Abschnitt 6

Postwesen 1701-1785-Landespost-1756-1785


Die Taxe enthielt Taxvorschriften für die Beförderung von Personen, Briefen, Geldern, Handpacketen bis zu 16 Gewicht und Frachtsachen im Lande und im Verkehr mit Hamburg, ferner Ausführungsbestimmungen und Erläuterungen zur Taxe, endlich eine Taxe für einfache Briefe nach Orten außerhalb Meklenburgs.


Der Erlaß der Postordnung bildet in der Entwicklunggeschichte des heimischen Postwesens einen Denkstein von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Sie machte den zahlreichen Unzuträglichkeiten, welche sich bei dem Mangel ausreichender Vorschriften aus allen Gebieten des Postwesens seit Jahren eingeschlichen hatten, mit einem Schlage ein Ende und ließ an Stelle der Unsicherheit, welche sowohl Beamte als vor allen Dingen das Publikum bei Benutzung der Posteinrichtungen befangen gehalten hatte, ein Gefühl des Vertrauens und der Sicherheit entstehen, das dem weiteren Gedeihen des Postwesens nur förderlich sein konnte. Als Beweis dafür, daß die Postordnung wirklich brauchbar war, ihren Zweck durchaus erfüllte und den Gegenstand erschöpfend behandelte, mag der Hinweis dienen, daß sie ein ganzes Jahrhundert hindurch bis zum Uebergang des meklenburgischen Landespostwesens auf den norddeutschen Bund im Jahre 1868 in Geltung geblieben ist, ohne daß sie Abänderungen grundsätzlicher Bedeutung in größerer Zahl erfahren hätte.

Einen wesentlichen Zweig ihrer Thätigkeit erblickte die Postkommission auch in der Regelung der Verhältnisse des Postwesens zum Fuhrgewerbe. Auf diesem Gebiete waren allerdings bisher zahlreiche Verordnungen und Verfügungen getroffen worden, die endliche Regelung der Beziehungen zum Fuhrgewerbe glückte aber erst der Kommission, auf deren Anrathen Herzog Friedrich die Verhältnisse zwischen Post und Fuhrleuten gesetzlich ordnete. Hiervon wird weiter unten die Rede sein.

An dem Bestande der Posten, den Wechselstationen, dem Kurse u. s. w. nahm die Postkommission wesentliche Aenderungen nicht vor. Umfängliche Neueinrichtungen von Posten unterließ sie, weil die Zeitverhältnisse nicht gestatteten, zu ungewissen Operationen erhebliche Mittel aufzuwenden.

Die Hauptkurse bildeten wie bisher die Verbindungen zwischen

• Güstrow - Schwerin - Boizenburg - Hamburg,
• Rostock - Bützow - Schwerin - Ratzeburg - Hamburg,
• Schwerin - Lübeck,
• Wismar - Rostock,
• Güstrow - Rostock und
• Güstrow - Neubrandenburg.

In dem Bestande der Seitenkurse waren aber in der Zwischenzeit Verbesserungen rnancherlei Art vorgenommen worden; jeder größere Ort des Landes war an das Postnetz angeschlossen durch Fahr- oder Botenposten, die im Zusammenhang mit den großen Hauptposten kursirten. Allerdings ließ sich die Regierung noch nicht von dem Grundsatze leiten, Postanlagen im Interesse von Handel und Verkehr zum allgemeinen Besten anzulegen. Das widersprach der Anschauung der Zeit, welche das Postwesen als Finanzinstitut betrachtete, das in erster Linie Ueberschüsse an die herzogliche Kasse abliefern sollte und in weiterer Linie erst den Forderungen des Verkehrs billige Zugeständnisse machen konnte.

Ein Beispiel dafür bildete die Stadt Brüel, die im Jahre 1772 weder ein Postamt noch eine regelmäßige Postverbindung zum Anschluß an das allgemeine Postnetz des Landes besaß. Ein Antrag der Stadt, von Brüel nach dem 1 Meile entfernten Orte Sternberg (Station bes Kurses Güstrow - Schwerin - Hamburg) eine Postverbindung anzulegen, wurde auf Betreiben der Haupt- Postkommission abgelehnt, "maßen der kleine Ort die auf dergleichen Einrichtung erforderlichen Kosten besorglich nicht abwerfen dürfte." Der Postverkehr von Brüel wurde daher wie vorher so auch noch geraume Zeit später durch einen geschworenen Gerichtsboten unterhalten, der die gerichtliche Korrespondenz beförderte und nebenher auf seinen Gängen den Privat-Briefverkehr vermittelte. 2)

Im Jahre 1770 waren 39 Postämter in Meklenburg in Thatigkeit, die in Rechnungssachen den drei Hauptpostämtern Schwerin, Güstrow und Rostock unterstellt waren; außerdem bestand in Hamburg ein herzogliches Postamt. Herzogliche Postmeister fungirten überdies in Lauenburg, Ratzeburg, Lübeck und Demmin, die im Hauptamte Postbediente ihrer Staaten waren, gleichzeitig aber gegen Bezahlung die meklenburgischen Posten mitbesorgten.

Trotz angestrengtester Thätigkeit der Hauptpostkommission und obgleich das Land von neuer Kriegsnoth und wirthschaftlichen Krisen zwischen 1765 und 1785 verschont blieb - nur in den Jahren 1774/75 trat wieder eine verheerende Viehseuche im Lande auf - wurde das Ziel, das Herzog Friedrich der Postkommission vorgezeichnet hatte, zu seinen Lebzeiten nicht mehr erreicht. Erst in seinem Todesjahre (1785) stiegen die Postüberschüsse zum ersten Mal auf 16136 Rthlr.; in der Zeit von 1765 bis 1785 hatten sie durchschnittlich 14000 Rthlr. betragen, sodaß sie hinter dem von der Regierung geforderten Mindestbetrage um 2000 Rthlr. zurückblieben.

Im Jahre 1779 starb der Kammersekretär Livonius, und der inzwischen zum Postdirektor aufgerückte Hennemann trat in die erste Stelle der Hauptpostkommission ein. Die Ernennung eines neuen Mitgliedes für die zweite Stelle der Kommission unterblieb, weil das Kammer-Kollegium sich dafür aussprach, daß man von einem zweiten Mitgliede "nichts Ersprießliches verabsehen könne, da alles auf Hennemanns Kenntnisse und Erfahrung ankommen werde."

Die Hauptpostkommission überhaupt aufzuheben, hielt die Regierung aus praktischen Gründen noch nicht für rathsam. Sie übertrug dem Postdirektor Hennemann daher das Votum in Postsachen innerhalb der Kammer, wogegen sie dem Kammersekretär Wachenhusen, den die Kammer als besonders geeignet empfohlen hatte, die Revision und Expedition der minderwichtigen Postsachen anvertraute. Nachdem auch Hennemann im Jahre 1780 gestorben war, gelangte die Postkommission definitiv zur Aufhebung. Wachenhusen wurde zum Postdirektor und Vorsteher des Hauptpostkontors in Schwerin befördert. Er votirte innerhalb der Kammer bis zum Jahre 1789 in Postsachen, behielt aber den übrigen Kammersekretären gegenüber seinen bisherigen Rang als Kammersekretär bei, wie ausdrücklich in der ihm ertheilten Bestallung bestimmt war.

Herzog Friedrich starb im April 1785. Er hatte in seiner fast dreißigjährigen Regierung schwere Zeiten für Meklenburg und auch für dessen Postwesen gesehen, hatte aber auch, und zwar nicht zum mindesten durch eigene Tüchtigkeit, den Aufschwung seines Landes und das Wiederaufblühen von Handel und Verkehr und damit des Postwesens miterleben dürfen, einen Aufschwung, der für die Zeiten seines Nachfolgers große Erfolge in Aussicht zu stellen geeignet war.




2) Im Jahre 1782 erbot sich der Bürger Tonagel in Brüel, eine Post zwischen Brüel und Sternberg anzulegen. Sein Gesuch wurde von der Regierung unter der Bedingung genehmigt, daß
• ehe die Fahrt auf Gewinn und Verlust überlassen werde, er auch Ertrag und Kosten vorerst auf 3 Jahre übernehmen solle,
• die Kammer nur das Posthorn und einen Rock für den Postillon herzugeben verpflichtet sei,
• die Post dreimal wöchentlich kursiren müsse,
• als Taxe die allgemeine Taxe von 1770 gelten solle,
• Unternehmer ordentliche Postfarten zu halten habe, er auch
• den Eid als Postverwalter zu leisten und eine Kaution von 200 Rthlr. zu stellen habe.
Tonagel richtete schließlich unter den vorstehenden Bedingungen eine zweimal wöchentlich kursirende Fahrpost ein, und da er sich bewährte, so ernannte der Herzog im Jahre 1786 zum wirklichen herzoglichen Postmeister.Bis zu seinem Tode (1822) besorgte er die Postfagrt und die Postgeschäfte in Brüel auf seinen Gewinn und Verlust. Seine Wittwe bezog das übliche Sterbe- und die beiden Gnadenquartale, setzte aber die Postfahrt fort; der bezügliche Fuhrkontrakt war mit ihr auf Lebenszeit abgeschlossen und wurde im Jahre 1840 gegen Zahlung einer Rente von 100 Rthlr. abgelöst. In ihres verstorbenen Ehemanns Stelle wurde im Jahre 1822 ein großherzoglicher Postexpediteur eingesetzt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens