändigen Bericht vom 5. Juli 1815 über das heimische Postwesen heißt es: "Viele und lange Jahre ist dieser für die herrschaftlichen Kassen und die Bequemlichkeit und Förderung des Verkehrs im In- und Auslande gleich wichtige Administrationszweig fast ganz vernachlässigt worden.

Euere königl. Hoheit bemerkten dieses und befahlen Einrichtungen zu treffen, welche diesem abhelfen sollten. Ohnstreitig ist seitdem manches geschehen. Die Postaufkünfte haben sich gehoben, es ist mehr Ordnung in das ganze Postwesen gekommen und manche Verfügung erlassen worden, welche eine bessere Communication mit dem In- und Auslande herbeigeführt haben. Doch bis jetzt haben die Zeitverhältnisse es nicht gestattet, eine Generalrevision des meklenburgischen Postwesens zu verfügen. Diese wird aber unumgänglich nothwendig, wenn man den Weg partieller Abänderungen verlassen und ein durchgreifendes Ganze ausstellen will, welches ich für sehr nothwenbig halte.

Der Augenblick dazu dürfte gekommen sein, wo keine auswärtigen Verhältnisse der Operation weiter entgegenstehen.

Ich schlage deshalb ehrfurchtsvoll vor, eine Kommission zu ernennen, welche das ganze hiesige Postwesen untersucht, die Mittel und Wege erwägt, die Administration so sehr wie möglich zu vereinfachen, Kraft und Einheit in das Ganze zu bringen, die möglichste Kürze und eingreifende Communication sowohl innerhalb Landes als mit dem Auslande zu bewerkstelligen und die Aufkünfte von den Posten so zu reguliren, daß selbige den herrschaftlichen Kassen vortheilhaft sind, aber auch zugleich den Landeseinwohnern nicht drückend, und daß damit gleicher Schritt mit den benachbarten Staaten gehalten werde.

Ich wünsche, daß E. K. H. gefällig werden mzöchte, diese Kommission so zu formiren,

• den Vorsitz der Generalpostmeister von Lehsten,
• der Ober-Postamtsdirector von Plessen-Hamburg,
• der Ober-Postamtsdirector Bartning-Schwerin,
• der Hofpostmeister Erhardt-Ludwigslust,
• Postmeister, Postrath Frank-Malchin.

Würde ich so glücklich sein, daß E. K. H. diesen Vorschlag genehmigen, so bitte ich ferner, höchstSie geruhten, der Kammer diese allerhöchste Entschließung zu eröffnen, derselben obenerwähnte Personen zur Formierung der Commission zu bezeichnen und zu befehlen, daß bieselbe auf Weihnachten d. J. ihre Arbeiten anfange und das Resultat zur höchsten Genehmigung oder Beschlußnahme bei dem allerhöchsten Cabinett einzureichen habe."

Sämmtliche Vorschläge des Erbgroßherzogs fanden die allerhöchste Billigung und die Kommission begann sofort ihr Reformwerk.

Als erster Punkt stand auf der Liste der Reformen die Regulirung der Taxvorschriften. Der Erbgroßherzog interessirte sich lebhaft für dieselbe. Er hatte schon wiederholt betont, daß hohe Taxen wohl eine sichere, aber keine steigende Rente verbürgen könnten, weil bei der Höhe der Postgebühren der Kreis der Interessenten immerhin begrenzt sei. Jetzt, nachdem sich die Beziehungen weiterer Kreise der Bevölkerung nach auswärts reger gestaltet hätten und für das Interesse des Einzelnen auch über die Landesgrenzen hinaus manche Anknüpfungspunkte gewonnen wären, möchte der Augenblick gekommen sein, durch Ermäßigung und gerechte Abstufung der Taxe den Postverkehr neu zu beleben.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens