Abschnitt 10

Postwesen 1785-1842-Landespost-1785-1837


In Schwerin drangen die Franzosen bei ihrem Einmarsche am 23. August in das Posthaus ein und nahmen alle Baarmittel und Briefe an Sich; der Verlust der Postkasse belief sich auf ?ber Tausend Thaler. Am Schlimmsten spielten die Franzosen dem aus irgend einer Ursache verdächtigen Postmeister Griestop in Gadebusch mit, indem sie ihn gefangen setzten, auf ihrem Kreuz- und Quermarsche durch Meklenburg und Lauenburg zu Fuße mitschleppten und ihn erst nach 14wöchiger Gefangenschaft in Hamburg in Freiheit setzten. Der Verdacht des Marschalls Davoust, daß die Postmeister heimlich Nachrichten über Erfolge der Alliirten veröffentlichten, und den Zwecken der Letzteren in jeder Weise dienten, war übrigens nicht unbegründet, denn die Postämter waren schon im März 1813 angewiesen worden, über alle merkwürdigen Zeitereignisse Bericht zu erstatten. Freund und Feind schwebten unaufhörlich in Unsicherheit und Ungewißheit über die Wechselfälle des Krieges, weil die Postverbindungen vielfach unterbrochen waren. Die Nachrichtenbeförderung erfolgte vorzugsweise durch Estaffetten und Kuriere, bei deren Abfertigung die Postmeister manche Neuigkeit in Erfahrung brachten. Besonders der Postrath Wildfang in Boizenburg konnte viele Nachrichten bringen, da Boizenburg fortwährend von den Truppen der Alliirten und Franzosen berührt wurde.


Wie langsam auch im Februar 1814 noch die damaligen Postverbindungen funktionirten, zeigt die Meldung Wildfangs vom 13. Februar 1814, "daß die alliirten Mächte unter Anführung des Kaisers von Rußland diesseits und des französischen Kaisers jenseits einen vollkommenen Sieg über die Franzosen erfochten, 72 Kanonen erobert und 12000 Mann gefangen gemacht haben. Die Schlacht ist bei Brienne in Frankreich am 1. und 2. dieses vorgefallen und der Herzog von Cambridge soll am 10. dieses solches in Hannover öffentlich anschlagen lassen haben."

Meklenburg war bereits seit dem Februar 1813 von französischen Truppen verlassen worden, Hamburg am 12. März d. J. Wenn die meklenburgische Postverwaltung ihre alten Gerechtsame zurückerlangen wollte, mußte sie daher jetzt die Gunst des Augenblicks ausnutzen. Der Generalpostmeister berichtete deshalb am 1. März an den Herzog: "Unter den jetzt für Teutschland aufblühenden Hoffnungen dürfte die Herstellung der freien Verbindung mit Hamburg und Lübeck zunächst in Erfüllung gehen. Diese Periode wird für Eure herzogl. Durchl. sehr wichtig, besonders infofern Höchstdieselben gleichen Schritt (mit anderen benachbarten Fürsten) in Zurüdnahme der uralten Postrechte in beiden Hansestädten halten; Preußen soll dem Vernehmen nach schon stille Vorkehr dazu treffen."

Am 16. März erhielt von Lehsten den Auftrag, die Postämter in Hamburg und Lübeck wiederherzustellen. In Hamburg sollte Pauly wieder die Geschäfte übernehmen und sich bei seinem Vorgehen ganz nach dem Verhalten der preußischen Beamten richten.

Während die meklenburgischc Regierung so auf der einen Seite bemüht war, alte Gerechtsame außerhalb Landes festzuhalten, glaubte sie andererseits nunmehr den richtigen Zeitpunkt gekommen, mit den fremden Posten innerhalb Landes je nach Lage der Dinge selbst mit Gewalt aufräumen zu können. In erster Linie galt ihre Absicht den preußischen Posten auf der Strecke zwischen Lenzen und Boizenburg. Die Posträthe Kentzler in Lübtheen und Wildfang in Boizenburg erhielten daher Weisung, die Aufkünfte des preußischen Kurses, falls dieser wieder eingerichtet werden sollte, besonders zu berechnen und einzubehalten, sowie sich selbst lediglich als herzoglich meklenburgische Postbeamte zu benehmen. Aber zur Beseitigung des preußischen Kurses kam es nicht. In Hamburg hatte nämlich die preußische Postverwaltung bereits alle Maßnahmen zur Wiedereinrichtung des Postdienstes vorbereitet. Der Kurs von Berlin nach Hamburg war schon in Betrieb, und die Postämter in Lübtheen und Boizenburg hatten die Abfertigung der preußischen Durchgangsposten wieder übernommen. Als von dieser Sachlage Kunde nach Schwerin kam, war die Regierung anscheinend um einen Ausweg verlegen, aber Herzog Friedrich Franz löste die Frage kurz und bündig, indem er in hochherziger Anerkennung der von Preußen für die Befreiung Deutschlands gebrachten Opfer erklärte, daß man dem befreundeten Preußen nicht wehren könne, was man, allerdings nothgedrungen, dem Großherzog von Berg und der französischen Regierung habe zugestehen müssen. Die Verordnungen nach Lübtheen und Boizenburg wurden daher zurückgenommen und an das Königlich Preußische General-Postamt erfolgte die Mittheilung, daß man im Vertrauen auf eine demnächstige freundnachbarliche Regulirung dieser Angelegenheit den Durchgang der preußisch - Hamburger Posten auf die ehemals verstattete Weise provisorisch zulassen wolle.

Inzwischen waren auch Maßnahmen zur Einrichtung des herzoglichen Postamts in Hamburg getroffen worden. Um dem Postmeister Pauly, der schon alt und mit anderen Geschäften überlastet war, zur Seite zu stehen, hatte der Postdirektor von Plessen in Güstrow Befehl erhalten, sich dem russischen Truppenführer, Oberst von Tettenborn, der auf Hamburg marschirte, anzuschließen. Am 18. März kamen die russischen Truppen in Hamburg an. Die alte Stadtverfassung trat nun wieder in Kraft. "In dem bisherigen französischen Posthause," berichtete Pauly am 20. März, "sind gestern sämmtliche Büreaux versiegelt worden, die hamburgischen Stadtposten, soweit sie diesseits der Elbe reichen, namentlich die Pommersche und Lübecker, sind gestern Abend in voller Thätigkeit gewesen. Der Graf von Grote - preußischer Gesandter in Hamburg - hat die preußischen Posten sofort reklamirt und der seit 2 Jahren bei der französischen Post engagirte, frühere preußische Oberpostsecretair Kennler hat gestern Abend schon eine reitende Post auf Berlin abgesandt; außer dem Stadtpostamte im Grimm ist noch keine andere Post in Thätigkeit. Diesen Morgen habe ich dem Baron von Tettenborn meine Reklamation der Herzoglichen Post persönlich vorgetragen und die erfreuliche Zusicherung erhalten, daß Jeder das Seinige zurückempfangen würde, daß ich mich nur an den Senat wenden möchte, da demselben das ganze Postwesen zugestellt sei. . . . Ich trage indessen Bedenken, um die Restitution der mecklenburgischen Posten beim Magistrat anzutragen, da dieser nrit der Wahl seiner Mitglieder beschäftigt ist, die Sache selbst auch gar keinem Bedenken unterliegt." Der Postdirektor von Plessen erhielt kurze Zeit darauf von Tettenborn die ausdrückliche Genehmigung zur Errichtung des herzoglichen Postamts in Hamburg und überdies eine Weisung an den russischen Kommandanten in Lübeck, daselbst das meklenburgische Postamt wieder zuzulassen.

Am 26. März 1813 ging die erste meklenburgische Post wieder von Hamburg auf Schwerin ab. Die Wiedereröffnung des herzoglichen Postamts in Hamburg war am Mittwoch den 24. März im Hamburger Korrespondenten durch folgende Anzeige zu öffentlicher Kenntniß gebracht:

"Auf Befehl des Russisch Kaiserlichen Kommandanten, Herrn Obersten, Baron von Tettenborn, wird das Herzgl. Mecklenburgische Postamt in hiesiger Stadt wieder etablirt und die erste mecklenburgische fahrende Post über Ratzeburg nach Gadebusch, Wismar, Schwerin, Rostock u. s. w. den 26. d. Mts. um 2 Uhr Nachm. und die andere über Lauenburg nach Boitzenburg, Lübtheen, Ludwigslust, Grabow und Parchim an gedachtem Tage Abends um 6 Uhr in dem bekannten mecklenburgischen Postamte am Jungfernstieg No. 20 abgefertigt werden.

Indem der Unterzeichnete dieses zur Kenntniß des Publikums bringt, verbindet er damit zugleich die Anzeige, daß Briefe, Gelder und Packete zur ersten Post Dienstags und Freitags, Vormittags bis 10 Uhr, zur zweiten aber bis 4 Uhr Nachmittags werden angenommen werden.

Hamburg, den 23. März 1813.

gez. H. M. Pauly."

Der hannoversche Postmeister Friese in Ratzeburg glaubte zunächst noch, dem Durchgange der Post durch Lauenburg Schwierigkeiten in den Weg legen zu müssen. Er wurde aber bald anderes Sinns, da ihm bedeutet wurde, daß die Angelegenheit durch Verhandlung mit der hannoverschen Regierung geregelt werden sollte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens