Abschnitt 5

Postwesen 1701-1785-Landespost-1756-1785


Die Hauptpostkommission trat sofort in Wirksamkeit. Als Ziel war ihr vom Herzoge gesteckt worden, in möglichst kurzer Zeit die Postüberschüsse auf 16000 Rthlr. zu treiben. Die Herabsetzung der Gehälter wurde jedenfalls nur gesprächsweise berührt, denn Hennemann war mit Rücksicht auf seine künftige Stellung als Postdirektor für die Sache nicht zu haben.


Die Aufhebung der Postfreiheiten erfolgte durch Verordnung vom 23. Juni 1764, derzufolge alle zur Post und mit der Post kommenden Sachen von Jedermann, er sei wer er wolle, baar bezahlt werden sollten. Die an die herzogliche Chatulle aus der Postkasse zu zahlende Abfindung wurde auf 200 Rthlr. jährlich festgestellt.

Livonius und Hennemann entfalteten, obgleich sie die Geschäfte als Mitglieder der Postkommission im Nebenamt gegen eine Vergütung von je 100 Rthlr. verwalteten, großen Eifer und Geschick zur gründlichen Verbesserung des Postwesens. Von ihnen gingen zahlreiche Vorschläge aus, die meist unverändert die Genehmigung des Herzogs fanden. Durch Revision der Postkarten, Ueberwachung der Aemter und Postkurse, Abschließung günstigerer Fuhrkontrakte hatten sie die Genugthuung, daß die Einkünfte aus den Posten sich von Jahr zu Jahr hoben.

Nachdem in den Jahren 1766 - 1768 dem Herzoge die Wiedereinlösung der bis dahin an Hannover verpfändeten Hypothekämter im westlichen Meklenburg gelungen war, standen die Meklenburg - Hamburgischen Postkurse wieder ganz im ungetheilten herzoglichen Besitz, sodaß die bis dahin in der Hypothek für Kurhannover gehobenen Postgefälle ganz zur Postkasse vereinnahmt werden konnten.

Auch die Verlängerung der Konvention mit Hannover wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg, die im Jahre 1744 geschlossen und 1752 auf vorläufig 16 Jahre erneuert worden war, wurde, um bei einer Ablehnung seitens Hannovers zu anderweitigen Vorkehrungen hinlänglich Zeit zu haben, schon 1766 angeregt und von Hannover (St. James, 21. August 1767) auf 24 weitere Jahre zugestanden, allerdings mit der Bedingung, daß den meklenburgischen Posten nicht mehr als 1 - 2 Beiwagen beigegeben werden dürften.

Als die Postkommission durch ihre rege Thätigkeit in das Postwesen größere Ordnung gebracht hatte, trat sie zur ständigen Erhaltung derselben an die Aufgabe, ausreichende gesetziche Bestimmungen zu erlassen, welche alle Theile des Dienstes umfassen und sowohl den Beamten als dem Publikum zur bindenden Richtschnur dienen sollten. Bis dahin hatten einzelne herzogliche Verordnungen aus dem 17. Jahrhundert, welche fast sämmtlich als Postordnungen bezeichnet waren, sowie aus späterer Zeit Erlasse und Reskripte über diesen und jenen Gegenstand, endlich auch eine ganze Reihe von Taxordnungen als nothdürftiges Hülfsmittel gedient. Die Verordnungen waren zwar nach ihrem Erscheinen allen Postkontors zugefertigt worden, aber trotzdem eine große zahl von ihnen mehrfach erneuert worden war, fielen sie doch bei den vorherrschenden schlechten Verhältnissen im Lande immer bald wieder der Vergessenheit anheim. Der in den letzten Jahren kräftig aufgeblühte Postverkehr bedurfte aber schon eingehenderer Bestimmungen, welche vor allen Dingen die vielfachen Beziehungen zwischen Post und Publikum einheitlich zu regeln vermochten. Das Bedürfniß nach einer solchen Postordnung hatte schon vor Jahren der Postdirektor von Schütz mehrmals nachgewiesen. Nach ihm war auch einer Aktennachricht zufolge Ober-Postdirektor von Smith trotz der kurzen Dauer seiner Amtsführung mit der Abfassung einer allgemeinen Postordnung beschäftigt gewesen. Später gab der Ober-Postdirektor Brunsich Edler von Brun sich Mühe, bei der Regierung den Erlaß einer solchen zu erreichen, aber auch seine Bemühungen blieben erfolglos. Die Postkommission, deren Mitglieder noch unter Brunsich dienstlich thätig gewesen waren, suchten den von ihm entworfenen, aber in den Kammerakten vergrabenen Entwurf der Postordnung wieder hervor und benutzten ihn als willkommenes Vorbild für ihre Arbeit.

Bereits im Jahre 1765 legten beide den Entwurf der neuen Postordnung der Kammer vor. Sowohl im Aufbau als auch in der ganzen Bearbeitung des Stoffes trägt er unverkennbare Anlehnung an Brunsichs frühere Vorschläge.

In der Kammer erfuhr der Entwurf eine gründliche Umarbeitung; das Kammerkollegium wollte vor allen Dingen eine logische Behandlung des Stoffes beobachtet wissen; sie empfahl deshalb den Verfassern den Stoff in der Weise anzuordnen, daß der erste Theil von der Einrichtung der Posten, Bestellung der Postoffizianten u. s. w. handeln solle; der zweite Theil hatte zu umfassen "das, was Recht sei" bei der Einlieferung, der dritte bei der Beförderung unterwegs, der vierte endlich bei der Ankunft am Bestimmungsorte der Postsendungen. Die Postkommission arbeitete nach diesen Fingerzeigen den Entwurf um, der demnächst an den Herzog zur Bestätigung eingereicht wurde.

"Er ist" - schrieb die Kammer - "die Frucht einer vieljährigen Praxis, denn schon im Jahre 1748, wo der Ober - Postdirektor von Smith bereits vergeblich sich gemüht hatte, eine ausreichende Postordnung zusammenzustellen, hat man bei der großen Ungewißheit in Anordnung und Entscheidung des Postwesens und so vielfältiger dabei aufstoßenden Vorkommenheiten immer die Absicht gehegt, nach dem Exempel benachbarter Staaten ein höchst unentbehrliches Werk hervorzubringen, wodurch sich alles, was sich in Postangelegenheiten bald auf diese bald auf eine veränderte Art begiebt, in der Natur, den Gebräuchen und der Verfassung des Landes bestmöglichst angemessener Art kurz und ohne prozessualische Umschweife so decidiren lasse, daß dabei soviel sichs thun läßt, das Publikum vieler unangenehmer Begebenheiten, Euer hochf. Durchl. manchen beträchtlichen Schadens und das dirigirende Kammer - Kollegium täglicher nicht geringer Belästigungen überhoben sein könnte." Ueber der Prüfung der Postordnung bei der Regierung vergingen aber noch einige Jahre, da über zahlreiche Punkte noch Aufklärungen und Begutachtungen von der Kammer, der Postkommission und den Vorstehern der Hauptkontors eingefordert wurden; vor allen Dingen waren dem Herzoge die Bestimmungen über die Postfreiheiten, den Gerichtsstand der Postoffizianten, endlich auch die Frage der Schadloshaltung des Publikums in Verlustfällen nicht erschöpfend genug behandelt; in letzterer Beziehung legte der Herzog das Hauptgewicht auf die schnelle, ungesäumte Erledigung des einzelnen Falles durch unmittelbare Entscheidung der Kammer, ohne die weitläufigen Geschäftsformalien, deren Anwendung bis dahin die Entscheidung in Garantiesachen oft jahrelang verzögert und dem Fiskus wie dem Kläger haufig schweren Verlust an Zeit und Geld zugefügt hatten.

Nachdem alle Bedenken der Regierung beseitigt waren, erfolgte endlich die Veröffentlichung der . Postordnung am 1. Januar 1770 als:

Des Durchl. Fürsten und Herrn
Herrn Friedrichs
Herzogen zu Mecklenburg u. s. w.
Post-Ordnung
und revidirte
Post-Taxe.

Die Postordnung besteht äußerlich aus drei Theilen, nämlich der eigentlichen Postordnung, einer Reihe älterer Verordnungen, die nur erneuert wurden, endlich einer Taxe. Die Postordnung enthielt auf 36 Seiten Text in 70 paragraphen alle Bestimmungen, welche der oben bezeichnete Aufbau nöthig machte. Den einzelnen Paragraphen waren ältere Verordnungen als Anlagen und zu näherer Erklärung beigefügt, wodurch dieselben wieder voll in Kraft traten; es waren:

• die Verordnung des Herzogs Friedrich vom 17. Juni 1762, daß jeder Passagier selbst nach seinen Sachen sehen sollte; 1)
• die Verordnung des Herzogs Friedrich Wilhelm vom 25. Juli 1710 wegen Abstellung der vom Fuhrgewerbe gegen das herzogliche Postregal geübten Kontraventionen;
• die Verordnung des Herzogs Christian Ludwig vom 3. April 1755 wegen Ausdehnung des Postzwangs;
• die Verordnung des Herzogs Friedrich vom 19. Febr. 1757 wegen des Mißbrauchs der Posthörner durch Privatpersonen;
• das Reglement des Herzogs Friedrich vom 10. October 1759, wie es mit Extraposten, Kourieren und Estaffetten künftighin gehalten werden solle;
• eine gleichfalls von Herzog Friedrich zu diesem Reglement erlassene Erläuterung vom 1. December 1760.




1) Diese Verordnung ist veranlaßt durch einen Postersatzfall, der im Archiv für Post und Telegraphie, Jahrgang 1897, dargestellt ist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens